Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe
war auf mehrere angelegt, und die eine Nara war der zweiten und dritten so wenig ähnlich wie drei Frauen,
die sich im Menschengedränge auf der Hauptstraße zufällig anrempeln. Nara, die käufliche Frau, war eine gänzlich andere als Nara, die Furie, und Nara, der liebste Mensch meiner Kinderspiele. Als hätte sie sich selbst irgendwo verloren. Eine Frau ist schließlich kein Steppensalamander, der unvermutet die Farben wechselt. Nara jedoch wirkte so. Ich glaube, Mama und Papa, Ojuna und die Roten Berge waren für sie viel früher verloren gewesen als für mich. Für mich war sie aber trotzdem mein Ein und Alles.
Und ich hatte ja auch vergessen. Wie die Farben in den Pferdeaugen glänzten, wenn Papa ein neues Fohlen brachte, oder welche Kamele sich weigerten, sich vor Mama hinzuknien, und wie Papa sie hauen musste, das hätte ich auch nicht mehr genau sagen können. Dass es all das aber dort irgendwo gab, das war immer noch in mir und hörte nicht auf, wichtig zu sein, nicht einmal nach den Monaten, da mir die Männer fast alles aus meinem Kopf gerüttelt hatten, außer der Sehnsucht, irgendwann von hier zu verschwinden, und einer gewaltigen Lust am Essen.
Ich hatte es mir gedacht seit der Zeit, als ich absonderliche Gelüste zu haben begann, und Nara fragte mich einfach danach, als sie sah, dass ich ständig etwas in mich hineinstopfte. Ich war froh.
Mir fiel sofort ein, dass ich es von selbst nicht geschafft hätte wegzugehen und ich es so, wenigstens für eine Weile, müsste. Es war bereits klar, dass ich nie wie Schartsetseg enden würde, und das hob meine Laune. Die letzten Monate waren daher im Großen und Ganzen vergnüglich, und es gab genug, die es gerade in der Zeit mit mir machen wollten, und so war ich auch mit dem Geld nicht so knapp, wie ich es wegen des Bauches befürchtet hatte.
Das Letzte, was eine Frau aufrechterhalten kann, ist die Sehnsucht, von hier wegzukommen. Dass sie einem Mann begegnet, für den es lohnt, das Geld Geld sein zu lassen und wieder auf dem Markt zu frieren, fremde Schuhe zu polieren und vielleicht, wenn das Glück es zulässt, irgendeinen mickrigen Laden aufzumachen.
Auch ich hatte mir anfangs immer vorgestellt, dass mich ein Mann hier rausholen würde. Sagen würde, ich sei anders, besser, dass er mich gern habe und für mich sorgen wolle. Aber auch, als ich daran zu glauben aufhörte, weil solche Männer nicht hierher gehen und ich für alle nur ein gegen Geld zu habendes Mädchen war, sogar dann wusste ich, ich würde nicht hierbleiben können.
Die Tage verstrichen, und ich war in ständiger Sorge, was mit mir sein, wohin ich mich mit dem Baby wenden sollte.
Irgendwie nahm ich dann aber doch meinen Mut zusammen und suchte Schartsetseg in ihrer Kammer auf, ob sie nicht von einer billigen Unterkunft irgendwo in der Stadt wüsste. Das wollte ich sie fragen, aber sie war schneller. Der Bauch war für ein geübtes Auge schon sichtbar, und deshalb blitzte, als ich eintrat, in ihren Augen ein listiges Lächeln auf, und Gelbe Blume fing sofort an, ich müsse ihr nichts erzählen, Chiroko hätte schon vielen geholfen, und wenn ich wolle, würde sie gleich morgen jemanden mit mir zu ihr schicken. Sobald es um das Unglück von jemandem ging, war Schartsetseg prompt und verlässlich. Sie arrangierte alles. Damals, als das mit Magi passierte, war sie gleich am nächsten Tag da gewesen. Als ich aber nach einer Wohnung fragte und sagte, ich würde Chirokos Hilfe nicht brauchen, wurde sie kühl und kurz angebunden, mit einer Unterkunft könne sie mir nicht helfen, darum müsse ich mich selbst kümmern, und sie habe
jetzt jede Menge Arbeit, doch solle ich es sie, falls ich es mir anders überlege, wissen lassen, sie hätte damit Erfahrung.
Ein paar Tage verflogen wie nichts, und dann kippte ich um.
Ich hatte mich schon vom Morgen an schwach gefühlt, mich kaum auf den Beinen gehalten. Nara nahm mir ein paar Männer ab, und ich ging zu Bett.
Ich erwachte mit Gewissensbissen, weil Nara nicht das erste Mal für mich einsprang und ich mich nicht revanchieren konnte. Ich wankte aus dem Zimmer, vor meinen Augen tanzte das Licht in orangeroten Kreisen, und mit den Ellbogen stieß ich ans Geländer. Mein Kopf hing mir schwer auf die Brust, mein Blick schweifte ins Erdgeschoss, und dort ging soeben die Tür auf, und Papa segelte herein.
Dann krachte es, ich hatte mir Kopf und Hand schlimm gestoßen, mein Herz flatterte noch bis zum nächsten Tag in meiner Brust wie ein Weißling in
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