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Kuschelmuschel

Kuschelmuschel

Titel: Kuschelmuschel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Dahl
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richtigen Geruch, die ihm über den Weg lief. Und später, im Paläolithikum und in der Jungsteinzeit, wurde er vom Geruch immer noch sexuell angeregt, wenn auch zunehmend weniger. Als um 2000 vor Christus die Hochkulturen in China und Ägypten entstanden waren, hatte die Evolution ganze Arbeit geleistet und die Fähigkeit des Menschen, sich vom Geruch sexuell stimulieren zu lassen, völlig unterdrückt. Langweile ich Sie? »
     
«Mitnichten. Aber sagen Sie, bedeutet das, dass im Geruchsorgan des Menschen eine echte körperliche Veränderung stattgefunden hat? »
     
«Keineswegs», sagte er, «wenn das so wäre, könnten wir nichts mehr daran ändern. Jenes feine System, mit dem unsere Vorfahren diese subtilen Düfte wahrnehmen konnten, gibt es noch heute. Das weiß ich. Sehen Sie, haben Sie schon mal erlebt, dass manche Leute ihre Ohren ein wenig bewegen können? »
     
«Das kann ich auch», sagte ich. Und ich tat es.
     
«Sie sehen also», sagte er, «dass der Muskel, der die Ohren bewegt, immer noch da ist. Er ist ein Überbleibsel aus der Zeit, als der Mensch noch seine Ohren nach vorn spitzen konnte, um besser zu hören - wie ein Hund. Er verlor diese Fähigkeit vor über hunderttausend Jahren, aber der Muskel ist geblieben. Und dasselbe gilt für unser Geruchsorgan. Das Nervensystem, das jene geheimen Düfte wahrnimmt, gibt es immer noch, aber wir haben die Fähigkeit verloren, es zu gebrauchen. »
     
«Wie können Sie so sicher sein, dass es noch existiert? », sagte ich.
     
«Wissen Sie, wie unser Geruchssinn funktioniert? », fragte er.
     
«Nicht genau. »
     
«Dann werde ich es Ihnen sagen, denn andernfalls kann ich Ihre Frage nicht beantworten. Passen Sie bitte genau auf. Durch die Nasenlöcher wird Luft eingesogen, und sie passiert die drei Nasenmuscheln im oberen Teil der Nase. Hier wird sie erwärmt und gereinigt. Die warme Luft streicht nun weiter oben über die beiden Hälften des Riechfeldes hinweg, das durch die Nasenscheidewand getrennt ist. Dieses eigentliche Riechorgan besteht aus zwei gelblichen Gewebetupfen, die jeweils rund 120 Quadratmillimeter groß sind. In dieses Gewebe sind die Nervenfasern und Nervenenden des Riechnervs eingebettet. Jedes Nervenende besteht aus einer Riechzelle, die ein Büschel winziger Riechhärchen trägt. Diese Härchen arbeiten als Rezeptoren oder, besser gesagt, als Empfänger. Werden die Empfänger von Duftmolekülen gekitzelt oder gereizt, senden sie Signale zum Gehirn. Wenn Sie zum Beispiel morgens die Treppe hinuntergehen und in Ihren Nasenlöchern die Duftmoleküle von gebratenem Schinkenspeck schnuppern, reizen diese Moleküle ihre Empfänger, und die Empfänger schicken sofort ein Signal über den Riechnerv ins Gehirn. Das Gehirn deutet dieses Signal dann je nach Art und Intensität. Und in diesem Augenblick rufen Sie aus: »
     
«Ich esse nie Schinkenspeck zum Frühstück», sagte ich.
     
Das ignorierte er.
     
«Diese Empfänger», fuhr er fort, «diese winzigen Riechhärchen sind für uns das Entscheidende. Und jetzt werden Sie mich gleich fragen, wie um alles in der Welt diese Härchen ein Duftmolekül vom anderen unterscheiden können - sagen wir einmal Pfefferminz von Kampfer. »
     
«Ja, wie können sie das? », fragte ich. Es interessierte mich.
     
«Passen Sie jetzt aber bitte genau auf», sagte er. «Am Ende jedes Empfängers befindet sich eine Einbuchtung, eine Art Becher, nur dass er nicht rund ist. Das ist der eigentliche Empfänger. Stellen Sie sich nun Tausende von diesen winzigen Riechhärchen mit winzigen Bechern vor, die sich wie die Haare von Seeanemonen in allen Richtungen bewegen und darauf warten, dass ihre Becher alle vorbeikommenden Duftmoleküle einfangen. Das ist es nämlich, was tatsächlich passiert. Wenn Sie einen bestimmten Geruch wahrnehmen, strömen die Duftmoleküle der Substanz, die den betreffenden Geruch verursacht, in Ihre Nasenlöcher und werden von den kleinen Bechern, den Empfängern, eingefangen. Jetzt ist aber folgendes wichtig. Die Moleküle haben alle möglichen Formen und Größen. Auch die kleinen Becher oder Empfänger sind verschieden geformt. Die Moleküle setzen sich deshalb nur in den Empfängern fest, die zu ihnen passen. Pfefferminzmoleküle gelangen nur in besondere Pfefferminzempfänger. Kampfermoleküle, die ganz anders geformt sind, passen nur in die speziellen Kampferempfänger und so weiter. Es ist genau wie bei den Spielzeugen für Kleinkinder, bei

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