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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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meine schlimmsten Befürchtungen. Und das sag ich ihm auch:
    „Bist du völlig übergeschnappt?“, sage ich. „Ohne mich. Und die Burschen setzen auch keinen Fuß mehr in den beschissenen Keller.“
    „Dir ist hoffentlich klar, daß dein Verhalten massiv unsere Ermittlungen behindert“, faucht der Doc aus dem Dach des Chevy.
    „Es gibt keine Ermittlungen“, fauche ich zurück. „Nicht mit mir!“
    Aber da hat er bereits aufgelegt.
    Ich lasse das Dach langsam zurück auf den himmelblauen Chevy sinken, da hupt er gleich wieder. Jetzt ist der junge Herr Axel dran.
    „Wir waren grad mit dem ganzen Klumpert auf der Deponie“, sagt er. „Und weißt, was wir dort gesehen haben?“ „Keine Ahnung“, sage ich. „Vielleicht die Leiche?“ „Nicht ganz“, sagt Axel und lacht. „Noch so eine grausliche Küche. Übrigens: Sollen wir jetzt vorbeikommen, wegen der Kacheln? Wir wären grad in der Gegend?“
    „Zu spät“, sage ich. „Das macht jetzt der Hasenöhrl.“ Und da fällt mir auf, daß seit geraumer Zeit keine Fliese lautstark in tausend Scherben gegangen ist, und schau mich um.
    Der Lehrbub steht in der Tür. Mit fiebrigen Augen und weit offenem Mund. Er wollte sich offenbar seine Vitamin-Brause holen, aber nicht stören, als er mich am Telefon gesehen hat. Und so hat er meine Gespräche mit anhören müssen und wirkt jetzt völlig verstört.
    „Momenterl“, sage ich zu Axel, und zu Hasenöhrls Lehrling sage ich: „Da, die Vitamine!“
    „Dankschön“, sagt er und winkt ab. „Ich geh lieber in die Apotheke. Bin bald wieder da.“
    „Auch gut“, sage ich.
    Er hustet und zischt ab.
    Und ich weiß genau, er kommt nicht wieder.

13
    Meine Suche endet, ehe sie noch richtig begonnen hat.
    Im Schutzhaus am Schafberg, einer beliebten und in der warmen Jahreszeit von Alt und Jung gern frequentierten Gaststätte über den Dächern von Wien. Jetzt, Ende Februar, wo das nahe Schafbergbad geschlossen hat und die umliegenden Schrebergarten-Hütten, weil zum Großteil nicht winterfest, unbewohnt sind, hält sich der Zulauf in Grenzen. Im Gastgarten begrüßt mich ein halbes Dutzend Krähen und in der Wirtsstube, hinter der Schank, ein nieselsüchtiger Kellner, den ich hier noch nie zuvor gesehen habe.
    Er sei nur die Urlaubsvertretung, stellt er gleich einmal klar, als ich mich nach dem Wirt erkundige, einem langjährigen Bekannten, was die Urlaubsvertretung natürlich nicht wissen kann. „Der Chef is heut noch nicht da. Darf’s trotzdem was sein?“
    „Weiß noch nicht“, sage ich und schau mich um. Zwei alte Damen teilen sich eine Malakofftorte. Zwei Monteure in blitzblauen Overalls trinken weiße Spritzer.
    Und Brunner sitzt allein an einem Tisch beim Fenster zum Gastgarten.
    „Herr Doktor!“ sagt er, stützt sich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab, zieht sich kurz von seinem Sessel hoch und will damit offenbar die Einladung aussprechen, bei ihm Platz zu nehmen. „Das is vielleicht eine Überraschung. Gestern erst haben wir über Sie geredet. Da war ich beim Kaindl in der Sechshauser Straße und hab beim alten Dings vorbeigeschaut auf einen Kaffee. Wie heißt er? Weinheber? Weinhofer. . .“
    Jetzt trinkt Brunner Kaffee mit Scharlachberg . Und es ist heute nicht sein erster.
    „Ich weiß. Der Herr Josef hat mir erzählt“, sage ich zu Brunner, setze mich hin und bestell mir bei der Urlaubsvertretung vorsichtshalber ein kleines Bier. „Ich hab gestern auch im Sicherheitsbüro angerufen, aber da war der jüngere Kollege dran, der Skocik . . .“
    „Ex-Kollege“, sagt Brunner und schlägt mit der flachen Hand auf die Tischplatte, daß Kaffeehäferl, Zuckerstreuer, Cognac-Schwenker und Aschenbecher vor ihm klirrend auf-und niederhüpfen. „Ex-Kollege, Herr Doktor. Weil ich bin nämlich seit Jänner im Ruhestand, wie man so schön sagt.“
    „Weiß ich auch“, sage ich.
    „Was Sie ned alles wissen“, sagt Brunner und verzieht das Gesicht zu einem Grinsen, das mit guter Laune nicht einmal ansatzweise was zu tun hat. „Aber sind S’ froh, daß Sie nicht mehr wissen.“
    Brunner hebt den noblen Schwenker mit dem billigen Weinbrand, prostet mir andeutungsweise zu und leert ihn in einem Zug.
    Und wie ich Brunner, dem früh- oder zwangspensionierten, aber in jedem Fall ausrangierten Krimineser so beim Trinken zusehe, fühle ich mich ziemlich alleingelassen. Ich hab den weiten Weg herauf auf den Schafberg gemacht, um mir von einem professionellen Ermittler Trost und Rat spenden zu

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