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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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schlug er mit dem Ring an seinem kleinen Finger auf das harte Holz des Tischs, drehte seine Hand und sah sich das in das Metall eingravierte Wappen an. Den Ring hätte ein Nathaniel tragen sollen, weil er bisher immer von einem Nathaniel – einschließlich seines Vaters – getragen worden war.
    Aber nach dem Tod Nathaniels des Sechsten hatte Nate der Siebte festgelegt, dass Jack ab jetzt den Ring tragen würde, da er in jeder Hinsicht das Familienoberhaupt wäre. Bis dahin hatte Jack abgesehen von seiner Sammlung an Manschettenknöpfen keinerlei Interesse an irgendwelchem Schmuck gehabt, aber das Tragen des Rings hatte sich vom ersten Tag an richtig angefühlt.
    Als er auf die Kratzer und die Beulen in dem goldenen Schmuckstück sah und daran dachte, dass er diesen Ring als siebter Mann in der Familie trug, fiel ihm die letzte Begegnung mit seinem Vater ein. Es war der Abend vor seinem Tod gewesen. Sie hatten sich wie so oft gestritten, weil sein Vater wieder mal getrunken hatte und Jack entschlossen gewesen war, endlich einen Schlussstrich unter die großzügige finanzielle Unterstützung des Alten zu ziehen.
    Seine Menschenfreundlichkeit hatte er über Jahre dadurch finanzieren können, dass er seinem Sohn für das von ihm erhaltene Geld irgendwelche Dinge überschrieb, aber jetzt war Nathaniel dem Sechsten nichts mehr geblieben, womit sich handeln ließ. Nachdem ihm auch der letzte Anteil ihres Hauses in Palm Beach übertragen worden war, hatte Jack ihm klargemacht, dass er zwar bereit wäre, den Lebensunterhalt des Vaters in einem vernünftigen Umfang weiterhin zu finanzieren, mit den großzügigen Schenkungen an irgendwelche Dritten dagegen wäre Schluss. Und eine Zeitlang hatte es tatsächlich funktioniert.
    An dem Abend jedoch hatte ihm Nathaniel erklärt, er hätte dem MFA eine halbe Million Dollar zugesagt. Er hatte betont, dass er die Summe über mehrere Monate in kleineren Beträgen überweisen wollte, denn er hatte offenbar gedacht, dass sich seinem Sohn die großzügige Spende so ein bisschen leichter unterjubeln ließ. Und als sich Jack geweigert hatte, diese Zahlungen zu übernehmen, war sein Vater völlig ausgeflippt.
    Selbst im günstigsten Fall wäre die Situation nicht leicht gewesen, aber es war zehn Uhr abends gewesen, fünf Stunden, nachdem sein Vater mit dem Trinken angefangen hatte, weshalb der Mann für rationale Argumente einfach nicht mehr zugänglich gewesen war. Als Jack den Raum hatte verlassen wollen, hatte Nathaniel ihn als blutrünstigen Kapitalisten tituliert, der die unglücklichen, weniger privilegierten Menschen dieses Landes gnadenlos im Regen stehen ließ.
    Jack hatte seinem Vater in Erinnerung gerufen, dass er einzig deshalb noch in Buona Fortuna lebte, weil sein Sohn blutige Schlachten auf dem Kapitalmarkt schlug. Außerdem hatte er ihm erklärt, dass es im MFA nicht gerade viele unglückliche, unterprivilegierte Menschen gab und dass sein Vater, ginge es ihm wirklich um das Wohlergehen Armer, Kranker oder Schwacher, doch ehrenamtlich in einer Suppenküche oder einer Notunterkunft helfen sollte, wo man auf wirklich vom Schicksal gebeutelte Menschen traf.
    Als ihn sein Vater daraufhin weiterbeleidigt hatte, hatte Jack endgültig genug davon gehabt, dasselbe Gespräch ein ums andere Mal zu führen, und war explodiert. Er hatte etwas in der Art gesagt, dass sein Vater in allem versagt hatte, außer darin, sich von den Leuten die Füße küssen zu lassen, denen an einem Teil des Walker’schen Vermögens gelegen war.
    Damit hatte er den Streit erfolgreich beendet. Sein Vater hatte einen Moment lang betroffen geschwiegen, dann aber mit einer Bemerkung zurückgeschlagen, die Jack Zeit seines Lebens ebenso wenig vergessen würde wie den Ton, in dem sie ausgesprochen worden war.
    Meine Söhne sind mein größter Misserfolg und für mich eine Quelle unendlicher Traurigkeit. Wobei dein Bruder wenigstens noch so anständig ist und sich kaum je hier blicken lässt.
    Und am nächsten Tag war er gestorben.
    Verdammt unschön, die Dinge so zurückzulassen, dachte Jack, hob erneut das Glas an seinen Mund und leerte es in einem Zug. Er konnte einfach nicht verstehen, wie sein Vater so viele Fremde hatte umarmen können, während er seinen eigenen Söhnen gleichzeitig mit einer derartigen Verachtung begegnet war. Aber manchmal ergaben die Dinge, die die Leute taten, eben einfach keinen Sinn. Das machten ihm seine eigenen Entscheidungen allmählich klar.
    Er füllte sein Glas zum vierten Mal,

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