Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
einen guten Überblick.
„Endlich bekommt man hier wieder Luft. Die appetitlichen Gerüche sind ja nicht zum Aushalten“, stöhnte Mandy, setzte sich auf die Tragfläche des Wagens und starrte finster hinab.
„Du hältst dich zurück, verstanden.“ Marcus beäugte sie argwöhnisch, doch sie rührte sich nicht, nickte nur abwesend. Vermutlich kämpfte sie mit den Hungergefühlen. Ihm war es egal, wie es ihr ging, Hauptsache, sie sabotierte seinen Plan nicht. Er blickte über die Köpfe hinweg und konnte in der Ferne bereits Anna mit ihrem Gefolge erkennen. Er fokussierte ihr Gesicht, zoomte es für sich heran und weidete sich an ihrem Anblick. Wut stieg in ihm auf, Hass … und ein kleines bisschen Trauer, um das all das, was sie ihm genommen hatte.
Kapitel 46
New York, Herbst 2012
«Die Leute schwitzen. Das kann völlig genügen.»
Die Zeit drängte. Nur noch eine halbe Stunde bis zum Highlight der Parade, dem Konfettiregen, und in mir schwoll wieder das mulmige Gefühl an. Mein Magen drehte sich und ich schnappte hektisch nach Luft, um den bitteren Geschmack im Mund zu vertreiben. Die Aufregung schlug mir tatsächlich auf den Magen. Je näher wir dem Ort des Geschehens kamen, desto nervöser wurde ich. Ich erhaschte einen Blick auf Andreas Armbanduhr und stöhnte innerlich. Zwanzig vor. Hoffentlich fanden wir den Wagen rechtzeitig. Ich starrte ständig nach oben, Ausschau haltend nach dem riesigen Spongebob-Ballon. Und als würde jemand mich an Fäden ziehen, drehte ich langsam den Kopf nach rechts und sah nach oben. Spongebobs breites Lachen war auf einem riesigen Ballon über mir. Marcus stand auf dem Wagen und winkte uns zu. Ich verengte die Augen, biss mir auf die Zähne und schluckte die Galle runter.
„Hier lang.“ Ich warf einen Blick über die Schulter. „Er steht da oben.“
„Anna, warte“, hielt Katja mich auf. Ich stutzte. Ach ja, Katja. Immer auf alles vorbereitet. Immer einen Plan. Ich rollte mit den Augen, wollte Marcus endlich auslöschen und hasste den Gedanken, dass ich es nicht selbst tun durfte, wenn ich nicht meine reine Seele beschmutzen wollte.
„Was wissen wir von der Explosion eben im Penthouse?“ Ich zuckte mit den Schultern, konnte nicht mehr klar denken, in meinem Gehirn war kein Platz mehr für Logik. „Katja, sei mir nicht böse, aber wir haben jetzt keine Zeit für Ratespiele.“
„Gut, sorry. Pass auf. Der Konfettiregen diente uns als Hinweis, dass wir hierher kommen sollen. Ob er von Marcus stammt, oder ob Jo in der Lage war, uns diesen Hinweis zuzuspielen, ist erst mal egal. Da war außerdem Wasser. Jemand hat alle Armaturen aufgedreht. Jo wurde so hingesetzt, dass er irgendwann mit dem Wasser in Berührung kommt. Das bedeutet, Jo wurde mit etwas präpariert, das explodiert, wenn es feucht wird. Die Stichflamme und die Stärke der Explosion lassen darauf schließen, dass es sich um ein Natrium-Gemisch handelt.“ Ich starrte sie an, verstand nicht mal ansatzweise, wo sie hinwollte und merkte, wie mir die Geduld ausging.
„Denk doch mal nach. Wenn Marcus das Konfetti präpariert hat, dann wird hier gleich die Hölle los sein.“
„Aber hier ist doch kein Wasser? Die Sonne scheint.“
„Die Leute schwitzen. Das kann völlig genügen.“
Langsam öffnete sich der bleierne Vorhang vor meinen Augen. Ich schlug die Hand vor den Mund. „Oh mein Gott.“ Jetzt drehte sich wieder alles um mich, der Kloß schoss meinen Magen hoch und ich musste mich übergeben. Würgend hing ich in Katjas Arm und keuchte und kotzte, bis mir die Tränen kamen.
„Geht’s wieder?“, fragte sie besorgt. Sam hielt mich am anderen Arm fest. Jemand aus der Menge rief: „Ihhh, ist das ekelhaft. Saufen muss gelernt sein.“
„Was sollen wir tun? Wir können ihn nicht aufhalten. Er wird uns ins Gesicht lachen, während tausende von Menschen vor unseren Augen in die Luft gehen.“ Katja wühlte in ihrem Rucksack und reichte mir eine Flasche mit blauem Gatorade.
„Mineralien. Hab ich immer dabei, weil ich gelegentlich Magenprobleme habe.“ Ich drehte den Verschluss auf und pumpte eine große Menge in meinen Mund. Die Reste der sauren Galle wurden runtergespült und landeten direkt eiskalt im Magen. Ich wollte ihr die Flasche zurückgeben, doch sie winkte ab.
„Behalt sie. Du brauchst sie gerade mehr als ich.“
Ich sah mich um. Rosa und Mattis standen in einiger Entfernung bei Alexa. Wir hatten nur noch zehn Minuten Zeit. Ich ging zu Rosa und Mattis, zog Andreas mit in die
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