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Kuschelmuschel

Kuschelmuschel

Titel: Kuschelmuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Dahl
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hatte, rollte er mit einer einzigen, graziösen Bewegung von ihr herunter und schob sie mit beiden Händen zur Seite. Er schob so stark, dass sie vom Bett auf den Boden fiel.
     
Langsam kam sie wieder auf die Füße und schrie, während sie ins Badezimmer wankte, mit einer seltsam klagenden Stimme: «Ed! ... Ed! ... Ed! ...» Dann fiel die Tür ins Schloss.
     
Conrad blieb still liegen und lauschte auf die Geräusche aus dem Bad. Zuerst hörte er nur das Schluchzen, dann aber, wenige Sekunden später, hörte er außerdem das scharfe, metallische Klick einer aufspringenden Schränkchentür. Sofort richtete er sich auf, sprang aus dem Bett und zog sich hastig an. Seine säuberlich gefalteten Kleidungsstücke lagen griffbereit, so dass er in Minutenschnelle fertig war. Dann ging er zum Spiegel und wischte sich mit einem Taschentuch den Lippenstift vom Gesicht. Er zog einen Kamm aus der Jackentasche und glättete sein dünnes schwarzes Haar. Er schritt um das Bett herum und sah nach, ob er auch nichts vergessen hatte. Dann trat er behutsam, so wie man auf Zehenspitzen aus einem Zimmer schleicht, in dem ein Kind schläft, in den Hotelflur hinaus und zog leise die Tür hinter sich ins Schloss.

Bitch
Ich habe bisher erst eine Episode aus Onkel Oswalds Tagebüchern zur Veröffentlichung freigegeben. Wie Sie vielleicht noch wissen, ging es dabei um eine intime Begegnung zwischen meinem Onkel und einer syrischen Aussätzigen in der Wüste Sinai. Seit der Veröffentlichung sind inzwischen sechs Jahre vergangen, und bis jetzt ist noch niemand gekommen, um mir Unannehmlichkeiten zu machen. Ich fühle mich deshalb ermutigt, eine zweite Episode aus diesen merkwürdigen Aufzeichnungen zu veröffentlichen. Mein Anwalt hat mir davon abgeraten. Er weist darauf hin, dass einige der Beteiligten noch leben und leicht zu identifizieren sind. Er sagt, man werde mich unnachsichtig verklagen. Schön, sollen sie doch! Ich bin stolz auf meinen Onkel. Er wusste, wie man das Leben genießen soll. In meinem Vorwort zur ersten Episode sagte ich, dass sich Casanovas Memoiren neben den Tagebüchern meines Onkels Oswald wie ein Kirchenblättchen ausnehmen und dass der große Liebhaber im Vergleich zu meinem Onkel sexuell entschieden minderbemittelt erscheint. Dazu stehe ich nach wie vor, und ich gedenke es der Welt zu gegebener Zeit zu beweisen. Hier also eine kleine Episode aus Band XXIII, genau wie Onkel Oswald sie niedergeschrieben hat.
     
Paris, Donnerstag
     
Frühstück um zehn. Ich probierte den neuen Honig. Er wurde gestern in einem Zuckertopf aus altem Sevres-Porzellan abgeliefert, der den kostbaren kanariengelben Grundton aufwies, den die Franzosen jonquille nennen. «Von Suzie», stand auf dem Billett, «und vielen Dank. » Es ist nett, wenn man Anerkennung findet. Und der Honig schmeckte interessant. Suzie Jolibois besaß unter anderem ein kleines Gut südlich von Casablanca und war vernarrt in Bienen. Ihre Bienenkörbe standen mitten in einer Pflanzung von Cannabis indica, und die Bienen holten sich ihren Nektar ausschließlich von dieser Quelle. Sie lebten, diese Bienen, in einem Zustand permanenter Euphorie und hatten keine Lust zur Arbeit. Der Honig war deshalb sehr rar. Ich bestrich das dritte Stück Toast damit. Das Zeug war fast schwarz. Es hatte ein strenges Aroma. Das Telefon klingelte. Ich nahm den Hörer ans Ohr und wartete. Ich rede nie zuerst, wenn ich angerufen werde. Schließlich bin nicht ich es, der anruft. Man ruft mich an.
     
«Oswald! Sind Sie's? »
     
Ich kannte die Stimme. «Ja, Henri», sagte ich. «Guten Morgen. »
     
«Hören Sie! », sprach er. Er sprach schnell und aufgeregt. «Ich glaube, ich hab's! Ich bin fast sicher, dass ich's habe! Entschuldigen Sie, wenn ich so außer Atem bin, aber ich hatte gerade ein ziemlich phantastisches Erlebnis. Jetzt ist alles wieder in Ordnung. Alles sehr gut. Wollen Sie rüberkommen? »
     
«Ja», sagte ich. «Ich komme gleich rüber. » Ich legte den Hörer wieder auf und goss mir noch eine Tasse Kaffee ein. Hatte Henri es endlich geschafft? Wenn ja, dann wollte ich dabei sein, um an dem Spaß teilzuhaben.
     
Ich muss hier unterbrechen, um Ihnen zu erzählen, wie ich Henri Biotte kennen lernte. Vor ungefähr drei Jahren fuhr ich in die Provence hinunter, um ein Sommerwochenende mit einer Dame zu verbringen, die mich einfach deshalb interessierte, weil sie einen außergewöhnlich kräftigen Muskel hatte und zwar an einer Stelle, wo andere Frauen überhaupt keine Muskeln

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