Kyria & Reb - Die Rückkehr
nächste Mal traf, konnte er sie vielleicht übermitteln.
Ich war gerade mitten in meiner Schilderung über die Wagenrennen, als ich von unten ungewohnte Geräusche hörte. Ein Container schurrte über das Pflaster, jemand stöhnte.
Subcults, auf ihrer Sammelrunde vermutlich. Niemand würde jetzt nach draußen gehen, um nach dem Rechten zu sehen. Die guten Mitglieder der Civitas verschlossen gerne die Augen vor dem Treiben der Ausgestoßenen. Ich überlegte, ob ich dennoch hinuntergehen sollte. Aber dann mahnte auch ich mich zu Vorsicht. Nicht alle Subcults waren Kinder, es waren auch raue, brutale Männer darunter.
Ich widmete mich wieder meinem Schreiben, als es an der Tür klingelte. Man machte abends niemandem mehr auf, der nicht angekündigt war.
Andererseits …
Ich hatte eine Waffe. Vielleicht war es nicht unsinnig, sie bei der Hand zu haben.
Wieder klingelte es, mehrmals diesmal.
Ich holte die kleine Pistole aus der Schublade mit den Strümpfen und ging zur Tür. Auf dem kleinen Überwachungsbildschirm erkannte ich Sunny. Der Junge war blass und starrte mit angstvoll aufgerissenen Augen in die Kamera.
»Was ist los?«, fragte ich in die Gegensprechanlage.
»Ria, kannst du helfen? Xari ist unten. Sie tun ihr was.«
»Wer tut wem was?«
»Männer. Der Xari.«
Sicher keine Civitates. Verdammt. Ich war doch keine Amazone.
Ein Schrei gellte durch die Nacht.
Ich lief die Treppe hinunter, öffnete vorsichtig die Tür.
Sunny, ein zitterndes Bündel Mensch, stammelte: »Im Hof, Ria. Tu doch was! Bitte!«
Wieder hörte ich einen unterdrückten Schrei. Ich drehte mich um, lief zum Hinterausgang und öffnete die Tür.
Drei Männer, über jemandem am Boden gebeugt. Sie zerrten daran wie hungrige Wölfe. Einer riss das Geschöpf hoch. Im trüben Licht der Hofbeleuchtung schimmerten blonde Haare. Ein weiterer Mann riss an den Kleidern. Blasse Haut erschien – eine Frau. Eine Messerklinge blitzte auf.
Rohlinge!
Mich packte die Wut. Mit beiden Händen nahm ich die Pistole hoch und hoffte, dass ich einigermaßen zielen konnte. Ein leises »Plopp« war zu hören, und einer der Angreifer fasste sich an die Brust. Dann sackte er langsam zusammen.
Die beiden anderen hielten in ihren Bewegungen inne, einer drehte sich zu mir um. Ich schoss noch einmal. Er hielt sich den Arm. Der Dritte sprang auf und rannte zum Tor. Ich versuchte, auch ihn zu treffen, aber er bewegte sich zu schnell. Das Tor knallte hinter ihm zu.
Sunny stand neben mir und schluchzte leise.
»Du, wer ist Xari?«
»Xari is unsere Chefin.«
Also die Anführerin. Ich überlegte. Ein Überfall auf eine Subcult war für die Ordnungskräfte kein Grund, etwas zu unternehmen. Trotzdem musste ihr geholfen werden. Ich ging vorsichtig zu den drei liegenden Gestalten. Laut Cam würde das Betäubungsmittel etwa eine halbe Stunde lang wirken.
Die zwei Männer lagen wie gefällt auf dem Pflaster, und als ich sie mir näher ansah, stellten sich mir die Haare auf. Das waren mitnichten Subcults.
Das waren Electi.
Einer davon Junor Logan.
»Sunny, lauf hoch, auf meinem Schreibtisch liegt mein KomLink. Bring es mir so schnell wie möglich.«
Sunny schniefte und raste los.
Ich beugte mich über die Frau. Sie war bewusstlos, aus ihren kurzen Haaren sickerte Blut. Ihre Kleider – graues Kapuzenshirt, graue, ausgeleierte Hose – waren zerrissen und schmutzig. Ihr Gesicht aber war jung und glatt.
Vorsichtig versuchte ich sie an den Schultern aufzurichten, und sie stöhnte auf. Dann öffnete sie die Augen, starrte mich an und versuchte sich von mir wegzurollen.
»Bleib liegen, Xari«, sagte ich. »Ich tu dir nichts. Sunny hat mich geholt.«
»D… die Männer … «
»Betäubt.«
»A… Amazone?«
»Nein, Bäckereiverkäuferin.«
Sunny tauchte mit dem KomLink auf, und ich wählte Maies Adresse.
»Ein Überfall, drei Electi haben eine Frau in Aprils Hinterhof überfallen.«
»Bleiben Sie in Ihrem Zimmer.«
»Ich bleibe bei ihr im Hof. Zwei von den Typen sind betäubt.«
Schweigen. Dann: »Das werden Sie mir erklären müssen.«
»Gleich.«
»Wen hast du angerufen?«, wollte Xari wissen, die sich aufgesetzt hatte und das zerrissene Shirt fest um sich wickelte. Sie zitterte, und ihr blasses Gesicht war blutverschmiert. Sunny saß neben ihr und streichelte ihre Arme.
»Eine Freundin.« Ich hockte mich neben sie. »Was tut dir weh?«
»Alles. Mein Kopf. Meine Knie.« Sie hob die Hände, die blutig aufgeschürft waren.
»Kannst du Arme und Beine
Weitere Kostenlose Bücher