Kyria & Reb - Die Rückkehr
sagte ich.
»Das Beste, was sie tun kann. Kyria, ich habe im Stift angerufen, Donna Helika erwartet uns. Ich begleite Sie und Maie.«
Maie hatte eine der großen E-Limos mit einer Fahrerin geordert, und ich setzte mich zu MyFrouw Carita nach hinten. Sie schwieg eine Weile, während ich wieder in meine unglückliche Stimmung versank. Reb war so eine kalte Hundeschnauze, wenn es darum ging, seine eigene Sache zu machen. Mir einfach das Amulett zurückzugeben. Keine Erklärung, nichts. Nur das es besser so sei. Konnte er das alles so einfach abschütteln? Das Vertrauen, die Zärtlichkeit, die Geborgenheit?
»Kyria, Ihnen geht es nicht gut.« Die mitfühlende Stimme der Hochmutter riss mich aus meinen trüben Gedanken.
»Nein, das tut es nicht.«
»Ihre Mutter wird bald wieder auf den Beinen sein.«
»Ja, natürlich.«
»Xari auch.«
»Sicher.«
»Aber?«
Was wusste die Hochmutter schon? Ich biss mir auf die Lippen. Vorne sprach Maie unablässig über das KomLink mit ihren Leuten. Die Fahrerin konzentrierte sich auf die Straße.
Die High-Mom legte mir den Arm um die Schulter und zog mich an sich. Sie fühlte sich weich an, ihre Seidenrobe war warm und duftete nach dunklen Rosen.
»Reb hat mich verlassen«, polterte es über meine Lippen, und das Schluchzen, das ich so lange unterdrückt hatte, ließ sich nicht mehr aufhalten.
Sie streichelte mich und gab irgendwelche gurrenden Laute von sich, und nach einiger Zeit schaffte ich es wieder, mich zu fassen. Taschentücher wurden mir in die Hand gedrückt, ein feuchtes, kühlendes Elixier auf meine Augen gedrückt.
»Kyria, Liebes, das ist alles ein bisschen viel für euch junge Leute. Ich glaube nicht, dass dein Reb dich verlassen hat. Aber er ist gewiss auch ziemlich durcheinander. Männer können mit Gefühlen nicht so gut umgehen, weißt du?«
Ich nickte. Reb hatte lange gebraucht, bis er mir – und sich – eingestanden hatte, was zwischen uns war. Trotzdem, ich hatte geglaubt, dass er weiter zu mir stehen würde.
»Er wird sich in seinen Ställen verkriechen und seine Pferde trainieren und sich bemühen, nicht an mich zu denken.«
»Und du glaubst, das fällt ihm leicht?«
»Er ist gut darin, wegzulaufen und zu überleben, MyFrouw. Er hat es getan, seit er ein Kind war.«
»Jetzt hat er aber jemanden gefunden, zu dem er zurückkehren kann.«
»Ja, seinen Vater.«
Die High-Mom schüttelte den Kopf und streichelte wieder meine Wange.
»Gib ihm Zeit. Und dir auch. Und nun richte dein Gesicht ein bisschen her. Donna Helika ist zwar blind, aber andere werden dich sehen. Sie dürfen nicht denken, dass du dir Sorgen machst.«
Sie hatte recht, und mit den Utensilien aus ihrer voluminösen Tasche richtete ich mich wieder her.
»Erzählen Sie mir etwas über Donna Helika«, bat ich sie dann.
»Ich habe sie vor fünfundzwanzig Jahren kennengelernt. Sie war damals eine beliebte Priesterin im Matronentempel der Capitale. Ich war noch jung, und sie lehrte mich die Zeremonien mit unglaublicher Geduld. Sie nahm sich auch oft der Männer an, die nach den niederen Weihen strebten, und ich vermute, darüber hat sie deinen Vater kennengelernt. Inzwischen ist sie seit vielen Jahren im Ruhestand. Irgendwann vor einiger Zeit ist sie erblindet. Ich besuche sie dann und wann und bin immer wieder überrascht, wie gut sie mit ihrer Behinderung zurechtkommt. Sie hat eine weiße Schäferhündin, Carla, die sie ständig begleitet.«
»Haben Sie eigentlich meinen Vater gekannt?«
»Nein, Kyria. Unsere Wege haben sich nicht gekreuzt. Ich war in Lyon zu der Zeit und kümmerte mich um Xarina.«
»Und Xaris Vater?«
Die Hochmutter lächelte. »Er war damals bei mir. Später habe ich die höheren Weihen erhalten, und wir sahen uns nur noch selten. Aber noch immer besuchen wir uns zweimal im Jahr. Wir stehen uns sehr nahe, auch wenn wir oft getrennt sind. Kyria – auch so kann eine Liebe Bestand haben.«
»Ja, vielleicht … «
»Wenn man älter wird.«
»Vielleicht.«
»Und das Vertrauen auf einem festen Fundament steht.«
Ich schniefte vorsichtig und tupfte mir die Nase ab.
Maie hatte die ganze Fahrt über Kontakt mit ihren Leuten gehabt, doch als wir durch das Tor des Stifts fuhren, schaltete sie das Gerät an ihrem Ohr ab und steckte es in die Tasche.
Das Stift war ein uralter Bau, der schon vor der Großen Pandemie erbaut worden war und inmitten einer weiten, kunstvoll angelegten Parklandschaft lag. Viele Bäume und Büsche hatten bereits ihr Laub verloren, doch
Weitere Kostenlose Bücher