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Kuschelmuschel

Kuschelmuschel

Titel: Kuschelmuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Dahl
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nicht nach Ismailia», sagte er. «Ich bin hierher gekommen, um die Post zu holen. Mein Haus - das überrascht Sie vielleicht - ist hier ganz in der Nähe. Sehen Sie den Berg dort? Das ist der Maghara. Ich wohne unmittelbar dahinter. »
     
Ich blickte zu dem Berg hinüber. Er lag ungefähr fünfzehn Kilometer nördlich, eine gelbe Felsmasse, vielleicht siebenhundert Meter hoch.
     
«Ist das Ihr Ernst? Sie haben mitten in dieser... dieser Einöde ein Haus? », fragte ich.
     
«Sie glauben mir nicht? », meinte er lächelnd.
     
«Selbstverständlich glaube ich Ihnen», antwortete ich. «Mich überrascht nichts mehr. Außer vielleicht», und hier erwiderte ich sein Lächeln, «außer, dass ich mitten in der Wüste einen Fremden treffe, und er behandelt mich wie einen Bruder. Ich bin überwältigt von Ihrem Angebot. »
     
«Unsinn, mein lieber Freund. Meine Motive sind durchaus egoistisch. Zivilisierte Gesellschaft kann man in dieser Gegend nicht so ohne weiteres haben. Ich bin entzückt bei dem Gedanken, einen Gast zum Dinner zu haben. Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle - Abdul Aziz. » Er machte eine schnelle kleine Verbeugung.
     
«Oswald Cornelius», sagte ich. «Es ist mir ein Vergnügen. » Wir schüttelten uns die Hand.
     
«Ich lebe sonst in Beirut», sagte er.
     
«Ich lebe in Paris. »
     
«Wundervoll. Und nun - wollen wir los? Sind Sie bereit? »
     
«Aber mein Wagen», sagte ich. «Kann ich ihn hier wohl beruhigt zurücklassen? »
     
«Machen Sie sich da keine Sorgen. Omar ist ein Freund von mir. Er sieht zwar nicht sehr vorteilhaft aus, der arme Kerl, aber Sie können sich auf ihn verlassen, wenn Sie bei mir zu Gast sind. Und Saleh, der andere, ist ein guter Mechaniker. Saleh wird Ihnen Ihren neuen Keilriemen einsetzen, wenn er morgen da ist. Ich werde es ihm sagen. »
     
Saleh, der Mann von der anderen Straßenseite, war unterdessen herübergekommen. Mr. Aziz gab ihm seine Anweisungen. Dann befahl er den beiden Männern, auf den Lagonda aufzupassen. Er sprach kurz und bestimmt. Omar und Saleh standen da, machten Verbeugungen und scharrten beflissen mit den Füßen im Sand. Ich ging hinüber zu meinem Lagonda, um mir einen Koffer zu holen. Ich hatte dringend einen Kleiderwechsel nötig.
     
«Ach, übrigens», rief Mr. Aziz zu mir herüber, «ich trage beim Dinner gewöhnlich einen Smoking. »
     
«Natürlich», murmelte ich, stieß schnell den Koffer zurück, den ich gewählt hatte, und nahm einen anderen.
     
«Ich tue es hauptsächlich der Damen wegen. Sie machen sich zum Dinner gern schön. »
     
Ich drehte mich jäh um und sah ihn an, aber er stieg schon in seinen Wagen.
     
«Fertig? », fragte er.
     
Ich nahm den Koffer und legte ihn auf den Rücksitz des Rolls. Dann kletterte ich neben ihn auf den Vordersitz, und wir fuhren los.
     
Während der Fahrt unterhielten wir uns beiläufig über dieses und jenes. Er erzählte mir, dass er im Teppichgeschäft sei. Er habe Niederlassungen in Beirut und Damaskus. Seine Familie, sagte er, sei schon seit Hunderten von Jahren in der Branche.
     
Ich erwähnte, dass ich auf dem Fußboden meines Pariser Schlafzimmers einen Damaszener Teppich aus dem 17. Jahrhundert liegen hätte.
     
«Nicht möglich! », rief er und kam vor Aufregung beinahe von der Straße ab. «Ist er aus Seide und Wolle und ist die Kettelung ganz aus Seide? Ist das Grundmuster aus Gold- und Silberfäden? »
     
«Ja», sagte ich. «Genau. »
     
«Aber mein lieber Freund! Einen solchen Gegenstand dürfen Sie doch nicht auf den Fußboden legen! »
     
«Er wird nur von nackten Füßen berührt», sagte ich. Das freute ihn. Offenbar liebte er Teppiche genauso sehr, wie ich Tschin-Hoa-Vasen liebte.
     
Wir bogen bald von der Teerzementstraße in einen harten, steinigen Weg ein und fuhren quer durch die Wüste auf den Berg zu. «Das ist meine Privatstraße», sagte Mr. Aziz. «Sie ist acht Kilometer lang. »
     
«Sie haben sogar Telefon», sagte ich, als ich die Masten bemerkte, die an der Hauptstraße abzweigten und seiner Privatstraße folgten.
     
Und plötzlich kam mir ein absurder Gedanke. Der Araber an der Tankstelle... er hatte auch Telefon... Erklärte sich vielleicht damit das zufällige Eintreffen von Mr. Aziz? War es möglich, dass mein einsamer Gastgeber eine schlaue Methode ausgeheckt hatte, Reisende von der Straße wegzukapern, um sich zum Dinner mit dem zu versorgen, was er «zivilisierte Gesellschaft» nannte? Hatte er dem Araber in Wirklichkeit strikte Anweisung

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