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Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Titel: Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hulova
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Kind daher und ist bass erstaunt, dass ihr keiner um den Hals fällt und jeder nur Dzalchuu zu Dolgorma sagt.
    Eine richtig feine Dame war aus unserer Dzaja geworden. Und ungeschickt war sie wie eine geborene Städterin. Was ihre weißen Hände die ganze Zeit gemacht haben, möchte ich gar nicht wissen. Darüber konnte man mit ihr aber nicht reden. Sie begann sich zu winden, und wenn sie dann doch was ausspuckte, konnte man es, so rot wie sie immer wurde, nicht glauben. Mir kam oft das Schlimmste in den Sinn, aber Schwester ist Schwester, und mit den schönen Geschenken hat sie es stets geschafft, uns den Mund zu stopfen.
    Einmal machten wir uns gemeinsam auf den Weg, um nach einer kranken Stute zu sehen, etwas Schlechtes lag in der Luft, und daher verloren die Stuten Milch, und ihr Fell wurde glanzlos und verklebte zu Klumpen, zwischen denen die weiße grindige Haut durchschimmerte. Sie waren krank, und Dzaja sagte, schauen wir sie uns an und probieren wir, ob uns was einfällt. Dolgorma war damals schon größer, sie
hing wie eine Klette an Najma, und ich blickte sie schon nicht mehr so scheel an wie früher.
    Dzaja sagte, dass das Mädchen bei uns sein könne, mache sie sehr glücklich, weil Dolgorma ein braves Kind sei, und wir würden sie mit der Zeit ins Herz schließen, weil es einfach gar nicht anders möglich wäre, und die Kleine würde uns jedes liebe Wort, jedes Lob bereitwilligst vergelten, und ein einziger Blick würde angeblich genügen, damit mir klar würde, was das alles für sie bedeutete und dass es nicht leicht wäre. Dolgorma sei kein Landmädchen, würde angeblich aber eines werden. Das beteuerte sie hoch und heilig. Sie wird eines, wenn wir nur ein Weilchen warten, nur ein bisschen Geduld aufbringen würden, sagte sie und atmete schwer, keuchte wie ein abgehetzter Hund, weil wir bergauf gingen und sie es nicht gewohnt war.
    Ich wollte von den kranken Stuten sprechen, weil Dolgorma irgendwo hinter dem Ger herumtollte und kerngesund war und mir der Stock in der Hand brannte, den ich mir, um zwischen den Steinen nicht zu straucheln, genommen hatte, und ich merkte, wie sie wie eine alte Oma gegen jeden Kieselstein stieß.
    Wenn jemand anderer sich gerührt zeigte, hat mich das immer unsicher gemacht, ich fing also mit der Milch an, und Dzaja nickte dazu, und als ich sagte, die Stutenkrankheit wäre in zwei Wochen verschwunden, stimmte sie zu und sagte, ja, ja, Ojuna, in zwei Wochen wird alles vorüber sein.
    Ich habe noch nie den umflorten Blick anderer Leute sehen wollen, ich fürchtete mich davor wie ein Mangas vor schwarzen Raben.
    Ich bin nur meinen Kindern eine Mutter, und es ist mir unmöglich, den Kopf von jemand anderem zwischen meine
Hände zu nehmen, und Dzaja rückte beim Gehen immer dichter an mich heran, und ich hörte schon das Rascheln, wie unsere Deels sich aneinanderrieben, und dann blieben wir stehen, weil sogar mir allmählich die Luft ausging, und Dzajas Kopf fiel auf meine Schulter und sie ließ ihn dort liegen. Ich zuckte nicht zurück, ich ertrug diese Last. Wenn ich mir nur zurede, kann ich mich über alles hinweg versetzen. Ich stand da wie ein kalter Fels, und Bäche ätzenden Schweißes verbrannten meinen Rücken. Wenn eine Frau sich so an eine andere drückt, bedeutet das, dass ihr ein Mann fehlt, der in ihren Haaren wühlt. Ich hatte mich seit der Zeit, da ich aufgehört hatte, mich an Mamas Rock zu klammern, nie an eine Frau gedrückt, und mir war auch manchmal bang.
    Eine Frau muss ihr Glück hegen, es in weiche Stoffe schmiegen und es mit ihrem Atem zwischen den Handflächen wärmen, Dzaja jedoch hat so lange auf seine Sohlen eingepeitscht, bis ihr das Glück endgültig davonlief.
    Ich sagte nicht, was mir durch den Sinn ging, ich ertrug diesen Kopf auf der Schulter, und dann gingen wir weiter. So bang ich auch manchmal war, von mir hat nie jemand auch nur eine einzige Klage gehört. Keine einzige.

    Als Najma zu uns kam und wir anfingen, miteinander ins Somonzentrum einkaufen zu fahren und in die untergehende Sonne hinein lange Gespräche über Kühe, Heilpflanzen und seine Familie zu führen, stellte ich mir immer schon ein Brautkleid mit reichem Faltenwurf vor und dachte mir eine Stickerei aus, die auf den Ärmeln am besten zur Geltung käme. Ich nickte stets zu allem, was Najma sagte, dann musste er wieder fort, und ich hatte eine Weile Zeit, über die Schuhe nachzudenken und die Haube, die ich groß haben wollte, aber
wiederum nicht so groß, wie sie die

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