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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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Schals fester. Der Applaus, der das Orchester belohnte, flog davon, die Bravorufe und die Bitte um Zugabe schienen im Fauchen des Windes unterzugehen. Doch der Dirigent verstand sein Publikum trotzdem. Er hob noch einmal den Taktstock …
    In diesem Augenblick geschah es. Ein gellender Schrei übertönte die Erwartung des Publikums. Schrille Rufe folgten, dann eine aufgeregte Männerstimme.
    Der Dirigent ließ den Taktstock sinken, das Publikum wandte sich irritiert um. Getuschel war zu hören, Fragen, besorgte Stimmen.
    »Da ist was passiert«, murmelte Erik und erhob sich. »Ich schau mal nach. Bleib du hier und genieß die Zugabe.«
    Mamma Carlotta sah ihrem Schwiegersohn kopfschüttelnd nach. Sie sollte etwas genießen, wenn in ihrer Nähe etwas Schreckliches geschah? Unmöglich! Zwar bedankte sich das Kurorchester nun für die Zustimmung mit einem Potpourri von Seemannsliedern, aber Carlotta Capella hielt es nicht auf ihrem Sitz. Mit flinken Schritten folgte sie ihrem Schwiegersohn, der sich einen Weg durch flanierende Kurgäste bahnte, die den Schrei bereits vergessen hatten. Es war schwer, ihn im Auge zu behalten, während er die Treppe hinauflief.
    In den Außenanlagen des Bistros Luzifer, wo schon kein Tisch mehr stand und alles für das Saisonende vorbereitet war, schob er sich durch die Umstehenden, die vor den Fenstern des Restaurants standen und auf das flache Dach hinaufstarrten. Mamma Carlotta sah, dass sie Erik bereitwillig Platz machten. Sie alle waren froh, dass jemand erschien, der einen kompetenten Eindruck machte. Die Gaffer, die keinen Anstand kannten, zerrte oder stieß er mit einer heftigen Geste zur Seite, dann sah Mamma Carlotta, dass jemand über die Brüstung des Balkons im unteren Geschoss des riesigen Apartmenthauses auf das Dach des Bistros sprang. Er beugte sich über etwas, was dort lag. Ein Mensch?
    »Ich brauche eine Leiter!«, hörte sie Erik rufen, der unmittelbar vor den Fenstern des Bistros stand und angestrengt nach oben blickte.
    Ein Kellner des Luzifer erschien, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder im Restaurant. Es dauerte nicht lange, und er kehrte mit einer Leiter zurück, die er für Erik an die Dachtraufe lehnte. Wortlos! Ein echter Friese! Er hielt die Leiter fest, als Erik aufs Dach hinaufstieg, und sorgte dafür, dass niemand auf die Idee kam, ihm zu folgen. Ebenso schweigsam natürlich. Er baute sich am Fuß der Leiter auf und sah allen Neugierigen so finster ins Gesicht, dass niemand es wagte, ihn zur Seite zu schieben.
    Mamma Carlotta jedoch wollte sich nicht einschüchtern lassen. »Ich gehöre zu dem Polizeibeamten«, sagte sie so selbstsicher, dass der Kellner ihr tatsächlich zuvorkommend auf die erste Sprosse half.
    Erik stand neben einem Mann, der sich um eine auf dem Dach liegende Person bemühte. An seiner Haltung erkannte Mamma Carlotta, dass er jede Mühe für sinnlos hielt. Sie machte einen Schritt vor, dann noch einen, schließlich konnte sie die Frau sehen, die auf dem Dach lag. Die Haare, die sich wie ein Kranz um ihren Kopf ausgebreitet hatten, färbten sich langsam rot, ihr Gesicht war leichenblass, die Augen hatte sie geschlossen. Sie trug einen dunkelblauen Seidenpyjama, der so dünn war, dass einige Knochenbrüche zu erkennen waren. Mamma Carlotta schloss entsetzt die Augen, sie mochte sich das Ausmaß der Verletzungen nicht vorstellen. Aber wie unter einem Zwang öffnete sie sie wieder und starrte in das leblose Gesicht, das ihr merkwürdig bekannt vorkam.
    Der Mann, der vor der Toten gekniet hatte, erhob sich und schüttelte resigniert den Kopf. »Nichts zu machen«, sagte er leise.
    Erik holte seinen Dienstausweis aus der Tasche. »Hauptkommissar Wolf! Haben Sie beobachtet, was passiert ist?«
    Der Mann stellte sich als Dr. Heimann vor, Kinderarzt aus Bochum, der auf Sylt Urlaub machte. »Nein, ich habe nur den Aufschlag gehört und bin auf den Balkon gerannt.«
    Eine Frau rief von unten herauf: »Ich hab’s gesehen!« Sie zeigte in die Höhe. »Da oben ist sie runtergefallen. Vom Balkon! Oberste Etage! Kippte einfach übers Geländer.« Sie schüttelte sich. »Und geschrien hat sie! Mein Gott.«
    Erik sah auf die Zeugin herab. »War sie allein auf dem Balkon? Oder haben Sie noch jemanden gesehen?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein, aber …« Sie vergewisserte sich mit einem Blick nach oben. »Von hier aus sieht man nur die Balkonbrüstung.«
    Erik folgte ihrem Blick und stellte fest, dass sie recht hatte. »Bitte, warten

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