Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
gut Sie sich auf dem Titel des Inselblattes machen. Hervorragend!« Corinna strich sich lächelnd über die Haare, kontrollierte, ob der Kamm richtig saß, der sie am Hinterkopf zusammenhielt, und zog den Kragen ihrer weißen Bluse vom Hals, als wollte sie verhindern, dass er ihrem Make-up nahe kam. Möglich aber auch, dass ihr warm war und sie sich Kühlung verschaffen wollte.
Widerwillig musste Mamma Carlotta sich eingestehen, dass Corinna Matteuer eine attraktive Frau war, anders als Wiebke Reimers, die zwar hübsch war, aber auf ganz andere Weise. Wiebkes burschikose Natürlichkeit gefiel Mamma Carlotta wesentlich besser als Corinnas künstliche Schönheit, die vor allem das Ergebnis von schicker Kleidung und perfektem Make-up war.
Corinna merkte, dass Mamma Carlotta auf ihr Kompliment nicht eingegangen war. »Ich konnte Erik nicht erreichen«, erklärte sie nun. »Ich habe seine Handynummer verlegt. Und bei mir zu Hause ist er nicht ans Telefon gegangen.« Sie sah Mamma Carlotta mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich vertraue ihm. Es hat mir nichts ausgemacht, ihn allein in der Wohnung zu lassen. Sie wissen sicherlich, dass er sich mit seinem Kollegen Matildas Zimmer ansehen wollte.«
Mamma Carlotta wusste es nicht, tat Corinna aber nicht den Gefallen, sich danach zu erkundigen. Sie wollte jede weitere Kumpanei vermeiden. Wenn Corinna Matteuer nicht in Dennis Happes Wohnung eingedrungen war, hatte sie heute in der Nähe des Dorfteichs etwas im Schilde geführt, von dem niemand wissen sollte. Mit der Investorin stimmte etwas nicht. Und wenn sie hier war, dann vermutlich deswegen, weil sie die Schwiegermutter des Hauptkommissars aushorchen wollte. Oder um ihr eine Freundschaft anzubieten, die den Weg zu Eriks Herzen ebnete. Aber nicht mit Mamma Carlotta, die immer am besten wusste, welche Paare zusammenpassten und welche unglücklich miteinander wurden! In ihrem Dorf wurde sie nicht selten nach ihrer Meinung gefragt, wenn sich ein Sohn aus gutem Hause in ein Mädchen verliebte, das aus einfachen Verhältnissen kam. Und bisher waren ihre Voraussagungen immer eingetroffen.
»Ich dachte also«, erklärte Corinna Matteuer weiter, »ich würde ihn hier antreffen. Ich muss was mit ihm besprechen.«
»Er hat zu tun«, entgegnete Mamma Carlotta und beobachtete Corinna Matteuer genau, als sie ergänzte: »Ein Einbruch am Dorfteich.«
Corinna gab sich überrascht. »Wie schrecklich! Am helllichten Tage?«
»Sie hätten die Einbrecher sehen können«, meinte Mamma Carlotta und kam sich sehr schlau vor. »Sie waren doch in der Nähe.«
»Ich?« Corinna Matteuer spießte sich selbst mit dem rechten Zeigefinger auf. »Nein, ich habe im Baubüro eine Menge Arbeit. Seit meine Schwester mir nicht mehr hilft … Und nun noch Dennis …«
»Sollte ich mich so getäuscht haben?«, fragte Mamma Carlotta. »Ich war am Grab meiner Tochter. Und ich dachte, ich hätte Sie gesehen.«
»Da müssen Sie sich getäuscht haben.«
»Schon möglich«, räumte Mamma Carlotta scheinheilig ein. »Ein Kopftuch und dann noch eine große Sonnenbrille … da kann man sich irren. Obwohl … die Person, die ich beobachtet habe, trug auch eine schwarze Jacke.«
»Halb Sylt läuft in schwarzen Jacken herum.« Corinna Matteuer schaffte es nicht zu verhehlen, dass ihr dieses Gespräch nicht behagte. »Wenn Erik schon nicht da ist«, lenkte sie ab, »könnten wir noch mal über das Bistro für Ihren Neffen reden.«
»Wirklich?«, fragte Mamma Carlotta provokant zurück. »Ich dachte, Sie hätten es schon Tove Griess versprochen.«
Die darauf folgende Gegenfrage hätte Mamma Carlotta gerne vermieden: »Sie kennen diesen Kerl?«
Aber sie entschloss sich für den Weg, auf dem sie früher manches Mal den Frieden ihrer Ehe gerettet hatte. Sie überhörte die Frage einfach. »Er bietet seine Imbissstube bereits im Inselblatt zum Verkauf an.«
»Dann ist er reichlich voreilig. Oder hat er Ihnen auch was von einem Vertrag erzählt?«
Mamma Carlotta gab zu, dass davon nicht die Rede gewesen war. »Aber an mündliche Vereinbarungen sollte man sich ebenfalls gebunden fühlen.«
»Im Pferdehandel mag das so sein«, entgegnete Corinna Matteuer ungerührt. »Im Immobiliengeschäft ist das anders. Im Übrigen hat er wohl mit meiner Schwester gesprochen. Von mir hat er keine Zusage bekommen. Auch nicht mündlich.«
»Dann war das mit Ludo Thöneßen wohl auch so? Er hoffte ebenfalls auf das Bistro, habe ich gehört.«
»Erstaunlich«, antwortete Corinna
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