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Kurschattenerbe

Kurschattenerbe

Titel: Kurschattenerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Neureiter
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krampfhaft auf den Boden gestarrt und die Landschaft ringsherum keines Blickes gewürdigt.
    Doch mit dem Sessellift war es etwas ganz anderes. Entspannt ließ sie sich über die Weinhänge hinweg nach oben tragen. Einen Blick zurück nach Meran riskierte sie allerdings nicht, denn die Angst hätte vielleicht wieder von ihr Besitz ergriffen.
    An der Bergstation angekommen hatten sie den Gästebus genommen, der die Touristen von den über den Segenbühel verstreuten Hotels ins Zentrum von Dorf Tirol brachte. Das letzte Stück des Weges hatten sie per pedes bewältigt.
    Jenny betrachtete die gegenüberliegenden Wein- und Obsthänge, an die sich die Bauernhäuser schmiegten. Sie waren weiß gekalkt und hatten steile Schrägdächer, Blumenkistchen zierten die Holzbalkone. Im Vordergrund, direkt an der schmalen Straße, die an der steil zum Tal abfallenden Hangseite durch ein Geländer geschützt war, befand sich eine kleine Kirche. Nichts trübte die scheinbar friedliche Idylle.
    »In einem dieser Häuser ist der Mord geschehen«, sagte Jenny.
    Lenz nickte. »Suchen wir die Haushälterin.«
    Der schmale Asphaltweg führte zunächst bergab, weiter ging es hügelaufwärts. Auf der Anhöhe angekommen bemerkte Jenny, welch ausgezeichneten Blick sie von hier auf Schloss Tirol hatte.
    Jenny betrachtete das Ensemble. Links ragte der Bergfried auf, in der Mitte lag der niedrigere Wirtschaftstrakt, rechts daneben der Südpalas. Die Burg selbst wirkte aus dieser Perspektive zwar nicht   so eindrucksvoll wie von Dorf Tirol aus. Dafür bildete das dunkle, verwitterte Gemäuer einen reizvollen Kontrast zum hellen Felsgestein, das dahinter aufragte.
    Jenny fiel ein, dass sie ihre Digicam bei sich trug. Sie hatte sich das kleine, handliche Ding angeschafft, um für den Fall, dass ein Pressefotograf kurzfristig ausfiel, gerüstet zu sein. Auch heute Morgen bei der Pressekonferenz hatte sie die Kamera dabeigehabt. Benötigt hatte Jenny sie nicht, dafür konnte sie sie jetzt zum Einsatz bringen.
    »Lenz, warte bitte. Ich mache ein paar Fotos«, rief sie ihrem Begleiter zu. Sie nahm den Apparat aus ihrer Handtasche, stellte auf Auotmatic und schoss ein paar Aufnahmen. Ein Blick auf das Display zeigte ihr, dass ein scheunenartiges Gebäude unterhalb der Burg das Panorama empfindlich beeinträchtigte. Ihr wurde klar, warum sie das Schloss auf Prospekten und Ansichtskarten nie von dieser Seite zu sehen bekam.
    »Du hast genug Fotos?«, fragte Lenz. Jenny bejahte. Es hatte keinen Sinn, weitere Aufnahmen zu machen. Die Scheune war im Weg.
    »Wollt’s ihr ein Stück mitfahren?« Ein   Kombi war neben Jenny und Lenz stehen geblieben. Durch das geöffnete Wagenfenster sah der Fahrer zu ihnen hoch. Beppo Pircher, der Reporter.
    Was machte der hier?
    Jenny beschloss, ihn nach der Haushälterin zu fragen. Gut möglich, dass der ortskundige Journalist wusste, wie die Frau hieß und wo sie zu finden war.
    »Hallo, Herr Pircher«, begrüßte sie ihn.
    »Ich bin der Beppo«, sagte er und streckte ihr die Hand entgegen.
    »Jenny«, sagte sie. Gleich darauf nahm sie die Zeitung aus ihrer Handtasche und zeigte Beppo den Artikel. »Weißt du, wo wir die Haushälterin finden?«
    Beppo überflog die Zeilen, dann sah er zu Jenny hoch. Wenn ihn die Frage verwunderte, ließ er sich jedenfalls nichts anmerken. »Das ist die Martha, die Wirtin vom Buschenschank. Du hast sie gestern auf der Burg gesehen. Sie war für das Buffet zuständig. Vom Buschenschank alleine kann sie nicht leben«, erklärte Beppo. »Beim Mitterer hat sie sich was dazuverdient. Er hat ihr auch den Auftrag auf dem Schloss verschafft.«
    »Hat der Ermordete sie gut bezahlt?«, fragte Jenny.
    »So genau weiß ich das nicht«, antwortete Beppo. »Die Martha ist Witwe, da kriegt sie wohl eine kleine Rente für sich und die Gitsch.«
    Jenny sah ihn verständnislos an. Was war eine Gitsch?
    »Er meint, ein Mädchen. Eine Tochter.« Lenz. Den hätte sie beinahe vergessen, so vertieft war sie in das Gespräch mit Beppo.
    »Steigt’s ein. Ich bin g’rad zur Martha unterwegs.«
    Fragend sah Jenny zu Lenz. In dem Moment läutete sein Handy. »Komm ich so rasch es geht zurück«, hörte sie ihn sagen.
    »Ich muss ins Kurhaus«, wandte er sich ihr zu.
    Jenny wollte protestieren, doch Lenz kam ihr zuvor.
    »Fahr du mit Beppo zum Buschenschank. Wir sehen uns später.«
    Kaum hatte er ihr zugenickt, ging er mit langen Schritten in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Jenny starrte ihm

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