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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Treppenhausschacht der Bediensteten rannte. Am liebsten wäre sie vor Scham im Boden versunken, und vor Angst. Aber sie war auch wütend, als sie an die himmelschreiende Ungerechtigkeit dachte, dass ein einzelner Mann die Macht hatte, ihr Leben zu ruinieren, und das immer wieder aufs Neue. Sie hatte gewusst, dass es eines Tages passieren würde, dass sie sich, obwohl Latimer und die Hathaways in unterschiedlichen Kreisen verkehrten, unweigerlich begegnen würden. Doch bei den Hathaways zu leben, ja, das Gefühl zu haben, Teil einer Familie zu sein, wenn auch nur für kurze Zeit, war das Risiko absolut wert gewesen.
    Latimer packte sie gewaltsam am Arm, und Catherine wirbelte herum, um ihn ansehen. Sie zitterte am ganzen Leib.
    Es überraschte sie zu sehen, wie sehr er gealtert war. Seine Züge waren vom derben Lebenswandel gezeichnet. Er war schwerer geworden, in der Körpermitte dick, und sein ingwerfarbenes Haar lichtete sich bereits. Am eindrucksvollsten aber war seine runzelige Erscheinung, die von notorischer Hemmungslosigkeit herrührte.
    »Ich kenne Sie nicht, Sir«, sagte sie mit gespielter innerer Ruhe. »Sie sind aufdringlich.«
    Latimer ließ ihren Arm nicht los. Sein gieriger Blick bewirkte, dass sie sich beschmutzt und schäbig fühlte. »Ich habe dich nie vergessen. Jahrelang hab ich nach dir gesucht. Nun hast du wohl einen anderen Beschützer gefunden, was?« Er fuhr sich mit der feuchten Zunge über die Lippen, und sein Kiefer arbeitete, als wollte er ihn ausrenken, um sie gleich ganz zu verschlingen. »Ich wollte dein Erster sein. Ich habe ein verdammtes Vermögen dafür bezahlt.«
    Catherine holte zitternd Luft. »Lassen Sie mich los, sofort, oder ich werde …«
    »Was machst du überhaupt hier? Warum hast du dich als alte Witwe verkleidet?«
    Sie wandte den Blick ab, kämpfte gegen die Tränen an. »Ich bin bei den Hathaways angestellt. Bei Lord Ramsay.«
    » Das glaub ich dir. Für welche Dienste bezahlt er dich wohl?«
    »Lassen Sie mich los.« Ihre Stimme war tief und gequält.
    »Niemals!« Latimer zog ihren steifen Körper näher zu sich heran, sein vom Wein saurer Atem wehte ihr ins Gesicht. »Rache«, sagte er sanft, »ist der Akt eines abscheulichen und kleinlichen Charakters. Was zweifellos der Grund ist, warum ich sie schon immer so sehr genossen habe.«
    »Wofür wollen Sie sich rächen?«, fragte Catherine, die eine abgrundtiefe Verachtung für diesen Menschen verspürte. »Sie haben doch durch mich nichts verloren. Außer vielleicht einen Funken Stolz, den Sie sich aber wohl ohne Weiteres leisten können.«
    Latimer lächelte. »Und genau da irrst du dich. Stolz ist alles, was ich habe. Ich bin in dieser Hinsicht sehr empfindlich. Und ich werde mich nicht eher zufriedengeben, bis du mir alles zurückgezahlt hast, einschließlich Zins und Zinseszins. Acht Jahre verzinster Stolz ist eine beträchtliche Summe, was meinst du?«
    Catherine starrte ihn kühl an. Sie war fünfzehn gewesen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, ein mittelloses, schutzloses Mädchen ohne Eltern. Aber Latimer hatte keine Ahnung, dass Harry Rutledge ihr Bruder war. Noch schien ihm jemals der Gedanke gekommen zu sein, dass es andere Männer geben könnte, die es wagten, sich seinen Interessen in den Weg zu stellen. »Sie widerlicher Lüstling!«, sagte sie. »Die einzige Möglichkeit für Sie, eine Frau zu haben, ist wohl, sich eine zu kaufen. Nur dass ich nicht zum Verkauf stehe.«
    »Damals wohl schon«, entgegnete Latimer gedankenverloren. »Du warst ein kostspieliges Vergnügen, und man hatte mir zugesichert, dass du es wert seiest. Natürlich bist du nun, da du bei Ramsay in Stellung bist, keine Jungfrau mehr, aber ich hätte trotzdem gerne noch eine Kostprobe von dem, wofür ich damals bezahlt habe.«
    »Ich bin Ihnen nichts schuldig! Lassen Sie mich in Ruhe!«
    Latimer verblüffte sie mit einem Lächeln, sein Ausdruck wurde weich. »Komm schon. Du erweist mir einen schlechten Dienst. Ich bin gar nicht so ein böser Kerl. Ich kann auch sehr großzügig sein. Was bezahlt Ramsay dir? Ich lege das Dreifache hin. Es wird dir an nichts fehlen, wenn du mit mir das Bett teilst. Ich bin nicht ganz ungeschickt, wenn es darum geht, es einer Frau recht zu machen.«
    »Ich bin sicher, Sie sind äußerst geschickt darin, es sich selbst recht zu machen«, erwiderte sie und wand sich in seinem Griff. »Lassen Sie mich los .«
    »Hör auf, dich zu wehren, sonst muss ich dir wehtun.«
    Keiner von beiden hatte gemerkt,

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