Kussfest
Macht geht es!«, sagte Jamie. »Da hast du aber was vergessen, Holt: Ich habe das Boot aufgetrieben, und ich weiß, wie wir zu Swamp Dog kommen. Gib‘s zu, du brauchst mich.« Dabei war ihr völlig klar, dass sie Unrecht hatte. Jamie hatte den Verdacht, dass Max Holt alles schaffte, was er sich in den Kopf setzte.
»Du hast Recht«, sagte er. »Ohne dich bin ich aufgeschmissen.« Er stieg ins Boot und hob dann die kleine Kühlbox mit Getränken und die beiden Gasflaschen, die er für die Fahrt gekauft und aufgefüllt hatte, hinein. »Na, dann mach mal die Leine los«, sagte er, als er saß.
Jamie tat wie ihr geheißen. Sie holte das Seil ein und stieß das Boot vom Anleger ab. Max umfasste den kleinen Griff an der Anlasserschnur des Motors und zog daran. Es brauchte einige Versuche, aber schließlich sprang der Motor an. Max steuerte das Boot über den Fluss. »Fahre ich in die richtige Richtung?«
»Sehr witzig. Sieht man doch, dass es nur einen Weg gibt.«
»Ich wollte nur sichergehen, du bist ja unsere Steuerfrau.«
Nach einer knappen Stunde Fahrt zeigte Jamie auf einen Seitenarm. Sie nahm sich ein Ruder und steckte es ins Wasser. »Bleib in der Mitte«, sagte sie, »hier ist es ziemlich flach.«
»Gut, dass du diesen hochmodernen Tiefenmesser dabei hast«, sagte Max. »Wäre wirklich blöd, auf Grund zu laufen.« Nach einer Weile stellte er den Motor aus und zog ihn hoch, sodass die Schraube aus dem Wasser kam, und paddelte weiter. Schließlich stieß das Boot ans Ufer.
Jamie betrachtete den grünen Film auf dem Wasser, unter dem sich weiß der Teufel was verbarg. Sie unterdrückte ein Schaudern.
»Und jetzt?«, fragte Max.
»Jetzt gehen wir zu Fuß weiter.«
Max machte das Boot fest. Jamie nahm ihre Handtasche, schlang sich den Riemen um die Schulter und wartete, bis Max ausgestiegen war. Er drehte sich um und half ihr hinaus. Sie rollten die Ärmel runter und sprühten sich Insektenspray auf Hals und Hände.
»Dann mal los«, sagte er.
Die Hitze machte Jamie ziemlich zu schaffen. Auf dem Fluss hatte sich kein Lüftchen geregt. Es war heiß, ihre Bluse war durchgeschwitzt und klebte ihr am Rücken. Sie fand einen stabilen Ast, den sie als Wanderstock benutzte und den sie, so hoffte sie, auch zur Verteidigung gegen wilde Tiere einsetzen konnte. Max tat es ihr nach. »So richtig hilfreich werden diese Gummistiefel nicht sein, wenn wir einem Alligator begegnen«, sagte sie.
»Dann sollten wir das unter allen Umständen vermeiden. Übrigens haben die mehr Angst vor uns als wir vor denen.«
»Klar. Das erklärt auch, warum wir die mit den Gummistiefeln und Stöcken sind, und nicht die.«
»Jetzt sei doch nicht so gereizt«, sagte Max. »Das ist überhaupt nicht sexy.«
Jamie verkniff sich eine Antwort. Sie war fest entschlossen, Max Holt zu zeigen, dass sie hart im Nehmen war.
Sie gingen am Ufer entlang und fanden sich schon bald wieder in flachem Wasser. Jamies Angst wurde noch größer, als ihr das schlammige Wasser bis zum Knöchel reichte.
»Alles klar?«, fragte Max, der bemerkt hatte, dass sie vor jedem Schritt zögerte.
»Es gibt schon Dinge, die ich jetzt lieber täte, falls du das meinst.«
»Es war doch deine Idee.«
»Versucht denn sonst noch jemand, die Sache aufzuklären? Du wirst kaum Lamar Tevis und seine Leute dabei erwischen, wie sie den Sumpf nach einem Verrückten durchkämmen.«
»Nach Lamar wollte ich dich sowieso schon fragen«, sagte Max. »Irrsinnig qualifiziert kommt er mir nicht vor.«
»Sein Vater war eine Weile lang Sheriff, und er war sehr beliebt. Lamar ist sozusagen in seine Fußstapfen getreten. Meistens macht er das ganz okay.«
»Das hört sich ja an, als würden in dieser Stadt alle Jobs vererbt.«
»Um das rauszufinden, braucht man auch nicht besonders clever zu sein.« Jamie zuckte zusammen, als sie einen dürren Ast sah. Sie hätte schwören können, dass es eine Schlange war.
Der Gedanke, Swamp Dog zu suchen, war ihr anfangs spannend erschienen, aber so langsam bereute sie ihn.
Jamie versuchte, sich auf die Landschaft zu konzentrieren, die Sumpfzypressen, Tupelobäume und Amberbäume. Ein Baldachin aus Blättern umschloss den Sumpf und verlieh ihm etwas Unheimliches, das ihr eine Gänsehaut machte.
»Jetzt hätte ich gerne Veras Pistole.«
»Damit würdest du dir nur selbst in den Fuß schießen«, sagte Max.
»Verdammter Mist, ich gehe bei dieser Aktion eh drauf.« Jamie spürte bei jedem Schritt, wie der Schlamm unter ihr nachgab und ein
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