Kusswechsel
Hitzewallungen. Guck mal. Eine Hitzewallung. Dabei bin ich noch gar nicht in den Wechseljahren.«
Connie stieß sich in ihrem Bürostuhl vom Schreibtisch ab. »Hat er dir gesagt, wohin er fährt? Und wie lange er weg ist?«
»Nein.«
Jetzt hatte Connie ein Problem. Wenn Ranger weg war, blieben nur noch ich und ein paar smarte Hilfskopfgeldjäger übrig. Sollte sich ein Topklient von uns, für den wir eine hohe Kaution gezahlt hatten, in südliche Gefilde absetzen, käme sie in Schwulitäten. Sie müsste den Fall mir übergeben, jedenfalls vorerst. Ich machte meinen Job nicht schlecht, aber ich war nicht Ranger. Ranger hatte Talente, die über das Spektrum der üblichen menschlichen Fähigkeiten weit hinausgingen.
»Ich kann das nicht leiden, wenn er sich einfach so verdrückt«, sagte Connie.
»Als er die letzten beiden Male abgehauen ist, gab es zwei Putsche in Mittelamerika«, sagte Lula. »Ich fahre jetzt nach Hause und gucke CNN.«
Ich verließ ebenfalls das Büro und eilte nach Hause zu Joe. Irgendwie hatte ich den ganzen Tag zu tun gehabt, aber erreicht hatte ich nichts. Ich fuhr bei Giovichinni’s in der Hamilton vorbei und holte etwas kaltes Fleisch, außerdem Provolonescheiben, ein mittelgroßes Schälchen Kartoffelsalat und ein Brot. Dazu kamen noch ein paar Tomaten und ein kleiner Becher Schokoladeneiskrem.
Es war keine gute Zeit für Einkäufe bei Giovichinni’s, aber ich hatte keine andere Wahl, wenn ich was essen wollte. Nur eine Straße weiter war das St. Francis Hospital, und zu dieser Tageszeit rollte die halbe Belegschaft bei Giovichinni’s an.
Als ich in der Schlange stand, kam Mrs. Wexler auf mich zu. »Meine Güte«, sagte sie. »Sie habe ich ja eine Ewigkeit nicht gesehen! Ich habe gehört, dass Ihre Schwester heiratet. Wie schön für Ihre Schwester, aber für Sie bedeutet das sicher viel Stress. Haben Sie da ein Fieberbläschen auf der Lippe?«
Wie automatisch flog meine Hand an meinen Mund. Heute Morgen, als ich aus dem Haus ging, hatte ich noch nichts an der Lippe gehabt, aber es stimmte, jetzt brach da irgendwas an meinem Mund hervor. Ich tauchte mit der Hand in meine Umhängetasche und tastete nach einem Spiegel. »Ich hatte noch nie Lippenbläschen«, sagte ich zu Mrs. Wexler. »Ich schwöre bei Gott und allem, was mir heilig ist.«
»Aber es sieht aus wie ein Lippenbläschen«, sagte Mrs. Wexler.
Ich schielte in meinen Spiegel. Igitt! Da war es … dick und rot und hässlich. Wie konnte mir das nur passieren? Und dann fiel es mir schlagartig ein. Marty Sklar und seine verkeimten Finger! Erneut untersuchte ich meine Lippen. Moment mal. Nein. Es war gar kein Lippenbläschen. Es war nur ein kleines Aua-Aua.
Aus lauter Angst vor Eugene Brown und Gott weiß wem sonst noch, hatte ich mir auf dem Weg durch die Stadt in die Lippe gebissen. Und dass ich mich gleich zu zwei Männern hingezogen fühlte, war ja meinem Seelenheil auch nicht gerade zuträglich. Wahrscheinlich war ich in beide verliebt. Das ist doch abartig.
»Da habe mich mir nur auf die Lippe gebissen«, sagte ich zu Mrs. Wexler. »Heute Nachmittag.«
»Ah ja, natürlich«, sagte Mrs. Wexler. »Jetzt sehe ich es auch.«
Meine Mutter rief auf meinem Handy an. »Gerade hat Mrs. Rogers angerufen«, legte sie los. »Sie hat gesagt, du wärst bei Giovichinni’s und du hättest Lippenbläschen.«
»Es sind keine Lippenbläschen. Ich habe mir nur auf die Lippe gebissen.«
»Da bin ich aber erleichtert. Könntest du mir bitte einige Sachen mitbringen, wenn du schon mal bei Giovichinni’s bist? Ich brauche ein großes Olivenbrot, den Himbeersahnekuchen von Entenmann’s und ein Pfund Schweizer Käse. Pass auf, dass er dir die Scheiben nicht zu dünn schneidet. Wenn die Scheiben zu dünn sind, pappen sie immer zusammen.«
Ich schlurfte hinüber zur Spezialitätentheke, kaufte das Zeug für meine Mutter und stellte mich wieder in die Schlange.
Leslie Giovichinni war an der Kasse. »Schreck lass nach«, sagte sie, als ich vor sie trat. »Sie armes Ding. Sie haben ja schlimmen Herpes!«
»Das ist kein Herpes!«, sagte ich. »Ich habe mir nur auf die Lippe gebissen. Heute Nachmittag.«
»Sie müssen es mit Eis kühlen«, riet sie mir. »Es ist bestimmt sehr schmerzhaft.«
Ich gab Leslie das Geld und schlich mich aus dem Laden. Ich duckte mich hinter das Steuerrad des Buick und fuhr los, nach Burg. Bei meinen Eltern musste ich mich jedoch in die Einfahrt stellen, denn vorne an der Straße parkte ein riesiger gelber
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