Kyria & Reb - Die Rückkehr
mit Fürsorglichkeit und Verständnis begegnet, hatte beides hinter spöttischen Bemerkungen und Genörgel versteckt. Er hatte sie begehrt, war von ihr genervt, sie hatte ihn zum Lachen gebracht und ihm vertraut.
Und nun? Würde sie ihn überhaupt noch eines Blickes würdigen?
Das Bild von La Dama Isha und ihrer Tochter lag aufgeschlagen vor ihm.
Er befand sich in NuYu.
Er könnte sie anrufen.
Und hatte Angst davor.
BRECHMITTEL
O ffenbar hatte der Unfall in Dublin Reb nicht geschadet. Zusammen mit Xarina hatte ich mir die Rennen in Paris und Lyon angesehen. In Paris machte er den dritten Platz, in Lyon war er Sieger. Und natürlich umgeben von Bewunderern aller Art.
Die hatten ihm offensichtlich keine Zeit gelassen, mich anzurufen. Von Ole erfuhren wir, dass er eine Woche vor dem Capital-Cup hier eintreffen würde, aber diesmal war ich zu stur, um ihn anzurufen.
Meine Mutter musste wieder auf Reisen gehen, nun nach Skandinavien, aber sie hatte mit einigem Interesse den Überlegungen zugehört, die Xari und ich zu Demirs Vergiftung angestellt hatten.
»Ja, die Idee ist nicht verkehrt. Es könnte möglicherweise hilfreich sein, sich mit Donna Helika zu unterhalten. Sie ist jetzt zwar schon eine sehr alte Frau und lebt in einem geschlossenen Konvent in Aschaffenburg. Aber vor deiner Geburt war sie eine meiner Beraterinnen. Sie hat meine Volljährigkeitszeremonie geleitet und hätte auch die Partnerschaft mit Demir gesegnet. Dein Vater mochte sie sehr und hat sich oft mit ihr getroffen. Ich glaube zwar nicht, dass sie irgendwas mit der damaligen Epidemie zu tun hat, aber vielleicht erinnert sie sich an etwas, das Demir ihr anvertraut hat und das uns auf eine neue Spur bringen kann.«
»Wenn bekannt wird, dass eine von uns sie befragt, Mama, dann ist sie aber möglicherweise ihres Lebens nicht mehr sicher«, gab ich zu bedenken. »Maie hat noch immer nicht herausgefunden, wer die Gefangenen umgebracht hat.«
»Du hast recht. Erst wenn das geklärt ist, werden wir mit Donna Helika sprechen. Hoffen wir, dass Maie Erfolg hat, bis ich zurückgekehrt bin.« Und dann bedachte Ma Dama Isha mich mit einem ihrer seltenen echten Lächeln. »Schade, dass ich zum Capital-Cup nicht hier bin. Es wird Zeit, dass ich mich mal bei einem Quadriga-Rennen zeige. Die NuMen und die UrSa richten am letzten Novemberwochenende einen Wettkampf aus, bei dem es um die Goldene Bärin geht.«
»Echt? La Dama Olga wird gackern.«
»Tut sie jetzt schon. Sie würde die Arena am liebsten schließen. Aber das sagt sie nicht, das würde sie doch zu viele Stimmen kosten. Darum wird sie trotzdem anwesend sein, genau wie Ma Donna Saphrina und Lady Umika.«
»Wow, die ganze allerhöchste Prominenz.« Ich zwinkerte ihr zu. »Hast du deine Finger darin gehabt?«
»Ein wenig hier, ein wenig dort. Vor allem aber hat sich Alf van Leue dafür ins Zeug gelegt. Er sieht – korrekterweise – darin eine Chance, den Männern zu mehr Ansehen zu verhelfen.«
Alf van Leue war der Vorsitzende der Männer-Partei, ein umgänglicher Mann, der seine Forderungen auf elegante, aber ausgesprochen nachhaltige Weise durchzusetzen versuchte. Ich hatte mich einige Male mit ihm unterhalten und fand seine Ansichten recht vernünftig. Sein hohes Ziel war die Gleichberechtigung der Männer, insbesondere in der Ausbildung. Damit verbunden plädierte er auch für bessere Berufschancen. Früher hätte ich, genau wie viele der führenden Politikerinnen, diese Forderungen für unsinnig gehalten, zu tief war die Meinung verwurzelt, dass Männer für verantwortungsvolle Positionen einfach nicht geeignet waren. Das gewalttätige Potenzial, das in ihnen schlummerte und mit Medikamenten unterdrückt werden musste, machte sie zu einer Gefahr für das harmonische Zusammenleben.
Im Reservat hatte ich es völlig anders erlebt.
Ja, Männer neigten dazu, ihre Meinung auch mit Gewalt durchzusetzen. Aber war der medizinische Eingriff in ihre Natur nicht auch eine Form von Gewalt? War die Weigerung, ihnen eine umfassende Bildung zuzugestehen, nicht auch eine Machtausübung? War die abwertende Haltung, die aus diesen Maßnahmen resultierte, nicht der Gipfel der Verachtung?
Verachtung würde irgendwann zum Aufbegehren führen.
Raidergroups, die nachts Subcults überfielen und verprügelten, wurden geduldet, die Berichterstattung über diese Umtriebe unterdrückt. Wettkämpfe wurden geduldet, aber die Männer wie wilde Tiere in geschlossenen Unterkünften gehalten.
Meine Mutter unterbrach
Weitere Kostenlose Bücher