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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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weint.
    |287| Meine Güte – ich habe eine bissige Bemerkung auf den Lippen, aber ich halte mich zurück und schaue nur stumm zu, wie die beiden
     über den Tisch hinweg Händchen halten und schamlos vor sich hin schniefen und schluchzen. Plötzlich macht mich der Anblick
     ihrer Tränen wütend: Valentina und Ed – was haben die schon für einen Grund zu weinen?
    Im selben Moment drängt sich jemand an mir vorbei durch die Tür, und Valentina und Ed schauen auf und sehen mich dastehen.
     Mit einem Aufschrei fährt Valentina in die Höhe, dabei rutscht ihr der Mantel von den Schultern, und jetzt sehe ich ganz deutlich,
     was ich schon früher hätte sehen müssen – besser gesagt: was ich zwar früher schon gesehen, aber nicht wahrgenommen habe:
     Valentina ist schwanger.
    Einige Augenblicke lang starren wir einander sprachlos an. Dann rafft sich auch der kahle Ed in die Höhe.
    »Sehen Sie nicht, dass wir etwas miteinander zu besprechen haben? Können Sie uns nicht in Ruhe lassen?«
    Ich ignoriere ihn.
    »Valentina, ich muss dir etwas Wichtiges sagen. Dein Mann ist aus der Ukraine gekommen. Er wohnt bei meinem Vater. Er möchte
     dich gern sehen. Und Stanislav auch. Und er hat dir etwas ganz Persönliches zu sagen.«
    Damit drehe ich mich auf dem Absatz um und gehe.
     
    Es dämmert schon, als ich wieder zu Hause bei Vater ankomme. Es regnet jetzt nicht mehr. Die Luft ist feucht und erfüllt von
     geheimnisvollen pilzartigen Herbstdüften. Vielleicht macht es das Zwielicht, aber das Haus kommt mir größer vor als sonst,
     der Garten hinter den Fliederbüschen scheint irgendwie weiträumiger. Ich brauche ein paar Sekunden, bis ich weiß, woran das
     liegt: Der Rolls-Royce ist weg. Und die vier Männer auch.
    Vermutlich sollte ich froh sein darüber, aber tatsächlich |288| bin ich nur irritiert und verärgert. Weil sie ihren Männerspaß haben, während ich das getan habe, was von niemandem als Arbeit
     anerkannt, aber trotzdem unerlässlich ist – die Nahrungsmittelvorräte auffüllen. Typisch. Und außerdem ist niemand da, der
     mich zu diesem Meisterstück an Detektivarbeit, das ich geleistet habe, beglückwünscht. Na gut, einen Menschen gibt es immerhin,
     der zu schätzen wissen wird, was ich geleistet habe. Ich stelle Teewasser auf, ziehe die Schuhe aus und rufe meine Schwester
     an.
     
    »Schwanger!«, schreit Vera. »Diese Nutte! Dieses Flittchen! Aber hör zu, Nadia, das ist vielleicht bloß wieder ein neuer Trick
     von ihr. Ich wette, die hat gar kein Baby in ihrem Bauch, sondern bloß ein Kissen unterm Pullover.«
    Der Zynismus meiner Schwester versetzt mich immer wieder in Erstaunen. Trotzdem   …
    »Sieht aber ziemlich echt aus, Vera. Nicht nur der dicke Bauch, sondern auch wie sie geht und steht und wie ihre Füße und
     Knöchel angeschwollen sind. Und überhaupt hat sie ja schon seit einiger Zeit ständig zugenommen. Wir haben bloß nicht zwei
     und zwei zusammengezählt.«
    »Das ist wirklich unglaublich. Gut gemacht, dass du sie aufgestöbert hast, Nadia.« (Aus dem Mund meiner großen Schwester ist
     dies höchstes Lob.) »Vielleicht sollte ich ja kommen und mir das selbst ansehen.«
    »Wie du willst. Aber früher oder später finden wir es sowieso raus.«
     
    Ich trinke meinen Tee aus und will gerade anfangen, die Einkäufe aus dem Kofferraum ins Haus zu bringen, als hinter mir ein
     Wagen hält. In der Erwartung, vier breit grinsende Männer aus einem weißen Rolls-Royce klettern zu sehen, drehe ich mich um.
     Aber es ist der grüne Lada mit Valentina am Steuer.
    |289| Sie fährt auf den mit Motorenöl getränkten Rasen und hievt sich vom Fahrersitz. Ihr Bauch ist dick, ihr prächtiger Busen üppiger
     denn je. Sie hat ihr Haar in Ordnung gebracht und Make-up und Parfum aufgefrischt. Ein Hauch des alten Glamours umgibt sie
     wieder, und seltsamerweise freue ich mich, sie zu sehen.
    »Hallo, Valentina. Schön, dass du kommen konntest.«
    Ohne zu antworten geht sie an mir vorbei hinters Haus, wo die Küchentür offen steht.
    »Hallo! Hallo, Wolodja«, ruft sie.
    Ich bin hinter ihr hereingekommen und nun dreht sie sich zu mir um und faucht mich an.
    »Ist niemand da. Du mir Lügen erzählt.«
    »Er ist da, aber im Moment ist er unterwegs. Schau ins Schlafzimmer, wenn du mir nicht glaubst, da ist seine Tasche.«
    Sie stapft die Treppe hinauf und reißt die Schlafzimmertür so gewaltsam auf, dass sie gegen die Wand knallt. Dann ist nichts
     mehr zu hören. Nach einer Weile gehe ich nach

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