Kurs Sol-System
Waffe, jetzt erst blieb er stehen, torkelte sogar rückwärts, stolperte über die Leichen der Eingeborenen und schlug auf den Stufen zum Kommandostand auf.
Ein letzter noch lebender Kalosare warf sich auf ihn – Plutejo zielte auf ihn und drückte ab …
*
»Das ist nicht wahr«, flüsterte Merican Bergen. »Das glaube ich nicht …« In den Hügeln und Berghängen stiegen Fontänen aus Geröll, Glut und Dreck auf; die bis zu dreihundert Meter hohen Bäume des Waldes waren riesige Fackeln; schwarze Rauchpilze wuchsen in den Himmel; Dampfschwaden mischten sich in die Flammen, wo die Laserkaskaden in Seen und Flußläufe eingeschlagen waren. Auf einer Breite von zwanzig Kilometern brannte der Wald um die Hügelkette herum in einem fast geschlossenen Feuerring.
»Was für ein Wahnsinn!« stöhnte Roderich Stein. »Ein Verbrechen«, flüsterte Sarah Calbury. »Warum tun sie das?« fragte Homer Goltz. »Was hat das für einen Sinn?«
Auf Anweisung Bergens zoomte das Bordhirn die Hochebene mit dem Omegaraumer näher heran. Dort schlugen besonders viele Glutbälle ein. Zwischen Bränden, Kratern und Geröllfontänen lagen Reittiere und Reiter, brannten vierrädrige Wagen und Zugtiere, wälzten sich brennende Leiber in den Flammen. Dazwischen aber sahen sie kleinere Gruppen von Reitern zum Landeplatz galoppieren. Vereinzelt rannten auch Fußtruppen zum Schiff. Großaufnahmen bewiesen die primitive Bewaffnung der Angreifer: Lanzen, Äxte und Schwerter. Zwischen den Landungsstützen sammelten sich die Gestalten. An Tauen, die aus unvollständig geschlossenen Hangarklappen am Unterboden des Landungsschiffes heraushingen, kletterten viele von ihnen an Bord.
»Ureinwohner!« rief Bergen. »Überall! Das Bordhirn hat ihre Bioimpulse herausgefiltert. Der Wald ist voll von ihnen. Es müssen Hunderttausende sein!«
»Was für ein Wahnsinn!« entfuhr es Goltz schon wieder. »Sie greifen den Omegaraumer mit Eisenwerkzeugen an!«
»Sie müssen Helfer an Bord haben«, murmelte Cludwich. »Wie soll man sonst die Seile und den offenen Hangar erklären?«
»Ich frage mich, warum der Kommandant nicht einfach starten läßt«, sagte Bergen. »Was für eine Degeneration von Mensch muß man sein, um Hunderttausende Barbaren und ihren Lebensraum in Flammen zu schießen!« Die Stimme des Rothaarigen bebte vor Zorn.
»Möglicherweise gibt es Gründe, die einen Start verhindert haben«, sagte Heinrich, und jedem leuchtete die Schlußfolgerung unmittelbar ein.
»Trotzdem – was für eine Verwüstung!« flüsterte Homer Goltz. »Welch ein Massenmord! Das hat ja apokalyptische Ausmaße! Selbst angenommen, das Schiff hätte wirklich nicht starten können – ein paar Kampfformationen hätten ausgereicht, um den harmlosen Angriff zurückzuschlagen. Jemand muß ja dem Gefechtsstand befohlen haben, das Feuer aus Kaskadengeschützen zu eröffnen. Nein, nein …« Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Da muß ein Wahnsinniger an Bord sein …«
»Yakubar Tellim an die JOHANN SEBASTIAN BACH 01 – hören Sie mich, Bergen …?«
Merican Bergen beugte sich über die Konsole. Die Funkquelle befand sich tatsächlich innerhalb des Landungsschiffes. »Ich habe Sie angepeilt, Tellim! Was ist da los an Bord des Omegaraumers?«
Plötzlich bewegte sich der schwarze Koloß auf der Hochebene. Angreifer, die eben noch am Seil zum Hangar hinaufkletterten, verloren den Halt und stürzten ab. Das gigantische Landungsschiff löste sich vom Boden und stieg aus Flammen und Qualm in den Aqualunghimmel.
*
Primoberst Joseph Nigeryan wankte zu seinem Kommandostand. War der Alptraum endlich vorbei? Er blickte sich um: Sein Zweiter Navigator und sein Chefwissenschaftler hingen reglos in ihren Arbeitssesseln.
Kleine Pfeile steckten in ihren Hälsen. Dragurowka Sem, seine Zweite Offizierin, hockte einem massigen Kalosaren in grünem Umhang auf der Brust und bearbeitete ihn mit ihren Fäusten. Warum nur mußte sie derart hysterisch schreien? Die anderen Offiziere entdeckte er nirgends. Irgendwo jammerte jemand in einer unverständlichen Sprache.
Durch das linke Hauptschott rannte ein kaum zwanzigjähriger Bursche in die Zentrale. Er war groß, breit und trug ein Überlebenssystem der Flotte. Nie zuvor hatte Primoberst Joseph Nigeryan dieses grobe, kantige Gesicht gesehen. Eine junge Frau folgte ihm, auch sie im Schutzanzug, auch sie unbekannt. Sie war klein und sehnig, hatte lange, schwarze Locken, ziemlich verfilzt, und eine Hautfarbe, die
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