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Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Kurschatten: Ein Sylt-Krimi

Titel: Kurschatten: Ein Sylt-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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sie. Nicht auszudenken! Erik würde anrücken und seine eigene Schwiegermutter festnehmen müssen! Der Arme würde sich in Grund und Boden schämen. Die Kinder natürlich auch. Und sie selbst am meisten! Dann würde es sicherlich ein Ende haben mit ihren Besuchen auf Sylt! Erik würde sie nie wieder einladen.
    Ihre Schritte wurden abrupt gestoppt, als sie ein Geräusch hörte. Schritte knirschten! Füße, die sich vorsichtig über die Glasscherben tasteten, damit sie nicht gehört wurden! Mamma Carlotta brach der Schweiß aus. Jemand folgte ihr in die Wohnung! Jemand, der bemerkt hatte, dass hier eingebrochen worden war? Oder Corinna Matteuer, die zurückgekommen war und ihre Suche fortsetzen wollte?
    Mamma Carlotta drehte sich einmal um sich selbst. Wohin? In den Schrank? Unters Bett? Der Schrank war zu klein, das Bett zu tief. Hinter die Tür! Ein Satz, und sie drückte sich in die Zimmerecke und zog die Schlafzimmertür so weit wie möglich zu sich heran. Ein gutes Versteck war das nicht, aber solange die Tür weit geöffnet war, würde man sie wenigstens vom Flur aus nicht entdecken. Wenn aber jemand von außen durchs Fenster blickte … Mamma Carlotta schloss die Augen, damit sie nicht sehen musste, wie sie in einer fremden Wohnung ertappt wurde. Die Scham brannte bereits auf ihren Wangen, als wäre es nur eine Frage von Sekunden, bis jemand nach ihr greifen und sie ans Licht der Peinlichkeit zerren würde.
    Das Knirschen der Schritte wurde lauter. Derjenige, der die Wohnung betrat, vertraute offenbar darauf, dass der Einbrecher, den er vermutete, längst geflüchtet war. Ob das ihre Chance war? Konnte ihr die Flucht in einem Augenblick gelingen, in dem der andere sich so sicher fühlte, dass er sich überrumpeln ließ?
    Plötzlich herrschte Stille. Sie ahnte, dass der Eindringling nun über den Wohnzimmerteppich schlich. Sie hörte das Rascheln der Kleidung, vielleicht eine Regenjacke, die dieses Geräusch erzeugte. Dann das leise Klacken der Türklinke! Jemand zog die Wohnzimmertür vorsichtig auf!
    Mamma Carlotta fühlte, dass der Schweiß ihr am Nacken herunterlief. Ihre feuchten Hände umklammerten die Mappe mit den Unterschriftenlisten, ihr Herz raste, ihre Knie zitterten. Wer würde gleich diesen Raum betreten? Und wie würde derjenige reagieren, wenn er auf eine italienische Mamma traf, mit der er hier ganz sicherlich nicht rechnete?
    Doch es kam anders. Schlimmer! Draußen ertönte plötzlich eine männliche Stimme. Hart, laut, eindringlich! »Da ist eingebrochen worden!«
    Eine andere Stimme, weiter entfernt, antwortete etwas. Dann wieder die erste: »Polizei! Hat jemand ein Telefon? Wir müssen die Polizei rufen!«
    Mamma Carlotta hörte, dass die Wohnzimmertür aufgerissen und wieder ins Schloss gedrückt wurde, Schritte scharrten auf dem Flur. Dann das Geräusch der Badezimmertür. Der Eindringling war ins Bad geflüchtet.
    Nun klang eine weibliche Stimme von draußen herein: »Vorsicht! Geh da nicht rein! Ich habe was gehört. Der Kerl ist da noch drin!«
    »Hast du die Polizei schon verständigt?«, rief die männliche Stimme. Sie war nah, sehr nah. Mamma Carlotta vermutete, der Mann stand auf der Terrasse und starrte ins Wohnzimmer. Der Weg durch den Garten war ihr also versperrt.
    Durch die geschlossene Badezimmertür war zu hören, wie jemand auf den Toilettendeckel stieg und das Fenster öffnete. Derjenige, der ihr gefolgt war, wollte also genauso wenig hier erwischt werden wie sie. Corinna Matteuer? Sie stieg durchs Fenster, um zu fliehen?
    »Hol die Polizei! Ich bleibe hier!«
    Nun hielt es Mamma Carlotta nicht mehr hinter der Tür. Möglich, dass vor dem Haus niemand war, der sie sah. Aber das konnte sich bald ändern, sie musste schnell handeln. Im Nu stand sie auf dem Flur. Welchen Weg sollte sie nehmen? Durch die Wohnungstür und dann ganz entspannt durch die Haustür, als gehörte sie zu den Bewohnern? Aber was, wenn jemand davor stand, der wusste, wer hier wohnte und wer nicht?
    Sie riss die Badezimmertür auf. Der Raum war leer, das Fenster stand noch offen. Es führte nicht nach vorn, zur Straße, sondern zur Seite. Das ergab eine winzige Chance. Wenn sie ebenfalls dort hinaussprang, konnte sie wählen. Nach vorn zur Straße oder durch die Nachbargärten, je nachdem, wo sich die Leute aufhielten, die nach der Polizei geschrien hatten.
    Eilig stieg sie auf den Toilettendeckel, kniete sich auf die Fensterbank, sah ängstlich nach draußen, fragte sich, ob sie heil am Boden ankommen

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