Kurt Ostbahn - Blutrausch
Breitenfurt. Im Tomschik-Garten. Die Elfi war zwölf und der kleine Wickerl hat bei allem mitgespielt, was die große Elfi spielen wollte. Federball. Bezaubernde Jeannie. Tour de France. Damals hat die Elfi das erste Mal bemerkt, daß es neben der netten Elfi auch eine Donna gibt, und diese Donna hat mit dem Wickerl am liebsten Spiele gespielt, die der Wikkerl nicht spielen wollte, aber mit ihr spielen mußte, weil sie ihn sonst zurück in seinen mickrigen Auer-Garten geschickt und nicht zu ihrer tollen Geburtstagsparty eingeladen hätte.
Donna spielte gern Den-Wickerl-in-den-finsteren-Fahrradschuppen-sperren-und-warten-bis-er-plärrt.
Donna spielte gern Hosen-runter und Die-Königin-von-Saba-läßt-sich-von-ihren-Untertanen-die-Füße-küssen.
Ihr Lieblingsspiel aber war eine Piratengeschichte. Mit Donna als Herrin der Sieben Meere und mit Wickerl in der undankbaren Rolle des verräterischen Schiffsjungen, der die Schatzkarte aus ihrer Kajüte gestohlen und im letzten Hafen an Donnas Todfeind, einen einäugigen Piraten namens Hook, verkauft hat. Wieder auf hoher See, überführt die vor Wut schäumende Piratenchefin den Verräter und nimmt seine grausame Bestrafung selbst in die Hand. Der Wickerl wird an den Hauptmast gebunden (da im Tomschik-Garten ein solcher nicht vorrätig war, wurde der Marillenbaum zum Hauptmast erklärt), ausgepeitscht, mit glühenden Eisen für alle Zeit als Verräter gebrandmarkt und schließlich unter der sengenden Sonne Breitenfurts seinem Schicksal überlassen.
Das Piratenspiel war nicht nur ein Mordsspaß, es war auch auf eine ganz neue Art aufregend. So aufregend, daß sich Donna oft vor dem Einschlafen für den Wickerl immer grausamere Strafen ausdachte.
Und eines Sommernachmittags mußte der Wickerl mitten im Brandmarken ganz dringend Pinkeln. Elfi hätte ihn sofort losgebunden, aber Donna kannte keine Gnade. Sie ließ den Wickerl zappeln, ging rüber ins Gartenhaus, holte sich ein Stück Rhabarberkuchen, und als sie wiederkam, war der Wickerl so weit, daß er ihr für seine sofortige Freilassung sogar seinen ganzen Stolz, ein Modell-Motorboot mit benzinbetriebenem Außenbordmotor und Fernsteuerung überlassen hätte. Aber Donna wollte kein Motorboot. Sie wollte wissen, wie aufregend das ist, wenn sie dem Wickerl die Rapidler-Shorts runterzieht, in den Schlitz seiner Unterhose faßt, sein Schwänzchen herausholt und zusieht, wie der Wickerl an den Marillenbaum gefesselt pinkelt. Es war mehr als aufregend. Überhaupt dann, als sie das kleine, halbsteife Glied nach oben und unten, links und rechts schwenkte und so den Rasen der Tomschiks goß.
Der absolute Höhepunkt dieses Piratennachmittags war aber, als Donna die nackten Beine des Wickerl anvisierte, und der goldgelbe Strahl über seine Schenkel lief, die runtergezogenen Shorts naß machte und seine scheußlichen braunen Plastiksandalen.
Der Wickerl wand sich und wimmerte und jaulte. Aber als ihm Donna den Mund zuhielt, spürte sie, wie seine Zunge ihre Handfläche leckte.
„Wie ein junger Hund“, sagt sie. „Irgendwas hat ihm an unseren Spielchen gefallen. Sonst wäre er nicht immer wiedergekommen.“
„Und manchmal, zum Beispiel wenn es einen richtigen Lover gegeben hat, sowas wie den Gily, dann hast du ihn halt vor der Tür gelassen? Flockimäßig“, sage ich.
Donna meint, daß sie mir das Ganze nicht erzählt hat, um sich jetzt eine Moralpredigt anzuhören. Mit Moral hätte das alles nämlich nix zu tun, sondern mit Spielregeln. Und die muß man akzeptieren, wenn man mit ihr spielen will.
Elfi sieht das etwas anders, glaube ich. Sie steht auf, verschwindet im Hifi-Sektor und legt einen Sampler mit alten Soulschleichern auf. Irma Thomas, Otis Redding, Sam & Dave, Joe Tex. „A Woman (Can Change A Man)“.
„Und die blauen Flecken und Narben am Schwanz, von denen die Kieberer glauben, es wären Folterspuren? Sind die auch vom Spielen?“
„Folterungen!“ lacht Donna.
Sie hat Elfi im Hifi-Sektor gelassen. Vielleicht tanzt sie dort allein eine Runde durchs Paradies. Einen Blues. Oder hockt in einem finsteren Winkel am Boden und heult. Oder wünscht mich zum Teufel, weil ich wegen ein paar beschissener Videos herkomme und dann ständig Fragen über Dinge stelle, die ihr Donna einbrockt hat und mit denen sie garnix zu tun haben will.
„Die Blutergüsse waren schon ein paar Tage alt, als der Wickerl abgestochen wurde“, sage ich“also kann sie ihm der Mörder nicht verpaßt haben. Zumindest nicht am Mittwoch
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