Kyria & Reb - Die Rückkehr
seinen Zustand.«
»Ja, mache ich.«
Und dann kochte ich mal wieder Tee.
Der Bote der Pharmazie kam erfreulich rasch und übergab mir die Arzneimittel, und mit Spritze und Teekanne trat ich ans Bett.
Klar, ich hatte oft genug Injektionen bekommen. Wie man das machte, wusste ich. Aber etwas sagte mir, dass Reb nicht freundlich auf die Behandlung reagieren würde.
Als ob er es geahnt hätte, schlug Reb die Augen auf. Und sofort fiel sein Blick auf die Spritze. »Nein!«, sagte er heftig.
»Oh doch.«
»Nein!«
»Feigling.«
»Ja, und?«
»Na gut. Dann trink das hier.«
Ich half ihm, sich aufzurichten, und bot ihm die Tasse mit heißem Tee an.
»So leicht gibst du doch nicht auf«, grummelte er.
»Doch, sicher.«
Er nippte misstrauisch an dem Getränk, trank aber bereitwillig die halbe Tasse leer. Dann ließ er sich wieder in die Kissen sinken.
Ich holte eine Schüssel aus dem Badezimmer und stellte sie neben das Bett. Wir brauchten sie nicht, aber zwei Minuten später setzten die Krämpfe wieder ein, und er rollte sich mit dem Rücken zu mir stöhnend zusammen. Er tat mir ja so leid, aber ich zog die Decke von ihm und holte tief Luft.
Dann stach ich zu.
Er heulte auf.
»Lauter, Reb, dann werden die Nachbarn die Amazonen alarmieren!«
»Ich … hasse … dich!«, röchelte er.
»Ja, noch zehn Minuten lang.«
»Ewig!«
Ich deckte ihn wieder zu und streichelte seine Schulter. Die Krämpfe ließen nach, aber er blieb mit dem Gesicht zur Wand liegen.
»Reb, die Ewigkeit ist um.«
Kopfschütteln.
»Reb, es war nur ein kleiner Pieks in deinen Hintern.
»Hinterhältig.«
»Notwendig. Erinnerst du dich noch an meinen Muskelkater in den Beinen? Als ich glaubte, daran zu sterben?«
Ein kleines Grunzen. Schließlich drehte er sich um.
»Besser?«
»Ja. Aber jetzt tut mir der Hintern weh.«
»Jammerlappen. Komm, trink.«
»Nicht schon wieder.«
»Doch. Es passiert jetzt nichts. Versprochen.«
Er rutschte ein Stück nach oben und richtete sich auf. Ich reichte ihm die Tasse, und er trank sie leer. Dann half ich ihm, sich wieder hinzulegen, und dimmte das Licht. Es war schon lange nach Mitternacht, und allmählich spürte ich die Erschöpfung. Ein paar Kleinigkeiten gab es noch zu tun, seine Kleider aus der Wäsche zu nehmen, mir ein zweites Kopfkissen und eine Decke zu holen und ins Bad zu gehen. Das Bett war breit genug für zwei, ich schubste Reb ein wenig zur Seite und legte mich zu ihm. Er brummelte schläfrig.
REB WACHT AUF
E r fühlte sich matt und klapprig, aber die Krämpfe waren verschwunden. Graues Herbstlicht fiel durch das Fenster auf die blassblauen Seidendecken, die ihn umhüllten. Irgendwie rochen sie nach Blumen oder so.
Vorsichtig reckte Reb seine Glieder und fand sie bleischwer.
Doch die Erinnerung an das Geschehen war klar.
Eine Kneipe, Slippery Slim und Silly Siggi hatten ihn mitgenommen, vier Groupies hatten sich an sie geklettet. Zwei von ihnen hatten sich an ihn geschmissen. Nicht, dass er sich gewehrt hätte, aber er hätte vorsichtiger sein müssen.
Er war sich ziemlich sicher, dass sie es gewesen waren, die ihm das Brechmittel ins Bier getan hatten. Warum auch immer. Einen Verdacht hatte er allerdings. Seit er in Paris Victor besiegt hatte, war der Kerl so giftig geworden, dass er vermutlich alles daransetzen würde, ihn bei diesem renommierten Rennen in der Hauptstadt außer Gefecht zu setzen.
Das durfte ihm nicht gelingen.
In seinen Qualen gestern Abend hatte er trotz allem noch versucht, seinen Begleitern nicht unter die Augen zu kommen. Als das Würgen begann, war er nach draußen gegangen. Dann verlor sich das Ganze zwar etwas im Nebel der Krämpfe, aber mit seinem Rest von Überlebenswillen hatte er versucht, zu der einzigen Person zu gelangen, von der er Hilfe erwarten konnte – Kyria.
Himmel, was musste sie von ihm denken.
Er sah sich um. Eine Electi-Höhle, seidene Bettwäsche, schimmernde Holzmöbel, weiche Teppiche, ein geschliffener Spiegel – bloß nicht reinschauen …
Reb tastete nach der Teetasse und trank dankbar, um den grauenvollen Geschmack in seinem Mund loszuwerden.
Sie hatte ihm geholfen. Sogar sehr effizient. Verschwommen erinnerte er sich daran, dass sie die ganze Nacht über neben ihm gelegen hatte, ihre Hand auf seinen Händen.
Er schloss wieder die Augen.
Unmöglich, so schrecklich unmöglich. Er konnte nicht bei ihr bleiben, sie gehörte zu einer ganz anderen Welt als er. Er musste aufstehen und seine Kleider suchen. Jemanden
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