Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
Zutaten, die einer zuverlässigen Kühlung bedurften, nicht besonders schätzte, und ging in den Vorratsraum. Der Kuchen, den Tove anzubieten pflegte, gehörte möglicherweise zu dem, der mit Konservierungsstoffen haltbar gemacht wurde und keiner besonderen Aufmerksamkeit bedurfte. Sie hatte einmal ein Stück Streuselkuchen probiert und wusste, dass er so staubtrocken war, dass ihm ein wochenlanger Aufenthalt in Toves Vorratsraum nichts mehr anhaben konnte.
Wiebke folgte ihr in den fensterlosen Raum. Mamma Carlotta war froh, dass sie ihr helfen wollte, Toves Vorräte zu durchforsten. Aber aus ihrer Freude wurde eine undefinierbare Beklemmung, als die Tür der Vorratskammer hinter ihnen ins Schloss fiel und Wiebke ein Regal inspizierte, in dem unmöglich der Kuchen aufbewahrt werden konnte. Es war das Regal direkt neben der Tür, in das sie sich beugte und auf diese Weise den Ausgang blockierte. Mamma Carlotta wurde schlagartig klar, dass es unmöglich war, an ihr vorbei aus dem Raum zu kommen, wenn Wiebke Reimers es verhindern wollte …
» T ove Griess lassen wir erst mal schmoren«, sagte Erik. »Wenn der in seiner Zelle noch eine Weile tobt, ist er später müde und handzahm.«
»Und bis dahin?«, fragte Sören, dem anzusehen war, dass er das Verhör gern hinter sich gebracht hätte.
»… rufen wir die Staatsanwältin an«, antwortete Erik. »Sie muss wissen, dass wir einen Verdächtigen haben.«
Frau Dr. Speck war hocherfreut, als sie hörte, dass der Wirt von Käptens Kajüte ein Mensch war, dem eine solche Tat zuzutrauen war, dass er außerdem ein Motiv hatte und es Beweise dafür gab, dass er sich am Tatort aufgehalten hatte. »Gut, Wolf! Kann der Kerl auch Dennis Happe umgebracht haben?«
Als Erik verneinte, gab er sich sicherer, als er sich fühlte: »Mir scheint, wir haben es hier mit unterschiedlichen Tätern zu tun. Die vier Todesfälle gehören nicht alle zusammen. Matilda Pütz hat Ludo Thöneßen aus enttäuschter Liebe in dem vollautomatischen Parksystem verrecken lassen. Und dass sie sich selbst getötet hat, steht außer Frage. Beide Todesfälle haben mit Tove Griess nichts zu tun. Und der Tod von Dennis Happe ebenfalls nicht. Ich sehe kein Motiv.«
»Und was ist mit seinem Alibi?«
Erik zögerte, ehe er zugab: »Ja, er war in der Nähe des Baubüros. Er war als Gegendemonstrant aufgetreten, und als ihm Prügel angedroht wurden, hat er sich hinters Baubüro geflüchtet.«
»Hatte er Zeit genug, Dennis Happe zu erstechen?«
Wieder zögerte Erik. »Das vielleicht schon, aber … einen Zusammenhang zwischen den beiden Morden sehe ich trotzdem nicht. Außerdem war er nicht allein.«
»Wer war bei ihm?«
»Ein Strandwärter, der seine gesamte Freizeit in Käptens Kajüte verbringt. Er trinkt viel und ist ein inselbekannter Spanner, aber ansonsten harmlos.«
»Alkoholiker und Sextäter? Ich bitte Sie, Wolf! So einem ist doch alles zuzutrauen! Der hält die Klappe, wenn Tove Griess ihm eine Woche Freibier verspricht.«
»Fietje Tiensch hat bestenfalls Schmiere gestanden. Und Tove Griess … der hat sich hinters Baubüro geflüchtet, weil die Demonstranten ihn beschimpft und ihm gedroht haben. Und dann soll ihm dort plötzlich eingefallen sein, dass er Dennis Happe umbringen könnte?«
»Warum nicht?«, fragte Frau Dr. Speck zurück. »Ihm ist eingefallen, dass er mit Dennis Happe noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Um welches Hühnchen es sich handelt, das müssen Sie herausfinden, Wolf! Er hat gemerkt, dass die Gelegenheit günstig war, hat durchs Fenster einen Brieföffner auf dem Schreibtisch liegen sehen, hat die Scheibe eingeschlagen … Sagten Sie nicht, Sie haben Fingerabdrücke von ihm gefunden?«
Auf diese Frage antwortete Erik nicht mehr. »Okay, ich nehme ihn ins Verhör. Er wollte das Bistro im neuen Gesundheitshaus übernehmen. Kann sein, dass Dennis Happe ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.«
»Na, also! Schon haben Sie ein Motiv! Sie sollten öfter mit mir reden, Wolf! Fangen Sie sofort mit dem Verhör an, es kann kein Zufall sein, dass der Kerl in der Nähe des Baubüros war, als Happe starb! Auf diesen Gedanke hätten Sie auch selber kommen können!«
Die Staatsanwältin beendete das Gespräch ohne freundliche Abschiedsworte. Zeit war Geld, wie sie gern betonte. Nie wurde sie müde, darauf hinzuweisen, dass vor allem ihre Zeit kostbar war und dass in Westerland sowieso viel zu langsam gearbeitet wurde. Gerne empfahl sie Erik und seinen Mitarbeitern bei dieser
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