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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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so?«
    »Ich bin überhaupt nicht naiv, Vera. Ich hatte letztes Jahr eine ukrainische Soziologieprofessorin zu Gast, und die war genauso
     angezogen. Und sie war ganz entsetzt, dass der Großteil meiner Freundinnen kein Make-up trägt und in Jeans und T-Shirts herumläuft, während sie selbst nach Designer-Klamotten lechzt. Sie meinte, das sei ein Verrat an der Weiblichkeit.«
    »Das stimmt ja auch.«
    Meine Schwester würde lieber sterben, als in Jeans (Designer-Jeans ausgenommen) oder einem simplen T-Shirt unter die Leute zu gehen. Aber hochhackige, zehenfreie Pantoletten und einen Minirock würde sie genausowenig tragen.
    Ich erzähle ihr noch von den tiefgefrorenen Fertiggerichten, und da sind wir uns wieder einig. »Das Traurige ist, dass er
     wahrscheinlich nicht einmal den Unterschied bemerkt«, murmelt sie. »Arme Mutter!«
     
    Kurz nach unserem Besuch kommt es zur ersten Ehekrise. Valentina fordert nämlich ein neues Auto – und zwar nicht irgendeinen
     alten Karren. Muss gutes Auto sein. Muss Mercedes sein, mindestens, oder Jaguar. BMW ist okay, nicht Ford. Der Wagen wird
     benötigt, um Stanislav zu seiner feinen Schule zu bringen, wo andere Kinder in Saabs oder Range Rovers vorfahren. Nun hat
     Vater einen gut erhaltenen gebrauchten Ford Fiesta gefunden, den er sich leisten könnte. Doch auf einen Ford Fiesta will Valentina
     sich nicht einlassen. Sie akzeptiert noch nicht einmal einen Ford Escort. Es wird lautstark gestritten.
    »Sag mir, was du davon hältst, Nadeshda.« Er ist sehr erregt, als er anruft.
    |98| »Ich finde, ein Ford Fiesta ist in Ordnung.« (Ich selbst fahre einen Ford Escort.)
    »Aber damit ist sie nicht einverstanden.«
    »Na, dann mach, was du willst.« Macht er sowieso.
    Vater hat ein wenig Geld auf der Bank. Es ist sein Pensions-Fonds, der noch auf drei Jahre festgelegt ist, aber zum Teufel,
     die Dame will ein neues Auto, und er möchte großzügig sein. Sie einigen sich auf einen alten Rover, der groß genug ist, um
     Valentinas Vorstellungen zu genügen, und alt genug, dass Vater ihn sich leisten kann. Er löst seinen Pensions-Fonds auf und
     gibt Valentina den Großteil davon für ihr Auto. Die restlichen zweihundert Pfund schenkt er meiner Tochter Anna, die gerade
     ihre Schulabschlussprüfung mit Bravour hinter sich gebracht hat, fürs Studium. Ich fühle mich etwas unwohl dabei, aber nicht
     zu sehr. Weil ich mir sage, dass er das Geld, wenn er es nicht Anna für ihr Studium gäbe, Valentina für einen Mercedes geben
     würde.
    »Das ist, um die Differenz aus dem Testament wieder auszugleichen«, sagt er. »Veras Töchter bekommen davon nichts ab. Nur
     Anna.«
    Wohl ist mir trotzdem nicht dabei. Meine große Schwester wird an die Decke gehen, wenn sie es erfährt. Aber ich will Rache
     für das Testament. »Großartig, Papa. Sie wird es brauchen können, wenn sie an die Uni geht.«
    Jetzt ist er pleite – sein ganzes Geld ist weg.
    Anna ist begeistert, als ich ihr vom Geschenk ihres Großvaters erzähle.
    »Ach, er ist so lieb. Glaubst du, er hat Alice und Lexi auch was gegeben, als sie angefangen haben zu studieren?«
    »Ich denke schon.«
     
    Valentina ist von ihrem Rover entzückt. Er schimmert grünmetallic, er hat einen Drei-Liter-Motor, er hat Ledersitze, die nach
     teuren Zigarren riechen, er hat ein Armaturenbrett |99| aus Walnussholz und 186   000   Meilen auf dem Tacho. Sie fahren in der Stadt herum und parken vor Stanislavs Schule neben den Saabs und Range Rovers. Valentina
     ist im Besitz eines internationalen Führerscheins mit einjähriger Gültigkeitsdauer, ausgestellt in Ternopil. Vater sagt, sie
     hat keine Fahrprüfung abgelegt, sondern den Führerschein mit Schweineschnitzeln aus der Hausschlachtung ihrer Mutter bezahlt.
     Sie fahren zu den Zatshuks, zu ihrer Freundin Charlotte und zum Onkel nach Selby. Dann streikt der Wagen. Die Kupplung ist
     im Eimer. Vater greift zum Telefon.
    »Nadeshda, kannst du mir bitte hundert Pfund für die Reparatur leihen?«
    »Papa«, sage ich, »du hättest den Ford Fiesta kaufen sollen.« Ich schicke ihm einen Scheck.
    Dann ruft er meine Schwester an. Sie ruft mich an.
    »Was ist los mit diesem Auto?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Er wollte sich hundert Pfund leihen, um die Bremsen reparieren zu lassen. Ich habe ihn gefragt, ob Valentina das nicht selbst
     bezahlen kann. Sie verdient doch genug.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er will nichts davon hören. Er hat Angst, sie darum zu bitten. Er sagt, sie muss ihr Geld

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