Kurschatten: Ein Sylt-Krimi
sprach den beiden sein Mitgefühl aus, worauf Frau Happe prompt zu weinen begann. »Dennis war so ein guter Junge«, schluchzte sie. »Wir haben ihn als Baby adoptiert. Schon zwei Tage nach seiner Geburt ist er zu uns gekommen. Er war unser Einziger! Und so erfolgreich! Er hatte einen guten Posten bei Matteuer-Immobilien.«
»Haben Sie eine Idee, warum er ermordet wurde?«, fragte Erik sanft.
Beide schüttelten energisch den Kopf. »Dennis war nie in irgendwelche kriminellen Machenschaften verstrickt«, antwortete Herr Happe, und Erik glaubte ihm.
»Es gibt Adoptivkinder«, ergänzte Frau Happe, »die machen den Eltern viel Kummer. Dann kommen die Gene der leiblichen Eltern zum Vorschein. Die Kinder werden kriminell oder sind minderbegabt. Unser Dennis war so, wie wir uns einen Sohn gewünscht hatten.«
Sie tupfte sich die Augen trocken, und Erik ließ ihr Zeit, sich zu fassen, ehe er sagte: »Es sah zunächst so aus, als habe er im Baubüro einen Einbrecher überrascht und musste deswegen sterben. Aber nun …«, er zeigte ins Wohnzimmer, wo die KTU arbeitete. »Das deutet darauf hin, dass er etwas besaß, was ein anderer haben wollte. Vielleicht sein Mörder.«
Herr und Frau Happe starrten ins Wohnzimmer und schüttelten beide die Köpfe.
»Haben Sie gelegentlich mit ihm telefoniert?«, fragte Erik. »Hat er eine Bemerkung gemacht, die uns weiterhelfen könnte? Bitte überlegen Sie in Ruhe«, setzte er schnell hinzu, als Dennis’ Eltern bereits eine abwehrende Geste machten. »Vielleicht eine Kleinigkeit, der Sie zunächst keine Bedeutung beigemessen haben.«
Herr und Frau Happe taten ihm den Gefallen und dachten intensiv nach, aber ohne Ergebnis. »Dennis muss ein zufälliges Opfer gewesen sein«, sagte sein Vater und sah Erik an, als erhoffte er von ihm Bestätigung.
»Vielleicht kann ich Ihnen bald schon mehr sagen«, wich Erik aus. »Wo wohnen Sie? Wie kann ich Sie erreichen?«
Herr Happe zog einen Stift aus seiner Manteltasche, Erik reichte ihm seinen Notizblock. Fein säuberlich notierte Dennis’ Vater den Namen seines Hotels und seine Handynummer.
»Wann können wir unseren Jungen nach Hause holen?«, fragte Frau Happe.
Erik versprach, sich darum zu kümmern, und verabschiedete sich. Er wollte das Ehepaar noch zur Straße bringen, aber da Kommissar Vetterich an die offene Terrassentür trat, vergaß er es wieder.
»Wir sind fertig«, sagte Vetterich. »Es gibt ein paar frische Fingerspuren am Badezimmerfenster. Auch Fußspuren unter dem Fenster. Mal sehen, was die Auswertung ergibt.«
C arlotta ließ Corinna Matteuer eintreten und führte sie in die Küche. »Ich bin mit dem Mittagessen beschäftigt«, erklärte sie.
»Ich sitze sowieso am liebsten in der Küche«, behauptete Corinna, nahm das Tuch ab, das sie sich über ihre Haare gebunden hatte, und öffnete ihre Jacke. »Früher habe ich meiner Oma gern beim Kochen zugesehen.«
Mamma Carlotta antwortete nicht darauf. Sie dachte nicht daran, Corinna Matteuer die Jacke abzunehmen oder ihr einen Stuhl anzubieten. Mit vor der Brust gekreuzten Armen lehnte sie sich gegen die Arbeitsplatte, verlagerte das Gewicht auf ihren gesunden Fuß und sah Corinna Matteuer abwartend an. »Wie gesagt, mein Schwiegersohn ist nicht zu Hause.«
»Wie schade!«, entgegnete Corinna. »Ich war sicher, ihn hier anzutreffen. Er hat mir erzählt, dass er mittags immer zum Essen nach Hause fährt. Um den Kindern was zu kochen, und wenn Sie zu Besuch sind, weil er sich auf das Essen freut, das Sie gezaubert haben.«
Mamma Carlotta liebte Komplimente, war auch für Schmeicheleien durchaus empfänglich, diese hier waren ihr jedoch zu offensichtlich, und sie blieb unberührt. »Zum Glück sind die Kinder nicht da«, bemerkte sie scharf. »Die beiden wären nicht begeistert über Ihren Besuch.«
Dass Carolin und Felix zum Glück nicht bemerkt hatten, wo ihr Vater die Nacht verbracht hatte, erwähnte sie nicht. Sollte Corinna Matteuer ruhig glauben, dass der Zorn der Kinder nicht nur auf dem Acker der Politik, sondern auch im Garten der eigenen Familie Nahrung fand.
Corinna Matteuer nickte und nahm Platz, obwohl sie nicht gebeten worden war. Mamma Carlotta blieb verärgert stehen, wo sie war. Corinna Matteuer sollte merken, dass ihr Besuch unerwünscht war!
»Ich habe die Kinder unterwegs gesehen«, sagte sie nun. »Sie sammeln Unterschriften gegen das Gesundheitshaus. Ich wäre sonst nicht gekommen.«
»Und warum sind Sie hier?«
»Erst mal, um Ihnen zu sagen, wie
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