Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
nicht auch in Matildas Schreibtisch gucken? Oder Dennis Happe?«
Sören zuckte die Schultern. »Vielleicht gab es dort eine Möglichkeit, die Sache so gut zu verstecken, dass niemand sie finden konnte.«
»Der Mörder hat sie aber gefunden.«
»Wer weiß das schon? Vielleicht haben wir gefunden, was der Mörder gesucht hat, aber wir haben es nicht gemerkt. Weil wir die Bedeutung nicht kennen.«
Erik dachte nach, dann schüttelte er den Kopf. »In Matildas Schreibtisch gab es nichts Besonderes.« Er trat auf den Flur zurück. »Sehen wir uns den Rest der Wohnung etwas genauer an.«
Sören wirkte unzufrieden. »Sie wird etwas, was sie ihrer Schwester vorenthalten wollte, sicherlich nicht im Wohnzimmerschrank aufbewahrt haben.«
»Trotzdem!«
M amma Carlotta stand vor dem ersten Haus und sah sich suchend um. Corinna Matteuer war nirgendwo zu sehen. Wo sollte sie nach ihr suchen? Hatte sie womöglich nur einen Besuch gemacht, irgendwo geklingelt und war eingelassen worden? Aber Mamma Carlotta schüttelte den Kopf. Nein, sie war sicher, dass Corinna Matteuer etwas im Schilde führte. Warum sonst hatte sie sich immer wieder umgesehen, als hätte sie Angst vor Verfolgung?
Sie war nun bei den ersten Häusern angekommen. Die Gärten waren dem Dorfteich zugewandt, betreten wurden die Häuser von der anderen Seite. Mamma Carlotta stellte fest, dass schmale Wege von der Eingangstür um jedes Haus herum in die Gärten führten. Still war es dort, keine Stimmen waren zu hören. Anscheinend wohnten hier keine Sylter Familien, die Häuser sahen allesamt so aus, als würden sie an Touristen vermietet. Jetzt, im Oktober, standen sicherlich viele Wohnungen leer.
Mamma Carlotta ging auf die Hausseite mit den Eingangstüren zu, dann huschte sie zwischen zwei Häusern hindurch und blieb an der hinteren Hausecke stehen. Sie sah nach oben in die erste Etage, stellte aber fest, dass es dort nur schmale Fenster gab, die anscheinend zu den Bädern gehörten. Unwahrscheinlich, dass sie von dort oben bemerkt wurde! Bevor sie vorsichtig um die Hausecke schaute, sah sie sich erneut um. Sie durfte nicht beobachtet werden. Wer genau hinsah, würde sofort merken, dass sie diesen Garten unbefugt betrat.
Hinter jedem der Häuser sah es ähnlich aus. Auf einigen Terrassen, mit einem schönen Blick auf den Dorfteich, standen schlichte Sitzgarnituren, auf anderen fehlten sie, waren wohl schon für den Winter untergestellt worden. Mamma Carlotta presste sich an die Hauswand. Nun würde sie zwar von jemandem gesehen werden, der aus dem Haus trat, aber vom Weg, der am Dorfteich entlangführte, würden keine Blicke mehr in ihren Rücken treffen. Wenn es eine Gefahr gab, dann sollte sie von vorne kommen.
Aber alles blieb ruhig, niemand war zu sehen. Was tun? An den Fenstern vorbeigehen, hineinschauen und Gefahr laufen, dass jemand zurückschaute? So verlassen die beiden Häuser links und rechts auch wirkten, sicher konnte sie nicht sein, dass niemand sich dort aufhielt.
Dann jedoch, während sie noch zögerte und überlegte, was zu tun war, ein Geräusch! Ein feines Knirschen, als bewegte sich jemand vorsichtig über einen Kiesweg. Dann das Schlagen einer Tür, und danach wieder diese Stille, die Mamma Carlotta immer unheimlicher wurde. Nur der Wind jaulte, gelegentlich kam das Schnattern der Enten vom Teich herüber, der Motor eines Autos, das vorüberfuhr. Aus den Häusern jedoch kam kein Laut.
Mamma Carlotta beugte sich so weit um die Hausecke, dass sie in ein Wohnzimmer blicken konnte, das so leer und verlassen wirkte, dass sie sicher war: Hier wohnte zurzeit niemand. Beruhigt lief sie über die Terrasse und warf einen langen Blick zum nächsten Haus. Sollte sie in den angrenzenden Garten wechseln? Wenn das Nachbarhaus bewohnt war, würde womöglich gleich jemand nach der Polizei rufen. Es war ja auch gar nicht gesagt, dass Corinna Matteuer dort verschwunden war. Vielleicht hielt sie sich in einem Haus auf der anderen Seite auf?
Mamma Carlotta seufzte auf und wandte sich ab. Was tat sie hier überhaupt? Sie hatte Corinna Matteuer nicht verschwinden sehen. Womöglich war sie zu jemandem in ein Auto gestiegen. Oder es war ihr von einem Hausbewohner die Tür geöffnet worden, der sie schon vom Fenster aus gesehen und nicht darauf gewartet hatte, dass sie klingelte. Damit wäre zu erklären, dass sie bereits verschwunden gewesen war, als Mamma Carlotta nach wenigen Augenblicken im Schutz des parkenden Autos wieder den Blick gehoben hatte.
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