Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
oder ob sie sich womöglich verletzen würde … da wurde sie für Augenblicke gestoppt. Hinter einem Gebüsch des Nachbargartens tauchte eine Person auf, sah sich vorsichtig um und flüchtete dann durch die angrenzenden Gärten. Die roten Locken wehten, als sie hinter dem letzten Haus verschwand. Mamma Carlotta war wie gelähmt. Wiebke Reimers? Was machte die Reporterin der Mattino hier?
D ie Durchsuchung von Matildas Zimmer hatte nichts ergeben. Was sich dort fand, brachte keinerlei Aufschlüsse.
»Wie soll man was finden«, maulte Sören, »wenn man nicht weiß, was man sucht?«
Erik stimmte ihm zu. »Wir wissen einfach zu wenig. Hoffentlich sieht die Staatsanwältin das ein.«
Sören sah seinen Chef fragend an. »Was nehmen wir uns nun vor? Corinna Matteuers Zimmer?«
Aber Erik lehnte ab. »Nur in ihrer Gegenwart!«
Sie gingen ins Wohnzimmer, öffneten lustlos die Schränke, waren aber nach einer halben Stunde nicht klüger als zuvor.
Sören wurde immer unleidlicher. »Können wir mal was Sinnvolles tun?« Er ging zu einem Regalbrett, wo einige gerahmte Fotos standen. »Sind das die Eltern?« Er hielt Erik ein Foto hin, das ein gesetztes älteres Ehepaar zeigte.
Erik nickte. »Sehen Sie, wie die Mutter mit Schmuck behängt ist? Denen war es immer wichtig, ihren Wohlstand zur Schau zu stellen. Eine Zweitwohnung auf Sylt, das war damals was! Ich war als junger Mann schwer beeindruckt. Heute kann ich gar nicht verstehen, dass mir diese Einrichtung mal imponiert hat.«
»Dann kommt die Matteuer wohl nach den Eltern«, meinte Sören. »Mit der wären die Alten zufrieden gewesen. Bei Matilda Pütz sah es da wohl anders aus, die war abhängig von der Schwester und hat es selbst zu nichts gebracht.« Sören nahm das Foto und betrachtete es. »Kein Wunder, dass einen dann eine unglückliche Liebe so aus der Bahn wirft.«
Ehe Erik dazu etwas sagen konnte, hielt Sören ihm ein anderes Foto hin. »Wer ist das? Klaus Matteuer?«
»Vermutlich«, antwortete Erik leichthin.
Sören drehte das Bild um und bestätigte es, indem er vorlas: »Klaus auf Sardinien 2009«. Er hielt seinem Chef das Foto noch einmal vor die Nase. »Der sieht so aus, als wüsste er genau, was er will.«
Plötzlich ging ein Ruck durch Eriks Körper. Ohne ein Wort riss er Sören, der empört aufmuckte, das Bild aus der Hand. »Den habe ich schon mal gesehen.«
Sören wandte sich gekränkt ab. Ihn interessierte das Foto nicht, das wollte er, nachdem Erik es ihm so unsanft abgenommen hatte, deutlich machen. Was ihm aus der Hand gerissen wurde, interessierte ihn aus Prinzip nicht.
Erik war es nur recht. Was immer Sören ihn jetzt gefragt hätte, er hätte keine Antwort darauf gehabt. In seinem Kopf kreisten die Gedanken. Sein Gefühl hatte ihn also nicht getäuscht! Mit Wiebke Reimers stimmte etwas nicht. Warum sonst bewahrte sie eine Anstecknadel in ihrer Handtasche auf, die ein Foto von Klaus Matteuer zeigte?
»Führt uns nun etwa ein Foto zum Mörder?«, fragte Sören provokant.
Erik antwortete nicht. Es fiel ihm schwer, Sören einzugestehen, dass er auf dem Bahnhof in Wiebkes Handtasche gegriffen hatte und dort auf das gleiche Foto in verkleinerter Form gestoßen war. So etwas gehörte sich nicht! Täte Sören etwas Ähnliches, würde er sich schwere Vorwürfe gefallen lassen müssen.
Erik stellte das Bild weg und versuchte, gleichmütig auszusehen. Dass es ihm nicht gelang, merkte er, ohne in den Spiegel schauen zu müssen. Die zweite Anstecknadel fiel ihm ein, die so im Futter von Wiebkes Handtasche gesteckt hatte, dass das Bild nicht zu erkennen gewesen war. Welches Foto mochte diese Nadel tragen? Das von Corinna Matteuer? Oder gar Wiebkes Bild? Das musste er herausfinden! War das nach der ergebnislosen Durchsuchung des Apartments nun endlich ein Indiz, das einen kleinen Erfolg versprach? Aber ein Motiv für den Mord an Dennis Happe würden ihm die Anstecknadeln wohl auch nicht liefern. Wie frustrierend es war, so lange auf der Stelle zu treten!
Da klingelte Eriks Handy. Enno Mierendorf war am anderen Ende. »Am Dorfteich ist eingebrochen worden«, berichtete er. »Jemand hat eine Scheibe eingeschlagen. Einem Nachbarn ist das aufgefallen.«
»Warum erzählen Sie mir das?«, fragte Erik mit scharfer Stimme. »Seit wann ist die Kriminalpolizei für Wohnungseinbrüche zuständig? Meinen Sie, wir haben momentan nicht genug zu tun? Rufen Sie die Kollegen an!«
Enno Mierendorf war nicht besonders beeindruckt von Eriks Verärgerung. »Ich
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