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Kurt Ostbahn - Schneeblind

Kurt Ostbahn - Schneeblind

Titel: Kurt Ostbahn - Schneeblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenter Broedl
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übersetzt hat. Außerdem meinte er, daß Geisteskranke wie Kohout nur ganz selten zu einer Bedrohung ihrer Umwelt werden. Im Gegenteil. Sie ziehen sich in der Regel zurück und bauen mit fortschreitender Krankheit den Kontakt zur Außenwelt immer mehr ab. Im Normalfall sozusagen werden sie medikamentös ein- und ruhiggestellt, zu ihrem eigenen Schutz, denn nicht selten richten sie ihre Aggressionen gegen sich selbst.
    Nicht so der Kreuzschinder. Zumindest heute nicht. Heute ist er wieder einmal sehr mitteilungsbedürftig.
    Sagt Nora, als ich sie daheim am Grünen Berg an den Apparat kriege.
    »Was is los?« frage ich.
    »Willst du s schriftlich oder mündlich?«
    »Was?«
    »Er hat mir ein Fax geschickt. Hierher, nach Hause.« »Scheiße.«
    »Mhm«, macht Nora. »Er weiß inzwischen also offenbar, daß ich nicht beim Trainer in der Mansarde wohne. Sehr beruhigend. Also: Soll ich dir das Fax vorlesen oder durchfaxen?«
    »Beides«, sage ich.
    Sie räuspert sich. Dann liest sie vor. Mit einer Stimme, die jeden Text, sogar Kreuzschinders jüngste Nachricht, zum Hörgenuß macht:
    Wer suchet, der findet.
    Ich sage heute zur Michaela: »Ich schlag dich tot, wenn Du Madame weiterhin belästigst!« Michaela sagt: »Ich mach, was ich will, Hosenscheißer. Und wenn ich Lust drauf hab, mach ich die Scheißfotze kalt! Ich mach das! Diese verhurte Drecksau geht unsere Familie einen Scheißdreck an! Diese verhurte Drecksau zieht dir nur das Geld aus der Tasche! Diese verhurte Drecksau lacht, hinter deinem Rücken über dich! Wer sich bei uns einmischt muß bluten, ganz viel bluten!«
    Ich muß sagen: Ausnahmsweise hat Michaela recht.
    †
    »Wunderbar«, sage ich, obwohl das immer der Trainer sagt, wenn er mit seiner Weisheit am Ende ist.
    »Und?« erkundigt sich Nora gereizt. »Soll ich jetzt auswandern? Soll ich meine Identität ändern oder ins Zeugenschutzprogramm der CIA ...«
    »... des FBI«, stelle ich richtig. »Nein, Nora. Bleib wie, wer und wo du bist. Wir checken das, der Doc, der Trainer und ich. Und in diesem Zusammenhang lädt dich der Trainer übrigens am Samstag zum Essen ein.«
    »Kann er mir das nicht persönlich sagen?« fragt Nora, und ich höre erstmals einen keifenden Unterton in ihrer Stimme.
    »Frag das nicht mich, frag das den Trainer«, keife ich zurück. »Samstag um 8. In seiner Mansarde.«
    »Falls ich dann noch am Leben bin«, meint Nora.
    »Was spricht dagegen?« sage ich, um ihr Mut zu machen. »Du bist in besten Händen. Wir schauen auf dich.«
    »Ah ja? Auch jetzt, den Moment?«
    »Grundsätzlich«, sage ich.
    »Na, herzlichen Dank!«

20
    ROTE JAPANER.
    Keine zwölf Stunden später ist Zofe Gerda weg.
    Sie hat Simon zur Schule gebracht, sollte danach zum Bipa und zum Billa, die Einkäufe am Grünen Berg deponieren und dann gleich weiter ins Studio fahren, um dort die Vorbereitungen für die freitägliche Session vor Mikrofon und Netzkamera zu treffen. Immer freitags spielen Madame Nora und Zofe Gerda, manchmal auch unter Mitwirkung männlicher Freiwilliger vor der Kamera, was sich der Internet-Gast dann ab Montag Clip-mäßig zusammengeschnitten ansehen und auf seinen PC laden kann. In wirklich exzellenter Bild- und Tonqualität, betont Nora, denn das wäre in diesem jungen Medium, in dem die Goldgräbermentalität immer mehr um sich greift, nicht unbedingt die Norm.
    Weiß ich nicht. Kann ich nicht beurteilen. Und ist mir um zehn in der Früh, aber auch später am Tag ziemlich wurscht.
    Nora hört sich ehrlich besorgt an: »Gerda ist die Verläßlichkeit in Person, und sie weiß, daß ich den Pachtvertrag dringend brauche für meinen Termin beim Anwalt. Ich hab Angst, er hat ihr was angetan ...«
    »Der Kohout«, sage ich.
    Zofe Gerda hat Simon, Bipa und Billa pünktlich, wie das so ihre Art ist, erledigt. Aber seitdem ist sie spurlos verschwunden. Losgefahren, rauf in den Zehnten, wo Noroticom seinen Firmensitz hat, aber dort nie angekommen. Oder dort angekommen und dem Hannes Kreuzschinder in die Hände gefallen, der auf der Pirsch nach »sündigen Michaelas« ist, die schuld sind an dem Tosen in seinem Kopf. Oder der Michaela Kreuzschinder, die ihrerseits beschlossen hat, Nora ganz viel bluten zu lassen.
    Die Zofe meldet sich jedenfalls weder auf ihrem Handy noch auf den beiden Telefonen im Noroticom-Hauptquartier. Ausgemacht war, daß sie Nora sofort nach dem Eintreffen im Büro daheim am Grünen Berg anruft, um ihr irgendwelche Daten aus dem Pachtvertrag des Noroticom-Hauses

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