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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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er seine Körperkraft demonstrieren. Er schien alles auf einen Angriff vorzubereiten, und Mamma Carlotta fiel es nicht leicht weiterzusprechen. »Allora … Sie wissen wohl noch nicht, dass es letzte Nacht wieder einen Mord gegeben hat?«
    Tove legte seine dicht behaarten Arme auf die Theke und starrte Mamma Carlotta aus wütend zusammengekniffenen Augen an. »Soll das heißen, dass mir jemand einen Mord in die Schuhe schieben will?«
    Fietje, der sonst nur sprach, wenn er etwas gefragt wurde, mischte sich diesmal ein: »Wer ist ermordet worden?«
    »Sila Simoni!«
    Tove stieß ein hässliches Lachen aus. »Die Pornotussi, die nicht Auto fahren kann? Die hat’s verdient!« Er lachte noch einmal, dann erst ging ihm auf, was dieser Mord für ihn bedeuten konnte. »Was glotzen Sie mich so an, Signora? Nur weil ich mit ihr aneinandergeraten bin, bringe ich sie doch nicht gleich um!«
    »Ganz sicher nicht?«, fragte Mamma Carlotta und wusste, dass sie damit die Möglichkeit aufs Spiel setzte, wann immer sie wollte, in Käptens Kajüte einen Rotwein aus Montepulciano zu trinken.
    Doch so blitzartig, wie der Jähzorn in Toves Augen geschossen war, so unerwartet erlosch er wieder. Aus der grellen Wut, die ihn schon manches Mal in ernste Schwierigkeiten gebracht hatte, wurde im Nu reine Hilflosigkeit. »Glaubt Ihr Schwiegersohn etwa, ich wär’s gewesen?«
    »Das weiß ich nicht. Aber er kommt vielleicht auf die Idee, dass der Schuhabdruck von Ihnen sein könnte.«
    »Der kennt meine Treter nicht. Und selbst wenn … davon gibt’s mehrere.«
    »Aber Sie haben ihr gedroht. Ich war dabei, als Sie ihr gesagt haben, Sie wollten sie umbringen. Abstechen! Ihr den Hals umdrehen!«
    Tove sah aus, als wollte er alles abstreiten, aber dann schien er zu ahnen, dass Mamma Carlotta recht haben könnte. »Wie man das so sagt! Das nimmt keiner ernst.«
    »Vielleicht doch?«
    »Soll ich Ihnen etwa schwören, dass ich die Alte nicht abgemurkst habe?«, schrie Tove nun. »Sonst glauben Sie mir nicht?«
    Mamma Carlotta sah, dass sein Kinn zitterte und seine Nasenflügel bebten. »Una buona idea«, sagte sie so ruhig wie möglich. »Schwören Sie mir, dass Sie es nicht waren. Beim Gedenken an Ihre Mutter.« Sie stutzte. »Oder lebt sie etwa noch? Dann beim Leben Ihrer Mutter!«
    »Die lebt nicht mehr«, sagte Fietje. »Als ihr Bübchen zum zweiten Mal in den Knast kam, hat sie sich vor Kummer zu Tode gesoffen.«
    »Was geht dich meine Mutter an?«, fuhr Tove seinen einzigen Stammgast an.
    Erschrocken griff Fietje nach seinem Bierglas und nahm einen großen Schluck.
    »Allora, dann beim Gedenken an Ihre Mutter.«
    Tove sah Mamma Carlotta an, als wüsste er nicht, ob sie es wirklich ernst meinte. Er versuchte es mit einem Grinsen, aber als ihre Miene ernst blieb, knurrte er: »Meinetwegen!«
    »Also los, schwören Sie! Aber fragen Sie vorher noch einmal Ihr Gewissen! Es geht um das Gedenken an Ihre Mutter.«
    Tove sah zu Fietje, der in sein Bierglas starrte und so tat, als bekäme er nichts mit, dann hob er zwei Finger. »Ich habe Sila Simoni nicht abgemurkst. Das schwöre ich beim Gedenken an meine Mutter.«
    Mamma Carlotta war zufrieden. Dass jemand im Gedenken an la mamma einen Meineid schwören könnte, war für sie ausgeschlossen. »Dann werden wir Ihnen helfen, falls Sie in Verdacht geraten.«
    »Wir?« Tove glotzte sie schon wieder an, als verstünde er kein Wort.
    »Signor Tiensch und ich.«
    »He?« Fietjes Kopf fuhr hoch. »Wobei soll ich helfen?«
    »Sie würden doch Ihrem Freund helfen, wenn er zu Unrecht verdächtigt wird?«, fragte Mamma Carlotta streng.
    Fietje blickte sich um; dann sah er ein, dass mit dem Freund nur Tove gemeint sein konnte. »Meinetwegen«, nuschelte er. »Aber erst, wenn ich noch ein Jever bekomme.«
    Tove griff zum Zapfhahn, stockte dann aber und machte einen langen Hals, um besser auf die Straße sehen zu können. In diesem Augenblick hörte auch Mamma Carlotta, dass vor dem Haus ein Motor abgestellt wurde und Autotüren schlugen.
    »Das ging ja schnell«, stöhnte Tove.
    Mamma Carlotta starrte ihn an, dann begriff sie und fuhr auf ihrem Barhocker so schnell herum, dass er ins Kippeln geriet. »Mein Schwiegersohn?«
    Tove winkte sie als Antwort mit einer Armbewegung in die Küche. »Sie wollen doch sicher nicht, dass er Sie hier sieht?«
    Nein, das wollte Mamma Carlotta auf keinen Fall. Das einzige Geheimnis, das sie vor Erik hatte, musste unbedingt eines bleiben. Sie würde ihm niemals begreiflich machen

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