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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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verfolgt hatte.
    Sein Anblick, eine Figur aus ihrer Vergangenheit, der sie so lange erfolgreich ausgewichen war, entzog ihr mit einem Mal sämtlichen inneren Frieden, den sie besaß, und stürzte sie in große Panik. Nur Leos fester Arm hinderte sie daran, vornüberzukippen, als hätte ihr jemand in den Magen getreten. Sie versuchte Atem zu schöpfen, doch ihr gelang nur ein keuchendes Geräusch.
    »Marks?« Leo blieb stehen, drehte sie zu sich herum und blickte sorgenvoll in ihr bleiches Gesicht. »Was ist mit Ihnen?«
    »Mir ist nur ein wenig übel«, brachte sie hervor. »Es kommt bestimmt vom Tanzen. Die Anstrengung bin ich nicht gewöhnt.«
    »Ich führe Sie zu einem Stuhl …«
    » Nein .«
    Der Mann starrte sie immer noch an, und auf seinem Gesicht machte sich ein Ausdruck der Wiedererkennung breit. Sie musste hier weg, bevor er zu ihr herüberkam. Sie schluckte heftig, um den beißenden Druck der Tränen zu lindern, die ihr in den Augen brannten.
    Was der glücklichste Abend ihres Lebens hätte sein können, war plötzlich der schlimmste geworden.
    Es ist vorbei, dachte sie voller Bitterkeit und Trauer. Ihre Zeit bei den Hathaways war zu Ende. Am liebsten wollte sie sterben.
    »Kann ich etwas für Sie tun?«, erkundigte sich Leo leise.
    »Bitte, könnten Sie ein Auge auf Beatrix haben … sagen Sie ihr …«
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Sie schüttelte nur den Kopf und verließ so schnell wie möglich den Raum.
    Der Tanz? Zu anstrengend? Dass ich nicht lache , dachte Leo finster. Diese Frau hatte einen Haufen Steine geschleppt, damit er aus einer Grube heraussteigen konnte. Was auch immer Catherine quälte, es war sicherlich nicht Übelkeit. Leo sah sich mit zusammengekniffenen Augen im Raum um, als er eine Unbewegtheit inmitten der schnatternden Menge bemerkte.
    Guy, Lord Latimer, beobachtete Catherine Marks so aufmerksam wie er selbst. Und als sie das Gesellschaftszimmer verließ, begab sich auch Latimer in Richtung der offenen Tür.
    Leo blickte missmutig drein. Er nahm sich vor, beim nächsten Mal, wenn sie einen Ball oder eine Soiree gaben, die Gästeliste höchstpersönlich zu überprüfen. Hätte er gewusst, dass Latimer eingeladen war, hätte er den Namen sofort mit der dunkelsten Tinte wieder ausgestrichen.
    Latimer hatte mit seinen vierzig Jahren ein Alter erreicht, in dem man einen Mann nicht mehr als Lebemann bezeichnen konnte, ein Begriff, der eine gewisse jugendliche Unreife mit einschloss. Tatsächlich war er ein Wüstling, ein durchtriebener, gewissenloser Mensch, anders konnte man es nicht nennen.
    Als Anwärter auf eine Grafschaft hatte Latimer nicht viel anderes zu tun, als auf den Tod seines Vaters zu warten. In der Zwischenzeit hatte er sich der Lasterhaftigkeit und der Perversion verschrieben. Er erwartete, dass andere seinen Dreck wegräumten, und kümmerte sich ausschließlich um sein eigenes Wohl. Die Stelle in seiner Brust, wo eigentlich ein Herz hätte sein sollen, war so leer wie ein ausgehöhlter Flaschenkürbis. Er war schlau, raffiniert und berechnend, und all das diente ihm dazu, seine eigenen grenzenlosen Bedürfnisse zu befriedigen.
    Und Leo hatte in den Tiefen seiner Verzweiflung über Laura Dillard alles daran gesetzt, es ihm gleichzutun.
    Als er sich jetzt an die Eskapaden erinnerte, an denen er gemeinsam mit Latimer und seinem Kader zügelloser Aristokraten beteiligt gewesen war, fühlte er sich plötzlich ausgesprochen schmutzig. Seit seiner Rückkehr aus Frankreich war er Latimer gewissenhaft aus dem Weg gegangen. Doch da Latimers Familie aus der benachbarten Grafschaft Wiltshire stammte, war ihm immer klar gewesen, dass sie sich eines Tages wieder über den Weg laufen würden.
    Als er Beatrix die Tanzfläche verlassen sah, war er mit ein paar großen Schritten bei ihr und packte sie am Arm.
    »Mit dem Tanzen ist erst mal Schluss, Bea«, raunte er ihr ins Ohr. »Marks kann gerade nicht auf dich aufpassen.«
    »Warum nicht?«
    »Das muss ich erst noch herausfinden. In der Zwischenzeit, mach keine Dummheiten.«
    »Was soll ich tun?«
    »Ich weiß nicht. Geh zum Büfett, nimm dir etwas zu essen.«
    »Ich habe keinen Hunger.« Beatrix stieß einen Seufzer aus. »Aber man muss wohl nicht unbedingt hungrig sein, um etwas zu essen.«
    »Braves Mädchen«, brummte er und verließ eilig den Raum.

Sechzehntes Kapitel
    »Halt! Stehen bleiben! Stopp, sag ich!«
    Catherine ignorierte die Aufforderung und hielt den Kopf gesenkt, während sie den Flur entlang zum

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