Kurt Ostbahn - Blutrausch
sächsischen Chef und Profi-Killer, einer sexbesessenen Performancekünstlerin, einem professionellen und einem selbsternannten Ermittler-Duo jetzt auch noch die neurotischen, suizidgefährdeten Zwillinge meiner franko-kanadischen Sensation auf engstem Raum in meinem bescheidenen Dasein zusammenschoppen, dann muß ich sagen: Schluß. Aus. Welt hin, Welt her. Was zu klein ist, ist zu klein.
Elfi Tomschik kann mich gut verstehen.
Aber es ist Donna, die den Whisky serviert.
Selbstverständlich Canadian Club , uralt und sündteuer. Aus den Beständen des Palace . Ein Geschenk von Gily, dem schönsten Mann der Welt.
„Der Gily hat seine Fürstensuite ja kaum benutzt, zumindest in den ersten paar Tagen nicht, aber eine solche Zimmerbar darf man einfach nicht verkommen lassen, find ich“, sagt sie.
Und Elfi schwärmt, daß sie und der Gily die letzten sechs Tage endlich wieder ein Herz und Seele waren, wie früher immer in LA, und daß sie Donna sogar dazu überreden konnte, eine der täglichen „Mom & Dead“-Proben von acht auf vier Stunden zu verkürzen, um mehr Zeit für den Dream Lover zu haben.
Denn mit dem Eintreffen der Mutter (aus Quebec, über Paris) am Donnerstag würden sie nur noch auf Sparflamme träumen können. Schließlich ist der Gily Rekonvaleszent, und Mutter Marlene leistet sich in den wenigen Tagen im Jahr, die sie mit ihrem Sohn irgendwo auf der Welt in einem familieneigenen Luxushotel verbringt, sowas wie mütterliche Gefühle. Und dazu gehört auch, den labilen Knaben vor verhängnisvollen Affären mit Frauen wie Elfi und Donna Tomschik zu schützen.
„Keine Durchschnittsfamilie“, befinde ich.
„Krank“, sagt Elfi.
Aber es geht ihr wie Gilbert und Sarah: Sie blickt nicht wirklich durch.
Der leibliche Vater ist tot, bei einem Unfall ums Leben gekommen, als die Zwillinge noch ganz klein waren. Das war in Berlin. Danach haben sie mit der Mutter in Paris gelebt, und in Kanada, und schließlich wieder in Paris, weil die Mutter Claude Levy geheiratet hat.
„Mit diesem Spinner ist es vielleicht sechs Monate ganz amüsant“, sagt Elfi, „aber nach sechs Jahren Ehe bist du entweder eine Säuferin oder du hängst dich auf.“
Marlene entschied sich für letzteres, der Versuch schlug jedoch fehl, und sie verbrachte ein halbes Jahr in einem Privatsanatorium. Die Ehe wurde geschieden, die Zwillinge wurden in einem noblen Internat in der französischen Schweiz deponiert und verbrachten die Ferien abwechselnd beim Stief-Daddy in Paris, New York oder LA und bei Marlene, die sich in ihre Heimatstadt, nach Quebec, zurückgezogen hat.
Beim Daddy war entschieden mehr los. Und als die Mutter dann den alten Knacker geheiratet hat, den Hotelsammler David Thompson, waren die Zwillinge bereits sechzehn, hatten keine Lust auf noch einen Ersatzvater und Familienanschluß im Hause Thompson und hielten sich daher an den irren Claude und seine schrillen Freunde. Da ging auch das mit dem Modeln los, und Sarah und Gily waren für ein paar Saisonen die Sensation: die Catwalk-Twins.
Sarah ist heute noch sensationell und gut im Geschäft. Sie brachte die für so viel Schönsein notwendige Askese auf, während Gily einem harten das süße Leben vorzog.
„Er hat leider nix ausgelassen“, sagt Elfi.
„Keinen Kick, keinen Thrill“, übersetzt Donna.
Aber weil in einem Achtzehnjährigen die Erfahrungen von 40 oder mehr erfüllten bis exzessiven Lebensjahren Platz und Rahmen sprengen, sind dem Gily immer wieder und immer öfter die Sicherungen durchgebrannt.
Der große Überdruß, die große Leere. Depro.
„Und du weißt nicht, ob er es das nächste Mal überleben wird“, sagt Elfi.
Kein Mann fürs Leben. Elfi, die Nette, wird weiter suchen müssen, nach einem guten Latsch, der ihr die Sterne vom Himmel holt und sich dabei von Donna pflanzen und sekkieren läßt.
Letzten Donnerstag jedenfalls kam Marlene mit ihren mütterlichen Gefühlen und auch ihrer Antiquitäten wegen nach Wien, und Gily wechselte vorsichtshalber von Donnas Liebesnest in sein Zimmer im Palace .
„Damit sie nicht den Hysterischen kriegt und unausstehlich wird“, sagt Donna, „Mütter haben das manchmal, wenn sie von den Kids nicht kriegen, was sie sich in den Kopf gesetzt haben. Ich kenn das. Aber es war dann Gottseidank halb so wild. Anscheinend hast du sie so tief beeindruckt, Kurtl, daß sie den Gily ziemlich in Frieden gelassen hat. Bis zum Samstag. Da hat sie am Nachmittag aus heiterem Himmel beschlossen, daß sie nicht
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