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Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe

Titel: Kurzer Abriss meines Lebens in der mongolischen Steppe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hulova
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wieder mal auseinandergesetzt hatte, hat so viel von ihnen kassiert, dass er noch lange Zeit später nachts schweißgebadet erwachte. So schilderte sie es. Die zwei passten ihn ab und entrissen ihm, als er aus der Schule kam, die Schultasche und schütteten sämtliche Hefte und Bleistifte in den Staub. Jedes Mal, wenn er nach etwas griff, bekam er einen Tritt. Er rannte mit blutigen Fingern davon, erst als Erwachsene vorbeikamen, mussten Dzaja und Nara das Weite suchen. Als sie schon älter waren, konnten sie sich nicht mehr über die Buben hermachen, aber so schwach wie ich, die ihre Schikanen Mama nicht einmal richtig erzählen konnte, waren sie nie.
    Ich war froh, dass Dzaja verschwand.

    Meine Familie ist das Einzige, was ich habe. Ich wollte auch nie etwas anderes, und Tsetsegma und Zula erziehe ich zu der gleichen Einstellung.
    An Mama und Papa denke ich jeden Tag. Gleichgültig, ob ich groß aufkoche oder mich mit dem Vieh abhetzen muss, dazu finde ich immer Zeit. Von Papa blieben ein paar Sättel zurück, Stiefel und Pferdegerät. Mama hat mir Ratschläge
gegeben, die ich wiederum den Jungen weitergebe. Von jedem von ihnen steht auf unserem Tischchen ein gewelltes Foto. Einmal, vor Jahren schon, als ich Ordnung machte und das Tischchen hinaustrug, fing es gerade zu regnen an.
    Das war im Sommer gewesen. Dolgorma kam damals zum letzten Mal. Gerade rechtzeitig, um Papa noch lebend anzutreffen.
    Mama und er nahmen sie zu sich in ihr Ger. Ich konnte nicht ständig mit ihnen zusammen sein, unser Ger war voll. Ich sagte mir: Lernt das Mädel wenigstens den Umgang mit Alten. Ich brauchte Hilfe, vor allem mit Mama. Ich spürte, sie würde es nicht mehr lange aushalten, und wie man es auch dreht und wendet, Dolgorma war ihre Enkelin, also was ist schon dabei.
    Weder Dzaja noch Nara waren hier während Mamas und auch Papas letzten Tagen. Dolgorma fuhr schon ein paar Wochen vorher weg.
    Papa rührte sich nicht von der Schwelle, und Mama verließ das Ger überhaupt nicht. Papa hat nie ein großes Tamtam gemacht, bei nichts, und er blieb sich treu.
    Das Tamtam machte Mama für ihn.
    Es war bis zu uns ins Ger zu hören, stundenlang. So würde sich Mama nur wegen einer einzigen Sache aufführen. Ich ging hin. Im ganzen Ger herrschte Chaos, die Keksdosen waren ausgeschüttet, und Hunde krochen über die Schwelle hinein und heraus. Die herausgerissenen Sachen hingen wie herausgestreckte Zungen von den Regalen, und der Gerträger war verschoben, Mama musste drinnen herumgelaufen sein und sich daran gestoßen haben. Ich drückte ihr einen kalten Lappen auf die Beule und schob ihr einen Stuhl unter den Hintern, damit sie mit dem Spektakel aufhörte.

    Papa lag ordentlich ausgestreckt und still wie ein artiger Schläfer da, und ich konnte Mama verstehen, die ihn so hierbehalten wollte. Nicht einmal geseufzt hatte er angeblich, und dabei war Mama, wenn Papa nur ein wenig im Schlaf wimmerte, immer gleich auf den Beinen gewesen. Auf seinem Gesicht lag ein ruhiges Lächeln. Als wir ihn hinaustrugen, verrenkte ich mir den Rücken. Papa war schwer geworden wie ein volles Fass.
    Im darauffolgenden Sommer kam Dolgorma nicht mehr zu uns. Mama zischte wie eine Schlange. Sie wollte nur das Beste für alle, war aber maßlos und brachte das Mädchen zum Weinen. Tsetsegma und Zula warf sie vor, sie würden sie zu wenig besuchen, weil sie alt sei und ein junger Mensch sich das nicht anschauen wolle.
    Es stimmt, dass es nach Papas Tod mit Mama sehr schnell bergab ging. Ihr dünnes Zöpfchen durfte bis zum letzten Atemzug niemand anrühren, aber das war das Einzige. Sie hatte löchrige Zähne, die Beine gehorchten ihr nicht, und sie kauerte sich fröstelnd zusammen, wenn uns anderen der Schweiß aus allen Poren rann. Für etwas hatte sie aber immer noch genug Kraft. Mit ihren Krallen zuschlagen und das Herz ihrer Lieben böse quälen, das konnte sie. Sie tat es mit den besten Absichten, wenigstens glaubte ich das lange. Dass sie, statt einen tadelnden Klaps zu verabreichen, eben mit der Viehpeitsche zuschlug. Auch Mama ist nur eine Frau, und auch böse Frauen sind jemandes Mutter.
    Dem Namen Alta, dem Namen unserer Mutter, wird vermutlich nicht das Ansehen von Dolgormas Namen beschieden sein. Und das, obwohl Dzaja mit ihrer Geschichte übertrieb und sie nie mehr jemand von dem Brandzeichen einer Lügnerin befreien wird.

    Als Dzaja vor einigen Monaten für immer zu uns kam, hatte sie Dolgorma nicht dabei. Sie wäre eine erwachsene Frau und kein

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