Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Titel: Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hulova
Vom Netzwerk:
Bräute früher zu Mamas Zeiten trugen, weil so ein Kübel zum Tragen zu schwer ist. Najma redete von seinen Brüdern und von seinem Hund, den er als winselndes Wolfsjunges gefunden hatte. Von Hochzeit kein Wort, aber ich ließ mich nicht beirren. Ein anständiger Mann lässt sich nicht so lange vor einem Mädchen über seine Sachen aus und schleppt sie nicht zu sinnlosen Fahrten mit, die er alleine erledigen kann, und Najma war anständig. Er machte, was Papa ihm sagte, und nahm sich immer von selbst aller schweren Arbeiten an, obwohl ihn niemand darum bat. Soviel wie in diesen Monaten vor der Hochzeit hat mir Najma später nie mehr erzählt. Auf solche Sachen ist nach der Hochzeit keiner besonders neugierig, und es ist auch keine Zeit dafür. Der Mann muss auch seine Frau nicht mehr umwerben, sie gehört für ewige Zeiten ihm, und so spricht man im Ger von der Herde und weist die Kinder zurecht. Mir ist von seinen Anbahnungsgesprächen praktisch nichts mehr in Erinnerung. Geredet muss werden, wenn zwei heiraten wollen, sie müssen miteinander auf Felsblöcken herumsitzen und sich von ihren Familien erzählen, aber das Wahre ist es nicht. Ich wollte rasch ein eigenes Ger und ein Baby, das Najmas dunkle Augen haben würde, einen Jungen, wegen des Ansehens. So leicht ging es aber nicht. Najma sagte mir, er habe schon jemanden bei ihnen in seiner Gegend. Tsoboo und Ariuna hatten für ihn eine Frau abgesprochen, die ihm immer schon gefallen hatte, und die wartete jetzt auf ihn, und er hatte ihr sein Wort gegeben.
    Sogar damals verschonte ich alle mit meinen Tränen. Ihm sagte ich, es wäre Zeit, ins Ger zurückzukehren. Und ich muss gestehen, er hatte mir einen Hieb versetzt wie einem Stück Vieh.

    Die Steine warfen schon lange Schatten, und Mama wartete mit den Chuuschuur.
    Nur die Stimme versagte mir ein wenig. Das Wort Ger hatte etwas jämmerlich geklungen und war dann gleich in dem Gerassel untergegangen, als ich mich überstürzt auf meine Stute warf, und Najma bummelte wortlos auf seinem Schecken hinter mir her. Als wäre nichts passiert.
    Mama verschwieg ich alles und spürte im Rücken ihren zufriedenen Blick, wenn ich ihr zuwinkte und mit Najma spazieren ging. Er sprach wieder von den Brüdern und den jungen Tieren, denen er auf die Welt geholfen hatte, und ich setzte mich lediglich um ein Stück weiter weg von ihm hin und spielte mit Steinchen, und wenn er aufhörte, fing ich nicht mit etwas von mir an, und während dieser Pausen glänzten Tropfen der Verstimmung auf seiner Stirn.
    Ich hörte nicht auf zu lächeln und bat ihn, wenn er sich den Deel an einem Gestrüpp zerriss, wie früher, ihn mir zu geben, und flickte ihn.
    In diesen Tagen blickte er mir nicht in die Augen, und wenn ich ihm Suppe nachgoss und unsere Blicke sich zufällig kreuzten, warf er ratlos die Hände auseinander. Aber er war nicht machtlos. Obwohl er mitgenommen wirkte, hatte ich kein Mitleid mit ihm. Der Seinigen wünschte ich nur das Schlimmste und im Fall, dass er mich stehen ließe, ihm auch. Kein Wind trocknete meine Tränen, es gab keine.
    Ich kann die Zähne zusammenbeißen.
    Nachdem das eine Zeitlang so gegangen war und wir wieder einmal allein waren, brach es aus Najma unerwartet hervor, sollte er mir zuwider sein, möge ich ihn fortschicken, und er würde gehen und sich kein einziges Mal umsehen. Er nahm mich bei der Hand, ich riss mich aber los und trieb mein Pferd
an. Er rief mir meinen Namen nach, er tönte zwischen den Felsen. Er holte mich ein, ich stieg ab und er warf mich zu Boden. Ich schloss nur die Augen und er presste meine Arme mit seinen Händen zusammen wie ein Skorpion, und dann ließ er mich los und ging. Am nächsten Morgen war er verschwunden.
    Nur bei Vater hatte er sich entschuldigt, er hätte daheim etwas zu erledigen, und nach fünf Tagen kam er zurück und kniete sich vor meine Eltern hin.
    Von Zeit zu Zeit kriselt es immer zwischen zwei Menschen.
    Ich glaubte nie, nur als Einzige Kummer zu haben.
    Jedermann kennt das, aber ich hatte es verstanden, mir einen Mann auszusuchen, der mich hinter seinem breiten Rücken versteckte, sooft ich mit etwas zu ihm kam. Wenn ich ein dunkles warmes Versteck wollte, weil Mama wütend war und die Kinder keine Minute Ruhe gaben, gewährte er es mir. Er entzog sich nie. Ich war jung, später hörte ich schon auf, seine Berührungen zu suchen. Hin und wieder drückte er sich an mich und ich atmete in sein Haar, aber nach all den Jahren immer weniger. Wir waren zufrieden,

Weitere Kostenlose Bücher