Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
italienisches Bistro passt ganz hervorragend in unser Konzept. Nichts zu danken! Habe ich gern gemacht!«
Damit betrat Corinna Matteuer das Squashcenter. Mamma Carlotta konnte noch sehen, wie sie schnell den Blick senkte, als ihr jemand im Eingangsbereich entgegenkam, dann war sie verschwunden. Mamma Carlotta starrte noch einen Moment auf die Tür des Squashcenters, dann stieg sie aufs Rad und fuhr los. Madonna! Würde es ihr bald so gehen wie Freda Arnsen? Von allen schief angesehen und von den Enkeln mit Vorwürfen überhäuft?
Die Schreckensvision quälte sie, während sie verbissen gegen den Wind anradelte, der mit hinterlistigen Böen versuchte, sie vom Weg zu drängen. Tief beugte sie sich über den Lenker, um ihm so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten.
Auf Höhe der Gosch-Baustelle rief ihr jemand einen fröhlichen Gruß zu. Der Polier, der ihr zu vielen Unterschriften verholfen hatte, winkte ihr zu. Ein guter Anlass, eine kurze Verschnaufpause einzulegen, sich ein weiteres Mal für die Hilfe zu bedanken und anzumerken, dass sie in der Terrakottawerkstatt seines Schwiegersohns eine Figur des Schutzheiligen ihres Dorfes anfertigen lassen wolle, um sie dem Bürgermeister von Panidomino zum Geburtstag zu schenken.
Als Mamma Carlotta sich zwanzig Minuten später wieder auf den Weg machte, war es ihr gelungen, die bedrückenden Gedanken an Niccolò zur Seite zu schieben. Doch an ihre Stelle waren die Sorge um Tove Griess und den Schuhabdruck vor der Sauna des Squashcenters gerückt. Sie ließ sich die Dünenstraße hinabrollen, konnte aber diesmal das Tempo nicht wie sonst genießen, weil sie sich darauf konzentrieren musste, das Fahrrad auf der Straße zu halten. Sie musste sogar darauf verzichten, die Hand auszustrecken, als sie nach links in den Hochkamp einbog, weil sie Sorge hatte, dass der Wind sie aus dem Sattel heben könnte, wenn sie sich nicht mit beiden Händen am Lenker festhielt. Das wütende Hupen hinter ihr bestrafte sie zwar für ihr verkehrswidriges Verhalten, aber sie schaffte es nicht einmal, sich umzudrehen und dem unverfrorenen Autofahrer, der einer vom Sturm gebeutelten Fahrradfahrerin das Vorankommen durch einschüchterndes Hupen zusätzlich erschwerte, ihre Empörung zu zeigen.
Vor der Tür von Käptens Kajüte zögerte sie. Tove würde ihr den Zugang zu seinen Turnschuhen vermutlich verweigern, wenn er hörte, in welchen Verdacht er geraten war. Dass sie nur sein Bestes im Sinn hatte, würde er garantiert nicht verstehen.
Also nahm sie die Hand wieder von der Klinke, huschte gebückt unter den Fenstern von Käptens Kajüte vorbei und, als sie sicher war, nicht beobachtet zu werden, ums Haus herum. Erfreut stellte sie fest, dass sie ihren Fuß wieder schmerzfrei bewegen konnte, als wäre sie nie aus einem Badezimmerfenster geflüchtet.
Kopfschüttelnd betrachtete sie das Chaos aus Bierfässern, Sprudelkisten, leeren Mayonnaiseeimern und Pappkartons, das sie hinter Käptens Kajüte fand. Ein paar Plastikstühle wurden vom Wind hin und her geschoben, leere Blumentöpfe trudelten zwischen den Mülltonnen herum, zu deren Füßen alles lag, was Tove beim Entsorgen des Abfalls danebengegangen war. Als es dahinter raschelte, zuckte Mamma Carlotta zusammen. Doch sie zögerte nur kurz und ging bis zu der Tür, die in Toves Küche führte. Daneben standen tatsächlich noch die Turnschuhe, die er am Vortag zum Lüften rausgestellt hatte. Mamma Carlotta stieß mit der Fußspitze dagegen und betrachtete erschüttert die Wellenlinien und die winzigen Quadrate an der Fußspitze und am Absatz. Unter dem Fußballen war die Sohle beinahe abgelaufen und das Wellenlinienmuster kaum noch zu erkennen.
E rik nickte zufrieden, nachdem Rudi Engdahl und Enno Mierendorf ihm Bericht erstattet hatten. Dann wandte er sich an Kommissar Vetterich. »Die Spurenlage?«
Vetterich führte ihn als Antwort auf seine Frage in den Garten und wies auf den Schuhabdruck, der noch immer deutlich zu erkennen war.
»Wenn der vom Täter stammt, suchen wir einen Stümper.« Erik starrte das Sohlenrelief an. »Mindestens Schuhgröße 47. Was meinen Sie, Sören?«
»Kann hinkommen.«
»Und dieser Zahnstocher!« Vetterich hielt Erik eine Plastiktüte hin, die dem Chef der KTU vom Sturm beinahe aus der Hand gerissen wurde. »Mal sehen, welche Spuren wir daran finden.«
Rudi Engdahl mischte sich ein. »Der Zahnstocher stammt nicht aus dem Haus. Habe ich schon überprüft. In der Sportlerklause haben sie kürzere.«
Erik
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