Kuss der Nacht - Band 02
Meister, unter dessen Schutz du stehst«, erwiderte Bones in ruhigem Tonfall. »Du weißt doch noch, wie ich dir erzählt habe, dass Vampire in einer Art Feudalsystem leben, oder? Erschafft ein Vampir einen neuen, steht dieser unter seinem Schutz, entsprechend verhält es sich mit dem Großmeister. Aber du wurdest nicht zum Vampir gemacht -du bist schon so auf die Welt gekommen, deshalb fühlt sich kein Vampir für dich verantwortlich. Du hast somit keinen Meister, der dich vor Angriffen von Außenstehenden schützt.«
»Wenn ich also Max finde und einfach umbringe, könnte das zu einem regelrechten Krieg mit Ians Leuten führen. Als hätten wir nicht schon genug Probleme mit deinem weibstollen Erzeuger.«
Bones nickte. »Deshalb werde ich deinen Status innerhalb der Vampirgesellschaft ändern. Ich werde dich unter meinen Schutz stellen, aber zuerst muss ich mich von Ians Sippe lossagen. Sonst unterstehen meine Leute auch Ian, der ja das Oberhaupt unserer Sippe ist. Aus diesem Grund treffen wir uns heute mit Mencheres. Habe ich ihn auf meiner Seite, wird Ian es sich auf jeden Fall zweimal überlegen, ob er Rache an mir nehmen will.«
»Hat Ian eigentlich gewusst, dass du nach mir suchst. . vorher, meine ich?«
»Nach eurem Zusammenstoß, ja. Ich habe ihm weisgemacht, ich wäre hinter dir her, damit dir nicht noch mehr Untote zum Opfer fallen. Er hat mir dann offenbart, dass er völlig vernarrt in dich ist - und was du über unsere Beziehung erzählt hast. Daraufhin habe ich ein paar äußerst unfeine Dinge gesagt, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen.
»Was zum Beispiel?«
»Mal nachdenken. . Ich habe ihm erzählt, du würdest an allem herummäkeln, furchtbar laut schnarchen und es im Bett überhaupt nicht bringen. Oh, und waschen würdest du dich auch nicht.«
»Wie bitte?«
Er lachte in sich hinein. »Aber Kätzchen, ich wollte doch nur dein Bestes. Immerhin hast du mich ja als Abzocker beschimpft, der dir deinen schwer verdienten Lohn vorenthält. Um meinen Ruf warst du also auch nicht gerade besorgt, oder?«
»Ich wollte dich schützen, nicht in den Dreck ziehen!«
»Genau wie ich. Aber Ian hat mir kein Wort geglaubt und wollte sich nicht von seiner fixen Idee abbringen lassen. Ganz verrückt war er nach dir. Nicht so sehr wie ich, natürlich, aber das konnte er ja nicht wissen.«
Ich würde später noch einmal auf Bones' Abschreckungsmaßnahme zurückkommen. Schließlich hätte er mich ja nicht unbedingt als quengelige, ungewaschene, Arien schnarchende Erektionsbremse darstellen müssen.
Vor uns teilte sich der Gang. Diesmal wählte Bones die linke Abzweigung, und wir drangen tiefer in die Eingeweide der Universität vor. Ungestört sind wir hier jedenfalls, dachte ich. Wir befanden uns bestimmt fünfzehn Meter tief unter der Erde.
»Wie wäre es, wenn du einfach Ian umlegst, und ich übernehme Max?«, murmelte ich. »Wenn du mich fragst, würde das den Untoten einen ganzen Haufen politisches Durcheinander ersparen.«
Bones blieb stehen. Er packte mich bei den Schultern. Sein Gesichtsausdruck war sehr ernst.
»Wäre ich gezwungen, zwischen dir und Ian zu wählen, dann ja, Kätzchen, dann würde ich kurzen Prozess mit ihm machen. Aber trotz der vielen Streitigkeiten, die wir über die Jahre hinweg hatten, und der Tatsache, dass er sich dir gegenüber wie ein rücksichtsloses Arschloch verhält. .«, Bones schloss kurz die Augen, »bindet mich einiges an ihn«, beendete er schließlich seinen Satz. »Ian hat mich zu dem gemacht, was ich bin, und er ist seit über zweihundert Jahren ein fester Bestandteil meines Lebens. Besteht die Möglichkeit, diese Angelegenheit ohne Blutvergießen zu regeln, wäre mir das sehr recht.«
Eine Welle der Scham durchlief mich. Blöde Kuh, schalt ich mich. Das hättest du dir wirklich denken können.
»Tut mir leid. Natürlich kannst du ihn nicht einfach umbringen. Ich konnte es ja auch nicht, nachdem ich erfahren hatte, wer er ist.«
Bones' Lächeln wirkte ein wenig bitter. »Vielleicht bin ich bald gezwungen, ihn zu töten. Aber dann weiß ich wenigstens, dass ich keine andere Wahl hatte.«
Wir gingen weiter. Ab und zu zeigten Graffiti an den Wänden an, dass doch manchmal jemand in den Gängen herumgeisterte.
»Wozu ist das Tunnelsystem eigentlich gut?«
»Der größte Teil war für Dampfrohre gedacht«, antwortete Bones. »Damit wurde die Universität beheizt. Heute sind hier auch Telefon-, Computer-und Elektrokabel verlegt. Teilweise reichen die Gänge bis
Weitere Kostenlose Bücher