Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
Grollen zu vernehmen und er leckte sich die Pfoten. Der schwarze Tiger rollte sich auf die Seite, um mir die lange Wunde zu zeigen, die von seinem Hals bis hinab zu seinem Bauch reichte. Ich wusch auch diese aus. Als ich mit ihm fertig war, ging ich zurück zu meinem Rucksack und legte das Fläschchen mit dem Wundbenzin hinein. Ich wischte mir mit dem Ärmel über die Augen, drehte mich wieder zu den beiden um und fuhr erschrocken zusammen, als Rens Bruder in Menschengestalt vor mir stand.
Ren erhob sich, in Alarmbereitschaft versetzt, und beäugte jede von Kishans Bewegungen mit argwöhnischem Blick. Rens Schwanz peitschte vor und zurück und ein tiefes Knurren vibrierte in seiner Brust.
Kishan sah zu Ren herab, der noch näher gekommen war, um mich im Zweifelsfall beschützen zu können, und blickte dann wieder zu mir. Er streckte die Hand aus, und als ich meine in seine legte, hob er sie an seine Lippen und küsste sie, bevor er sich mit ruhiger Gelassenheit tief vor mir verbeugte. »Darf ich nach deinem Namen fragen?«
»Ich heiße Kelsey. Kelsey Hayes.«
»Kelsey. Nun, ich für meinen Teil weiß die Mühe zu schätzen, die du dir unseretwegen gemacht hast. Ich entschuldige mich, falls ich dir vorhin Angst eingejagt haben sollte. Ich bin«, lächelte er, »aus der Übung, was die Konversation mit jungen Damen anbelangt. Diese Opfergaben, die du Durga darbieten möchtest, würdest du mir freundlicherweise mehr darüber berichten?«
Ren knurrte unglücklich.
Ich nickte. »Ist Kishan dein Vorname?«
»Mein vollständiger Name lautet Sohan Kishan Rajaram, aber du kannst mich Kishan nennen, wenn du möchtest.« Er bot mir den Arm. »Würdest du dich bitte setzen und mir alles erzählen, Kelsey?«
Kishan hatte etwas sehr Charmantes an sich. Er schien seinem Bruder in vielerlei Hinsicht zu ähneln. Wie Ren war er ein Mensch, in dessen Nähe man sich sofort wohlfühlte. Vielleicht lag es an der Ausbildung, die sie genossen hatten. Vielleicht hatte ihre Mutter sie so erzogen. Was auch immer es war, es stimmte mich positiv. Ich lächelte ihn an.
»Das würde ich sehr gerne.«
Er nahm meinen Arm und ging mit mir zum Feuer. Ren knurrte erneut, und Kishan grinste selbstgefällig in seine Richtung. Ich bemerkte, wie er beim Hinsetzen zusammenzuckte, weshalb ich ihm ein Aspirin anbot.
»Sollten wir euch beide nicht zu einem Arzt bringen? Ich glaube wirklich, dass du genäht werden musst, und Ren …«
»Vielen Dank, aber nein. Du solltest dir wegen dieser Bagatellen keine Sorgen machen.«
»Ich würde deine Wunden nicht als Bagatellen bezeichnen, Kishan.«
»Der Fluch lässt uns rasch genesen. Du wirst sehen, bald ist uns nichts mehr anzumerken. Dennoch war es sehr nett, dass sich eine solch zauberhafte junge Frau um meine Verletzungen gekümmert hat.«
Ren stand vor uns und sah aus wie ein Tiger, der gerade einen Schlaganfall erlitt.
»Ren, benimm dich«, ermahnte ich ihn.
Kishan lächelte breit und wartete, dass ich es mir bequem machte. Dann rückte er näher und legte den Arm auf den Baumstamm hinter meinen Schultern. Ren schob sich zwischen uns, schubste seinen Bruder grob mit dem fellbedeckten Kopf beiseite und manövrierte seinen Körper zwischen uns beide. Dann ließ er sich schwer auf den Boden fallen und legte den Kopf in meinen Schoß.
Kishan runzelte die Stirn, aber ich begann einfach zu reden und vertraute ihm die Geschichte von Ren und mir an. Ich erzählte ihm, wie ich Ren im Zirkus getroffen und er mich mit einem Trick nach Indien gelockt hatte. Ich berichtete ihm von Phet, der Kanheri-Höhle, dem Auffinden der Prophezeiung und dass wir nun auf dem Weg nach Hampi waren.
Während ich mich in unserer Geschichte verlor, streichelte ich Rens Kopf. Er schloss schnurrend die Augen und schlief bald ein. Ich redete fast eine ganze Stunde, nahm kaum Kishans hochgezogene Augenbrauen und seinen nachdenklichen Gesichtsausdruck wahr, als er uns beide zusammen beobachtete. Ich hatte nicht einmal bemerkt, wann er sich in einen Tiger zurückverwandelt hatte.
15 · Die Jagd
15
D ie J a gd
D er geschmeidige schwarze Tiger starrte mich an, die gelben Augen glitzerten vor gespannter Aufmerksam keit, als ich mit unserer Geschichte schloss.
Es war später Abend. Der tagsüber so unruhige und laute Dschungel war nun still bis auf das Knacken der Scheite im Feuer. Ich spielte mit Rens weichen Ohren. Seine Augen waren immer noch fest zusammengepresst und er schnurrte leise, wobei schnarchen vielleicht das
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