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Kurzgayschichten

Kurzgayschichten

Titel: Kurzgayschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Meyer
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warm.
    Der zweite Aufschrei erfolgte nach dem Blick in den Spiegel.
    Es gab Leute, die sahen morgens wirklich beschissen aus und andere Leute, die konnten das noch übertrumpfen. Meine Augenringe schienen meine Wangenknochen küssen zu wollen.
    Sie würden sicher weniger auffallen, wenn ich sie in Regenbogenfarben anmalen würde.
    So sieht man also aus, wenn man den gesamten Sonntag mit Heulen und Deprimusik verbracht hat.
    Gefühle konnten ja so anstrengend sein und obendrein furchtbar hässlich machen.
    Ich kämmte mir die Haare ins Gesicht um meine Mitmenschen nicht völlig abzuschrecken und begab mich dann schlurfend und mit herzlich wenig Elan in die Küche.
    Mein Bruder verdrückte lautstark kauend eine Schale Cornflakes.
    Er sah mich kurz an. „Man siehst du beschissen aus!“
    Ich lächelte gütig und toastete mir ein Stück Weißbrot.
    Es war schön, eine Familie zu haben, die voll hinter einem stand und für einen da war.
    Ich nahm den Toast, aß ihn ohne Belag und trank kurz ein Glas Saft, bevor ich mich auf den Weg machte.
    Dass meine Schuhe noch nicht zugebunden waren und dass mein Hemd seltsam aus meiner Hose hing, interessierte mich herzlich wenig. Ich hatte keinen großen Grund mehr mich chic zu machen, das Ziel meiner Wünsche war hetero und mit einem roten Monstrum verlobt.
    Und das mit 18 Jahren! So etwas war eigentlich widerlich, auch wenn der, der es getan hatte, einen athletisch gebauten, geilen Knackarsch vorzuweisen hatte.
    Verdammt, dieser Mann war einfach zu geil um ihn an die kindergeile Frauenwelt zu verschwenden, er sah so unglaublich scharf aus, dass er einfach schwul sein musste, er verstieß ja geradezu gegen die Gesetzte der Natur. Geile und gut aussehende Männer mussten schwul sein, er brachte das gesamte System durcheinander! Es war zum Verzweifeln.
    Ich war ein armseliger Schwuler, in der Blüte seiner Jugend und erst einen Fick hinter sich, dazu unsterblich in einen Rocksänger verliebt, der weder berühmt noch homo war und sich lieber an lästige, hässliche Weiber band.
    So euphorisch wie eine Folienkartoffel im Ofen setzte ich mich auf meinen Sitzplatz neben Ted, der mich entsetzt musterte. „Mein Gott, du siehst schrecklich aus, Süßer, du hast doch nicht etwa wirklich den ganzen Sonntag über nur geheult?“
    Ich antwortete nichts, das würde Antwort genug sein.
    Ted strich mir sorgfältig das Haar zurück, zupfte die einzelnen Strähnen in Form.
    „Joshi, du brauchst dringend Sex, du klammerst dich ja so an diesen Kerl, dass du die Vorzüge deiner Jugend gar nicht richtig ausnutzt.“
    Er hatte ja Recht, aber ich war nun mal kein gefühlloser Trottel, der einfach so damit umgehen konnte, dass sein Schwarm verlobt war. Ich konnte jedenfalls nicht sofort im Anschluss gedankenlos von einem Bett zum nächsten hüpfen.
    Ted zupfte nun auch mein Hemd zurecht, sah mich ernst an.
    „Du wirst morgen mit auf eine nette Party gehen und dir etwas Hübsches aussuchen und wehe wenn nicht!“
    „Vergiss es, mir ist nicht nach Party zumute!“, protestierte ich auch gleich.
    „Du wirst gar keine andere Wahl haben als mitzukommen, ich werde dich aus deiner Wohnung schleifen, wenn du nicht freiwillig mitkommst! Ich sehe es schon, aus dir wird noch eine blasshäutige Gothicschwuppe und dann bring ich dich um, bevor du auf Suizidgedanken kommen kannst!“
    Als er endlich mit seinem Redeschwall fertig war, hielt auch schon der Bus vor unserer Schule.
    Ich würde mich eher in meiner Wohnung verbarrikadieren als zu irgend so einer dämlichen Party von Teds Fickfreunden zu gehen. Ich hatte jetzt andere Probleme.
    Die Biologiestunde würde schnell umgehen, aber danach hatte ich Deutsch, das hieß, dass ich ihn wiedersehen würde. Bei dem Gedanken daran wurde mir heiß und kalt gleichzeitig.
    Es war so schwer sich eine Droge abzugewöhnen, die so verdammt sexy und verboten gut aussah.
    Seufzend setzte ich mich in den Bioraum, der Spaß für alle Sadisten und solche, die es noch werden wollten. Hier gab es in Alkohol eingeweckte Babys und niedliche kleine Tiere, deren Eingeweide entfernt wurden und die fast wie Stofftierchen wirkten.
    Ich verbrachte die Stunde damit einen dümmlich aussehenden, halbierten und eingelegten Fisch zu betrachten, der mich ein wenig an eine gewisse Rothaarige Person erinnerte, die gut und gerne seinen Platz hätte einnehmen dürfen.
    Es klingelte zum Stundenende und ich bekam fast schon Panik.
    Ich würde ihn wiedersehen.
    So unauffällig langsam wie möglich

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