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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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zielten, die Art von Kampf, die in den Elendsvierteln im East End zum normalen Straßenbild gehörte.
    »Den hier wirst du nicht gewinnen, Rutledge«, keuchte Leo, als sie voneinander abließen und schwankend wieder auf die Beine kamen. »Ich bin nicht einer von deinen affektierten abgehobenen Fechtgegnern.« Er landete eine harte Rechte und kassierte selber eine Gerade. »Ich habe mich durch jede Spielhölle und Taverne Londons gekämpft …« Er täuschte eine linke Gerade an und schob einen schnellen rechten Haken nach, was zu einem befriedigenden Zusammenstoß mit Harrys Kiefer führte. »Und abgesehen davon, lebe ich mit Merripen in einem Haushalt, dessen linker Aufwärtshaken sich ungefähr so anfühlt wie der Tritt eines Maultiers …«
    »Hörst du eigentlich jemals auf zu reden?« Harry holte zum Gegenschlag aus und sprang zurück, bevor Leo sich revanchieren konnte.
    »Das nennt sich Kommunikation. Du solltest es bei Gelegenheit einmal ausprobieren.« Verärgert ließ Leo die Deckung fallen und stand ungeschützt da. »Insbesondere mit deiner Schwester. Hast du dir jemals die Mühe gemacht, ihr zuzuhören? Verdammt, Mann, sie ist nach London gekommen in der Hoffnung auf einen brüderlichen Rat oder Trost, und deine erste Amtshandlung besteht darin, sie aus dem Zimmer zu schicken.«
    Harry ließ die Fäuste sinken. Er warf Leo einen vernichtenden Blick zu, doch als er sprach, war seine Stimme mit Selbstverachtung getränkt. »Ich habe sie jahrelang im Stich gelassen. Glaubst du vielleicht, ich bin mir nicht darüber bewusst, was ich alles für sie hätte tun können, aber nicht getan habe? Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um es wiedergutzumachen. Aber zum Teufel mit dir, Ramsay … das Letzte, was sie in dieser Situation gebraucht hat, war, dass ihr jemand die Unschuld raubt, wenn sie vollkommen wehrlos ist.«
    »Es ist haargenau das, was sie gebraucht hat.«
    Harry schüttelte ungläubig den Kopf. »Scher dich zum Teufel.« Er fuhr sich mit der Hand durch das schwarze Haar und stieß ein sonderbar ersticktes Lachen aus. »Ich hasse es, mit einem Hathaway zu streiten. Ihr schafft es, etwas völlig Wahnsinniges von euch zu geben, als sei es das Logischste auf der Welt. Ist es noch zu früh für einen Brandy?«
    »Keineswegs. Ich fühle mich viel zu nüchtern für diese Unterhaltung.«
    Harry ging zur Anrichte und holte zwei Gläser aus der Vitrine. »Während ich einschenke«, sagte er, »kannst du mir schon mal erklären, warum es so verdammt vorteilhaft für meine Schwester war, von dir entjungfert zu werden.«
    Leo streifte sich den Mantel ab, hängte ihn über seinen Sessel und setzte sich. »Marks war zu lange isoliert und alleine …«
    »Sie war nicht alleine, sie hat bei den Hathaways gelebt.«
    »Selbst da ist sie immer eine Randfigur gewesen, die Nase gegen das Fenster gepresst wie ein Waisenkind à la Dickens. Ein falscher Name, unscheinbare Kleider, gefärbte Haare … Sie hat ihre Identität so lange versteckt, dass sie selbst gar nicht mehr weiß, wer sie eigentlich ist. Doch wenn sie mit mir zusammen ist, kommt plötzlich die wahre Catherine zum Vorschein. Wir haben gegenseitig unsere Schutzhüllen durchbrochen. Wir sprechen die gleiche Sprache, wenn du verstehst, was ich meine.« Leo hielt inne und starrte vor sich hin. »Marks ist eine widersprüchliche Frau, und je besser ich sie kenne, umso mehr Sinn ergeben die Widersprüche. Sie hat zu lange im Schatten gestanden. So sehr sie auch versucht, sich vom Gegenteil zu überzeugen, sie will irgendwohin gehören, zu jemandem gehören. Und ja, sie will einen Mann in ihrem Bett. Genau genommen will sie mich.« Er nahm den Brandy, den Harry ihm reichte, und trank einen kräftigen Schluck. »Mit mir wird sie aufblühen. Und das nicht, weil ich ein herausragendes Exemplar rechtschaffener Männlichkeit wäre, noch habe ich jemals behauptet etwas in der Art zu sein. Aber ich bin genau richtig für sie. Ich lasse mich von ihrer scharfen Zunge nicht einschüchtern, und sie kann mich nicht überlisten. Und das weiß sie.«
    Harry saß ihm gegenüber und trank seinen Brandy. Er musterte Leo nachdenklich, versuchte abzuschätzen, wie aufrichtig er war und ob er ihm vertrauen konnte. »Welcher Vorteil würde für dich dabei herausspringen?«, erkundigte er sich ruhig. »Wie ich erfahren habe, musst du recht bald heiraten und ein Kind zeugen. Sollte es Cat nicht möglich sein, dir binnen eines Jahres einen Sohn zu schenken, werden die Hathaways

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