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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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sie auf einen Heiratsschwindler reinfällt, habe ich gleich gespürt.«
    Aber Erik reagierte nicht. Er stand da, starrte den Zettel an, dann machte er sich auf die Suche nach einem Stück Papier. Schließlich fand er ein altes Schnittmuster von Lucia, riss den Rand ab und holte den Kuli aus der Brusttasche seines Hemdes, der immer dort steckte. Hastig schrieb er die Telefonnummer ab, die Wiebke Reimers auf dem Zettel notiert hatte. Den Vornamen, der darunter stand, vermerkte er jedoch nicht.
    Er reichte seiner Schwiegermutter den Zettel und bat sie, ihn in die Tasche zurückzustecken. Während sie noch eifrig an dem Fleck herumrieb, verließ er die Waschküche und stieg die Treppe ins Erdgeschoss hoch. Durch die geschlossene Küchentür hörte er Sören mit Corinna und Wiebke übers Wetter reden. Wiebke sagte, dass der Wetterbericht im Fernsehen Sturm angekündigt habe, aber Sören widersprach und erklärte, dass der deutsche Wetterbericht nur selten auf Sylt zuträfe und dass es klüger sei, sich auf den dänischen zu verlassen.
    »Die Tasche ist gleich wieder wie neu! Einen Augenblick noch!«, rief Erik in Richtung Küchentür.
    Dann griff er nach dem schnurlosen Telefon, lief die Treppe wieder hinab und zog sich in den Heizungskeller zurück. Mit bebenden Fingern wählte er die Nummer und musste lange warten, bis der Hörer abgenommen wurde. »Schwester Rosi am Apparat!«
    Erik schluckte, dann sagte er: »Kann ich bitte Klaus Matteuer sprechen?«
    Am anderen Ende entstand ein kurzes Schweigen. »Herr Matteuer ist nicht in der Lage zu telefonieren. Sie sind wohl kein besonders guter Bekannter von ihm?«, gab Schwester Rosi verärgert zurück.
    Erik murmelte ein paar entschuldigende Worte, behauptete, es handle sich um ein Missverständnis, dann legte er auf. Was hatte Wiebke mit Klaus Matteuer zu tun? Warum trug sie eine Anstecknadel mit seinem Foto bei sich und noch dazu das Gegenstück mit Matildas Konterfei? Erik konnte sich keinen Reim darauf machen. Dass er Wiebke geküsst hatte, wurde mehr und mehr zu einem Intermezzo, das er am liebsten vergessen würde.
    Er ging in den Wäschekeller zurück und ignorierte Mamma Carlottas vorwurfsvollen Blick, die natürlich begriffen hatte, dass er in den Heizungskeller gegangen war, um sie nicht mithören zu lassen. »Der Fleck ist weg?«, fragte er.
    Mamma Carlotta rieb die Stelle, die sie behandelt hatte, trocken und schien zufrieden mit dem Ergebnis zu sein. Statt zu antworten, fragte sie zurück: »Was ist mit Wiebke Reimers? Was stimmt nicht mit ihr?«
    Aber Erik antwortete nicht. Er nahm wortlos die Tasche und stieg die Treppe hoch.

S ören sah ihn ungläubig an. »Sie haben auf dem Bahnsteig in Wiebke Reimers Sachen gewühlt? Und gestern haben Sie sich die Tasche geschnappt, um ungestört darin herumschnüffeln zu können?« Er erkannte schnell, dass er keine Antwort bekommen würde. »Was soll der Mist? Was immer Sie da herausgefunden haben, wir könnten es nicht verwerten. Vor Gericht hat so was keine Gültigkeit, und die Staatsanwältin wird Sie vierteilen, wenn sie das hört, das wissen Sie doch!«
    »Aber wir haben den Beweis, dass mit ihr etwas nicht stimmt!«
    »Na, toll!« Sören lehnte sich zurück und kreuzte die Arme vor der Brust. »Da sind wir ja ein schönes Stück weitergekommen.«
    Am liebsten hätte Erik nun sein Geständnis vervollständigt und Sören auch noch verraten, dass er Wiebke geküsst hatte, dass sie sogar von Liebe gesprochen und er ihr geglaubt hatte. Aber er brachte es nicht fertig, obwohl er das Gefühl nicht loswurde, dass Sören es wissen müsste.
    Die ersten Motoren wurden gestartet, die Rücklichter der vor ihnen wartenden Autos flammten auf, die Ordner entfernten die Ketten, die bis dahin die Fahrspuren versperrt hatten. Schweigend beobachteten Erik und Sören, wie die ersten Autos den Waggon befuhren, und lauschten auf das vertraute Klappern der Planken.
    »Ich weiß, dass das nicht in Ordnung war«, sagte Erik in die erwartungsvolle Stille hinein, die sich immer zwischen ihnen auftat, wenn sie die Insel verlassen mussten. »Dass die Staatsanwältin nichts davon hören darf, ist mir auch klar.« Er legte den ersten Gang ein und fuhr an. »Aber haben wir uns nicht schon oft darüber gewundert, dass sie überall auftaucht, wo man sie nicht vermutet?«
    »Und was schließen Sie daraus?«
    Erik tat, als konzentriere er sich voll und ganz darauf, nicht von der schmalen Spur abzuweichen, die auf den Autozug führte, und antwortete

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