Kusswechsel
schleppte ich mich ins Badezimmer, beschloss aber, die Dusche ausfallen zu lassen. Ich putzte mir die Zähne und zog mir die Klamotten an, die ich am Abend zuvor auf dem Boden verstreut hatte.
Ich brauchte dringend einen Kaffee, aber es war fast acht Uhr und ich musste unbedingt das Haus verlassen. Ich stülpte mir Rangers Mütze über den Kopf, stieg in die schusssichere Kugelweste und das Sweatshirt und fuhr mit dem Aufzug runter in die Tiefgarage. Die Aufzugtüren öffneten sich, und im selben Moment näherte sich ein Wagen dem Gittertor. Ich drückte mich an die Wand des Aufzugs und kehrte zurück in die sechste Etage. Dort wartete ich zehn Minuten ab und versuchte es dann noch mal. Diesmal war die Garage frei.
Ich ging schnell zu Rangers Truck. Der Himmel war wolkenverhangen, und Nieselregen hatte eingesetzt. Die Bauten auf beiden Seiten der Comstock waren aus rotem Backstein und Beton. Kein Rasen, keine Sträucher, keine Bäume, die das Bild etwas aufgelockert hätten. Wenn die Sonne schien, hatte das etwas Großstädtisches, heute war es nur triste, mehr nicht.
Ich fuhr zum Büro und stellte den Wagen gut sichtbar vorne am Straßenrand ab. Connie war schon am Arbeiten, Lula war noch nicht da, von Vinnie keine Spur.
Ich begab mich schnurstracks zur Kaffeekanne und goss mir einen Becher ein. »Wo ist eigentlich Vinnie abgeblieben in letzter Zeit? Man kriegt ihn gar nicht mehr zu Gesicht«, sagte ich zu Connie. »Was ist los?«
»Vinnie hat Hämorrhoiden. Er schneit jeden Tag rein, bleibt eine Stunde, schimpft und jammert, dann geht er wieder nach Hause und setzt sich auf seinen Gummidoughnut.«
Connie und ich mussten lachen. Vinnie hatte seine Hämorrhoiden verdient. Er war selbst eine.
Ich schlürfte meinen Kaffee. »Das heißt also, du stellst jetzt die Kautionen aus.«
»Nur die mit niedriger Kautionssumme. Für Typen wie Anton Ward muss Vinnie den Arsch von seinem Doughnut schon hochheben.«
»Du musst mir einen Gefallen tun!«
»Oh, nein«, sagte Connie. »Bitte nicht. Ich habe jetzt schon so ein mulmiges Gefühl.«
»Ich will, dass du eine Kaution für Anton Ward ausstellst, damit er freikommt. Ich muss mit ihm reden.«
»Niemals. Kommt gar nicht in Frage. Nein. Das kann ich nicht. Vergiss es.«
»Das war doch deine Idee! Du hast mir gesagt, ich müsste herausfinden, warum ich auf Junkmans Liste stünde.«
»Glaubst du etwa, Ward würde dir das aus lauter Dankbarkeit verraten?«
»Nein. Ich hatte eigentlich vor, es aus ihm herauszuprügeln.«
Connie überlegte sich meinen Vorschlag. »Prügeln? Das könnte klappen«, sagte sie. »Und wer soll ihn so windelweich schlagen, dass er singt?«
»Ich und Lula. Wenn du willst, kannst du mitmachen.«
»Wir sollen also eine Kaution stellen, um ihn freizubekommen«, fasste Connie zusammen. »Und dann begleiten wir ihn vom Gefängnis zu Lulas Firebird und bringen ihn an einen Ort, um unser Gespräch dort fortzusetzen. Habe ich dich so richtig verstanden?«
»Ja. Wenn die Sache erledigt ist, widerrufen wir die Kaution.«
»Das finde ich gut«, sagte Connie. »Hast du dir das ganz allein ausgedacht?«
»Ja.«
»Wer hat sich was ganz allein ausgedacht?«, fragte Lula, die durch die Tür gerauscht kam. »Das ist vielleicht ein Scheißwetter draußen. Heute regnet es von früh bis spät in Strömen.«
»Stephanie hat den Plan gefasst, Anton Ward gegen Kaution freizubekommen und dann Informationen aus ihm herauszuprügeln«, sagte Connie.
Lulas Laune änderte sich schlagartig. Sie machte ein Smiley-Gesicht. »Im Ernst? Oder willst du mich verarschen? Das ist genial. Ich hoffe, du lässt mich dabei nicht außen vor. Ich verstehe was von Verprügeln. Und Anton Ward würde ich liebend gerne verhauen.«
»Abgemacht«, sagte ich zu Lula. »Wir müssen uns nur noch ein paar Sachen überlegen. Zum Beispiel: Wo sollen wir ihn hinbringen, damit wir ihn ungestört verprügeln können?«
»Es muss ein abgelegener Ort sein, damit ihn niemand schreien hört«, sagte Lula.
»Und es darf nichts kosten«, sagte ich. »Ich habe kein Geld.«
»Ich wüsste da was«, sagte Connie. »Vinnie hat doch ein Häuschen in Point Pleasant. Es steht direkt am Strand, und jetzt ist bestimmt niemand da. Die Saison ist vorbei.«
»Ein toller Plan«, sagte Lula. »Der Spielsalon hat sicher noch geöffnet, und zwischen den Schlägen kann ich raus und die Spielautomaten bedienen.«
»Glaubst du, dass wir lange auf ihn einprügeln müssen?«, fragte ich Connie. Einige Verwandte
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