Kuschelmuschel
hinweg sah sie, wie Conrad sie missbilligend beobachtete, während sie trank. Sie lächelte ihn strahlend an.
«Wenn du operierst, hast du doch auch nichts dagegen, ein Betäubungsmittel anzuwenden, oder? », fragte sie.
«Bitte, Anna, sag so was nicht. »
«Ich fange an zu schweben», sagte sie.
«Das sehe ich», antwortete er. «Warum hörst du nicht auf? »
«Was hast du gesagt? »
«Ich sagte, warum hörst du nicht auf? »
«Soll ich dir sagen, warum? »
«Nein. » Er machte eine Handbewegung, als wollte er ihr das Glas wegnehmen. Deswegen hob sie es hastig an die Lippen und stürzte den Rest Martini hinunter. Sie stülpte es für Sekunden fast um, damit auch der letzte Tropfen in ihre Kehle rann.
Als sie Conrad wieder ansah, legte er dem Kellner gerade einen Zehndollarschein aufs Tablett, und der Kellner sagte beflissen: «Danke, Sir. Vielen Dank! » Dann merkte sie, dass sie aus der Bar schwebte und von Conrad am Ellbogen mit leichter Hand durch die Hotelhalle zu den Fahrstühlen dirigiert wurde. Sie schwebten in den 21. Stock hinauf, den Flur entlang zu ihrer Tür.
Sie fischte den Schlüssel aus ihrer Handtasche, schloss auf und schwebte ins Zimmer. Conrad folgte ihr und schloss die Tür. Dann packte er sie plötzlich, schloss sie in seine starken Arme und begann sie voller Hingabe zu küssen.
Er küsste sie auf den Mund, die Wangen, den Hals und holte zwischen den Küssen immer wieder tief Atem. Sie betrachtete ihn mit weit offenen Augen, sonderbar unbeteiligt, sah ihn wie in einer Großaufnahme vor sich, so etwa wie man das Gesicht des Zahnarztes vor sich sieht, wenn er an einem oberen Backenzahn arbeitet.
Und dann steckte Conrad plötzlich seine Zunge in ihr Ohr. Es wirkte auf sie wie ein elektrischer Schlag. Es war, als wäre ein Stecker mit 200 Volt in eine Steckdose geschoben worden, und alle Lichter gingen an. Ihre Knochen begannen zu schmelzen, und der heiße Schmelzfluss rann in ihre Glieder, bis sie in Flammen aufging. Es war die gleiche herrliche, wilde, rücksichtslose, flammende Explosion, wie Ed sie früher so oft bei ihr ausgelöst hatte, wenn er sie nur mit der Hand berührte. Sie warf die Arme um Conrads Hals und küsste ihn weit leidenschaftlicher, als er sie je geküsst hatte. Und wenn er zunächst auch aussah, als fürchte er, sie werde ihn bei lebendigem Leibe verschlingen, gewann er doch bald sein Gleichgewicht wieder.
Anna hatte nicht die leiseste Ahnung, wie lange sie dort standen und sich so hingebungsvoll küssten, aber es musste ziemlich lange gewesen sein. Ein solches Glücksgefühl durchströmte sie... ein solches Vertrauen endlich wieder, ein so plötzliches, überwältigendes Selbstvertrauen, dass sie sich am liebsten die Kleider vom Leibe gerissen und mitten im Zimmer einen wilden Tanz für Conrad aufgeführt hätte. Aber so etwas Närrisches tat sie nicht. Statt dessen schwebte sie einfach davon, zum Bett hinüber, und setzte sich hin, um wieder zu Atem zu kommen. Conrad setzte sich sogleich neben sie. Sie legte den Kopf an seine Brust und genoss es, dass er ihr sanft über die Haare strich. Dann öffnete sie einen Knopf an seinem Hemd, schob ihre Hand hinein und legte sie auf seine Brust. Zwischen den Rippen spürte sie das Schlagen seines Herzens.
«Und was muss ich da sehen? », sagte Conrad auf einmal.
«Was musst du wo sehen, Liebling? »
«Auf deiner Kopfhaut. Dagegen musst du aber was tun, Anna. »
«Tu es für mich, Liebster. »
«Im Ernst», sagte er. «Weißt du, wie das aussieht? Wie ein winziges Anzeichen von androgener Alopezie.»
«Wunderbar! »
«Keineswegs wunderbar. Es ist eine Entzündung der Haardrüsen, die mit der Zeit zu einer Glatze führen kann. Das kommt bei älteren Frauen häufiger vor. »
«Ach, hör schon auf, Conrad! » Sie küsste ihn sanft auf den Hals. «Ich habe wundervolles Haar. »
Sie richtete sich auf und zog ihm die Jacke aus. Dann löste sie seine Krawatte und schleuderte sie quer durchs Zimmer.
«Hinten an meinem Kleid ist ein kleiner Haken», sagte sie. «Würdest du ihn bitte öffnen? »
Conrad öffnete den Haken, zog den Reißverschluss herunter und half ihr aus dem Kleid. Darunter trug sie einen sehr hübschen hellblauen Unterrock. Conrad hatte, wie die meisten Ärzte, ein normales weißes Hemd an, dessen Kragen jetzt offen stand. Und das war ihm sehr recht. Rechts und links an seinem Hals liefen kräftige Muskeln entlang, und wenn er den
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