Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
überhören. Sie war in ihrem persönlichen Paradies angekommen. Lächelnd schloss sie die Augen, die Arme hinter ihrem Kopf verschränkt.
Kapitel 10
London - Frankfurt, Herbst 2012
«Süß, deine Angst.»
„Du glaubst tatsächlich dran? Was wäre, wenn ich dir erzählen würde, dass ich dich in meinem Traum verführt habe?“ Na und? Was tat das jetzt zur Sache? Wütend rupfte ich ein Prospekt aus dem Netz des Sitzes vor mir, ein lächerlicher Versuch, mich irgendwie zu beruhigen.
„Hey, tut mir leid. Es war blöd von mir, es ins Lächerliche zu ziehen.“ Ich seufzte, stopfte den Prospekt zurück und versuchte zu lächeln. Ich war schon wieder etwas besänftigt durch seine Entschuldigung. „Schon gut. Es gibt nun mal Dinge, an die ich glaube. Halte mich für verrückt, aber mit unseren Träumen möchte das Unterbewusstsein uns etwas sagen.“ Sam sah mich schuldbewusst an, so dass ich mich wieder etwas beruhigte.
„Ich respektiere das, Anna. Ich glaube aber nun mal nicht an solche Dinge.“
„Glauben ist zuviel gesagt, Sam. Aber ich lebe schon lange genug, um sagen zu können, es gibt mehr, als das, was wir täglich wahrnehmen. Ich bin da einfach ein bisschen sensibel. Aber lass uns nicht mehr darüber sprechen.“ Sam nickte abwesend.
Das Flugzeug würde gleich aufsetzen. Gebannt starrte ich aus dem Fenster, sah unter mir das Frankfurter Kreuz, den Isenburger Wald, über den wir rauschten, schließlich die A 5, über die wir schwebten. Das war der Moment, vor dem ich am meisten Angst hatte. Die Landung. Je öfter ich in meinem langen Leben geflogen war, desto mehr hatte ich das Gefühl, ich würde mein Schicksal herausfordern und irgendwann … ja, irgendwann würde etwas passieren. Verkrampft umklammerte ich die Armlehnen und versteifte mich, als es polternd aufsetzte und direkt abbremste. Erleichtert atmete ich auf. Sam grinste mich an.
„Süß, deine Angst.“ Was zum Henker war daran süß? Ich verkniff mir eine Bemerkung, schnallte mich ab, obwohl wir noch nicht die endgültige Parkposition erreicht hatten.
„Was geschieht jetzt?“, fragte Sam und rieb sich den Nacken, rollte mit den Schultern, offenbar, um die Verspannung loszuwerden.
„Am Flughafen wartet ein Recruitment Venatio. Ich gehe davon aus, dass Katja ihn kennt.“ Das Flugzeug wendete, viel zu langsam. Ich wollte endlich aufstehen, meine kribbelnden Beine bewegen, Luft schnappen.
„Sorry. Sagst du mir noch einmal, was ein Recruitment Venatio ist? So ganz hab ich das nicht kapiert.“
„Sie sind verantwortlich für die neuen Venatio und ziemlich fit mit dem Computer. Dadurch haben sie die Möglichkeit, die Nachzügler aufzufinden und …“, ich machte eine Pause, strich mir eine kitzelnde Strähne aus der Stirn, „andere Dinge. Wie eventuell den Ring.“ Sam machte große Augen. Er schien tatsächlich nicht viel über seine eigene Bestimmung zu kennen. Warum hatte sein Vater ihn nicht längst eingeweiht?
„Das sind diejenigen, die den Venatio Nachwuchs finden? Ja, doch, ich kenne sie. Ich wusste nur nicht, dass sie sich Venatio Recruitment schimpfen.“ Ich sah ihn lange an.
Die Anschnallzeichen erloschen und die Passagiere um uns standen auf. Wieder so ein Moment, den ich und die Wölfin hassten. Darauf zu warten, bis wir das Flugzeug endlich verlassen konnten. Um uns herum klackte und polterte es, als die Fluggäste ihre Taschen und Jacken aus den Gepäckfächern holten. Wir standen auf, warteten, bis die Schlange sich in Bewegung setzte. Einige Meter hinter uns waren Andreas und Katja, die zusammengesessen hatten, und dahinter Rosa. Alexa machte einen angespannten Eindruck. Kein Wunder, sie wusste, dass sie Adam bald wiedersehen würde. Wobei ich mir nicht sicher war, ob er nicht einfach abgehauen war. Immerhin durfte die 1. Klasse den Flieger zuerst verlassen. Wir bewegten uns mit der Schlange nach draußen und blieben zu dritt auf der Brücke stehen, die das Flugzeug mit dem Ausgang verband, um auf die anderen zu warten. Noch war ich mir nicht sicher, wer Andreas die Nachricht überbringen sollte, deshalb sprach ich es vor Alexa und Sam schnell an, bevor sie zu uns aufschließen konnten.
Alexa fühlte sich mit der Frage nicht wohl. Klar, sie mochte Konfrontationen nicht sonderlich. Auch Sam starrte auf seine Schuhspitze. Von weitem konnte ich Andreas und Katja schon sehen.
„Okay, na gut. Ich werde es ihm sagen. Ihr Feiglinge.“ Erleichtert blickte Sam mich an, Alexa lächelte ein verschämtes
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