Kyria & Reb - Die Rückkehr
sich in ein Café setzen oder eine Kneipe aufsuchen, die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen oder sich einen E-Jogger leihen und selbst fahren.
Er beschloss zu Fuß zu gehen. Und zwar nicht den kürzesten Weg.
Getrieben von dem Wunsch, die Gegend noch einmal zu sehen, in der er als Kind gewohnt hatte, wanderte er am Mainufer entlang und betrachtete die Villen der Main-Logen. Hier wohnten die hochrangigsten Electi-Familien, die Politikerinnen und Unternehmerinnen, Professorinnen und einige Priesterinnen mit weltlichen Aufgaben.
Hier wohnte Kyria.
Irgendwo in einem der eleganten weißen Häuser mit ihren weitläufigen Parkanlagen.
Was für eine andere Welt hatte er kennengelernt. Alte, baufällige Tiefgaragen, aufgelassene U-Bahnschächte, düstere Betriebsräume mit verrotteten Leitungen und Rohren, Behausungen von Menschen und Ratten, ausgestattet mit Müll und geklautem Material.
Beim Anblick der gepflegten Gegend fühlte er sich fremd und unsicher. Wie sollte er einer Electi begegnen? Als er sie verängstigt und verstört im Heilungshaus getroffen hatte, war er sich großartig vorgekommen, weil er ihr zur Flucht verhelfen konnte. Sie war so weltfremd gewesen, konnte sich noch nicht mal einen Gemüseburger klauen.
Aber rumzicken.
Das konnte sie bestimmt immer noch. Aber sie war jetzt wieder die Tochter von La Dama Isha, einer bedeutenden Politikerin.
Und er ein dreckiger Subcult. Trotz allem. Das wurde ihm hier gerade wieder so richtig bewusst.
Ach, Scheiße.
Er drehte sich auf dem Absatz um und marschierte mit wütenden Schritten auf die Mainbrücke zu. In der Arena würde er sich besser fühlen.
Ein bisschen wenigstens.
Er fand Cam im Stall bei seinen Pferden, die er mit Gründlichkeit striegelte.
»Na, Bürger des Reservats«, sagte er, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.
Reb sagte nichts. Er ging um einen Schimmel herum und betrachtete ihn mit Kennerblick. Auch das Pferd musterte ihn – vermutlich ebenfalls mit Kennerblick.
»Weißes Gespann, Mann!«
»Weißer Wagen, weiße Kleidung.«
»Wer sponsert dich?«
»PandemicaProtect.«
»Du spinnst.«
Cam zuckte mit den Schultern.
Reb überlegte. Cam tat nichts ohne Grund, und dass er sich von dem Pharmakonzern, den sie im Verdacht hatten, für die künstlich ausgelösten Seuchen verantwortlich zu sein, bezahlen ließ, mochte eine Taktik sein, um an mehr Informationen zu kommen. Aber ungefährlich war das bestimmt nicht.
Cam warf den Striegel in einen Kasten an der Wand, tätschelte das Pferd noch mal und wies dann auf den Ausgang.
»Gehen wir zu mir.«
Reb nickte und folgte ihm.
Die Unterkunft sah genauso karg aus wie alle, die er bisher kennengelernt hatte. Cam stellte unaufgefordert ein Bier vor Reb und nahm sich selbst ebenfalls eine Flasche aus der Kühlbox unter dem Tisch.
»Du gehst nicht mehr zurück zu deinem Clan?«, fragte er.
»Nein. Ich bleibe bei meinem Vater.«
»Schade, du warst hier sehr nützlich.«
»Mann, was für ein Lob.«
»Wie war die Reise?«
Reb verdrehte die Augen. »Ein Horrortrip. Halt dich von Electi-Zicken fern.«
Cam schnaubte leise. »So zickig ist sie gar nicht. Sie ist jetzt auch keine Electi mehr, sondern gibt die Brotverkäuferin in der Civitas.«
»Warum denn das nun schon wieder?«
»Weil sie La Dama Isha etwas zu abrupt die Wahrheit ins Gesicht gesagt hat. Maie hat ihr geholfen, erst einmal unterzutauchen.«
Das war der verwöhnten Princess sicher nicht leichtgefallen, dachte Reb. Das Leben der Civitates war zwar leichter als das der Subcults, aber weit strenger überwacht.
»Kommt sie klar?«
»Einigermaßen.« Cam grinste. »Solange sie sich nicht mit den empfindlichen Kunden anlegt.«
»Rumzickt, natürlich. Hast du sie getroffen?«
»Ein paarmal.« Reb bemerkte, dass Cam einen Augenblick versonnen aus dem Fenster sah. »Sie ist schon etwas Besonderes.«
Das war sie, ohne Zweifel.
Ein Stich Eifersucht durchfuhr Reb unerwartet, und er fragte: »Hast du was mit ihr?«
Der Blick aus Cams hellen Augen durchbohrte ihn förmlich. »Hast du was mit ihr?«
Reb schwieg, und Cam nickte. »Konnte ja nicht ausbleiben. Sie kommt zum Rennen. Und sie wird sich entscheiden, mit wem sie etwas haben will. Und jetzt brauche ich ein paar Einzelheiten deiner Reise.«
Reb unterdrückte seine aufkeimende Wut – Cam hatte recht. Kyria würde entscheiden. Und – wäre besser für ihn, wenn sie Cam wählte.
Er begann über die Reise in das Reservat zu berichten.
KLEINE PLÄNKELEIEN
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