Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Angestellten, vielleicht sogar mit denen, die Sila Simoni gefunden haben …«
Mamma Carlotta wuchs ein paar Zentimeter in die Höhe. » Ich habe Sila Simoni gefunden. Oder vielmehr … Jacqueline hat sie gefunden, aber ich habe sie zusammen mit Willi Steensen aus der Sauna geholt.«
Interessiert wandte Wiebke Reimers sich zu ihr um. »Können Sie mir das genauer erzählen?«
Mamma Carlotta wollte gerade begeistert loslegen, da machte sich plötzlich Unsicherheit in ihr breit. »Ich weiß nicht, ob Enrico das recht ist. Er leitet die Ermittlungen, und seine Schwiegermutter erzählt in der Mattino davon, wie Sila Simonis Leiche gefunden wurde? No, no, impossibile!« Sie stand entschlossen auf, ging hinter die Theke und betrachtete den Kaffeeautomaten. »Soll ich uns einen Espresso machen? Un caffè latte? Oder einen Cappuccino? Der Laden muss weiterlaufen.«
Wiebke nickte und sah zu, wie Mamma Carlotta, die noch nie einem solchen Kaffeeautomaten Auge in Auge gegenübergestanden hatte, alles genauso machte, wie sie es häufig bei Tove gesehen hatte. Dass sie trotz der notwendigen Konzentration auf diese Arbeit reden konnte, verstand sich von selbst.
»Sagten Sie nicht, die Mattino erscheint am Montag? Dann kann dort über Sila Simonis Tod erst in gut einer Woche berichtet werden. Bis dahin ist der Mord vielleicht schon aufgeklärt. Jedenfalls haben bis dahin alle Tageszeitungen bereits hundertmal davon berichtet.« Mit vollster Zufriedenheit schob sie Wiebke einen Cappuccino hin, den auch Tove nicht besser hinbekommen hätte. »Oder könnte es noch klappen, etwas für die nächste Ausgabe zu schreiben, die übermorgen erscheint?«
»Zu spät«, antwortete Wiebke, während Mamma Carlotta sich auf die Suche nach einem feuchten Tuch machte, mit dem sie die Theke abwischen konnte. »Ein Mord am Samstag ist wirklich das Allerletzte! Ausgerechnet am Samstag!«
»Der Mordfall würde aber gut zu dem Artikel über Corinna Matteuer und die Bürgerinitiative passen«, fuhr Mamma Carlotta fort, während sie die Theke einer Reinigung unterzog, die ihr bei Tove noch nie widerfahren war. »Ich bin schon sehr gespannt auf die Fotos. Meine Schwägerin Claudia, die in Rom wohnt, wird extra zum Flughafen fahren. Dort gibt es deutsche Zeitschriften. Sie hat mir gestern Abend am Telefon versprochen, dass sie alle kaufen wird, die sie bekommen kann.«
Wiebke starrte in ihre Kaffeetasse. »Dann sagen Sie ihr Bescheid, dass sie sich den Weg sparen kann. Der Artikel ist verschoben worden. Irgendeine Promischeidung war dem Chefredakteur wichtiger.«
Mamma Carlotta, die sich soeben entschlossen hatte, dem Fettfilm auf dem Kaffeeautomaten den Kampf anzusagen, drehte sich enttäuscht um. »Kein Artikel in der Mattino? Aber die Mitglieder der Bürgerinitiative freuen sich schon darauf.«
Wiebke zuckte mit den Schultern und verzog bedauernd das Gesicht. »Tut mir leid, da bin ich machtlos.« Sie blickte mit einem langen Hals zur Fritteuse. »Wenn Sie jetzt hier den Laden schmeißen … können Sie mir vielleicht was zu essen machen? Ich habe einen Bärenhunger.«
Mamma Carlotta starrte den Grill an, wischte mit dem Lappen mehrmals über den grünen Knopf, neben dem
ON/OFF stand, zögerte aber, ihn zu drücken und die Verantwortung für das zu übernehmen, was dann passieren konnte. Die Fritteuse, die anscheinend mit demselben Knopf an- und abzustellen war, hatte ihr immer schon Angst gemacht. Wenn Tove mit dem heißen Fett hantierte, das jedes Mal bedrohlich zischend aufschäumte, wenn er den Korb mit den Pommes frites einhängte, war sie jedes Mal so weit wie möglich zurückgewichen.
Wiebke grinste. »Mir scheint, Sie müssen noch ein bisschen üben, bis das Abendgeschäft losgeht. Besser wär’s vielleicht, Sie würden italienische Vorspeisen anbieten, da kennen Sie sich besser aus.«
»È vero«, seufzte Mamma Carlotta.
»Wie wär’s mit einem Stück Kuchen?«, fragte Wiebke. »Oder ein paar Kekse. Damit wäre mir auch schon geholfen.«
Mamma Carlotta betrachtete das leere Kuchenbüfett, auf dem ein paar Krümel und Fettflecken erahnen ließen, dass Käptens Kajüte im Prinzip auch Kuchen im Angebot hatte. »Ich sehe mal nach.«
Sie ging in die Küche, öffnete den Kühlschrank, schloss ihn aber schnell wieder und hoffte, sie würde den Anblick des unappetitlichen Frittierfettklumpens und des Glases, in dem ein paar saure Gurken in einer trüben Lake schwammen, so schnell wie möglich vergessen.
Dann fiel ihr ein, dass Tove
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