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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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verließ, aber ich hatte Glück und fand eine Kneipe, die es mit den Schankzeiten nicht so genau nahm und ihren Nebeneingang offen hielt.
    Daheim angelangt, wußte ich, was ich nun tun würde. Ich war inzwischen fest davon überzeugt, daß ich tatsächlich etwas gesehen hatte, als ich das Foto im Licht hin und her drehte. Etwas Elefantöses? Ich wußte es nicht. Aber mein Entschluß stand fest. Dan Hyde suchte den Kontakt mit mir, und ich hatte die Absicht, in der Abgeschiedenheit meines Apartments, wo sich keiner über meinen Geisteszustand mokieren konnte, ein paar Takte mit ihm zu reden.
    Sheila brachte ihre Fotoausrüstung knapp eine Stunde nach meinem Anruf vorbei, und sie schien nicht allzu enttäuscht, als ich unsere Abend-Verabredung rückgängig machte. Es geschah nicht das erstemal, daß ich unverhofft in die hintersten Winkel von Kerry oder Donegal lostigern mußte, und meine Ausrede klang wohl einigermaßen plausibel.
    Als sie fort war, verriegelte ich die Tür, zog die Vorhänge zu und begann alles aufzubauen. Gegen sechs Uhr stand eine Batterie Guinness-Dosen in Reichweite meines Lehnstuhls, und General Jameson blickte mit militärischer Strenge von seiner Literflasche über die beiden Whiskybecher aus Kristallglas hinweg.
    Zwei? Herrgott, hatte ich zwei hergerichtet? Natürlich, natürlich, ich rechnete doch mit dem Erscheinen von Dan Hyde, oder? Doch selbst, nachdem ich meine Idiotie erkannt hatte, ließ ich den zweiten Becher stehen. Für alle Fälle!
    Pah!
    Gegen elf hatte ich wacker in den Kampf eingegriffen. Ich war blau, der General hatte Dreiviertel seiner Truppen verloren, und es sah ganz so aus, als würde er den nächsten Morgen nicht mehr erleben.
    Gegen zwölf hatte ich beschlossen, die Suche nach rosa Elefanten aufzugeben und mich auf den Endsieg zu konzentrieren.
    Etwas später war ich so besoffen, wie ein Mensch nur sein kann, und noch etwas später war ich noch besoffener.
    Um fünf nach zwei kamen die Elefanten, und ich gewann wieder voll den Boden unter meinen Füßen. Ich konnte meinen Gästen nichts mehr zu trinken anbieten.
    Rückblickend glaube ich, daß sie sich schon eine ganze Weile im Zimmer aufhielten, ehe ich sie bemerkte. Sie saßen einfach da und warteten. Das war mir zum damaligen Zeitpunkt nicht bewußt, aber jetzt … Jedenfalls kamen sie weder durch die versperrte Tür noch durch die verriegelten, von dichten Vorhängen geschützten Fenster. Sie nahmen einfach Gestalt an. Eben noch starrte ich betrunken auf ein leeres Zimmer, das sich drehte, und überlegte, ob ich es noch rechtzeitig bis zur Toilette schaffen würde oder nicht. Im nächsten Moment hörte das Zimmer zu kreisen auf, meine Übelkeit ließ nach, und die beiden Elefanten saßen Seite an Seite auf dem Sofa.
    Sie sind weder rosa noch Elefanten, aber sie sind rosa Elefanten. Jetzt verstand ich diesen Satz.
    Sogar im Sitzen waren diese Ganeschas [11] größer als normale Menschen und ganz sicher mächtiger. Jeder sah aus, als würde er drei bis vier Zentner wiegen. Ihre Arme (?) und Beine (?) waren dicke Fleischwülste, die nicht die Spur von Fingern oder Zehen aufwiesen. Beide Gliedmaßenpaare waren in einer sehr menschlichen Entspannungspose verschränkt. Ich hätte schwören mögen, daß sie in der Tat völlig entspannt waren.
    Und sie besaßen Rüssel – lange Schnauzen, die sich zwischen ihren Augen vorstülpten und in die Tiefe wellten, bis sie auf den breiten Bäuchen ruhten. Erst als sie sich mit mir zu unterhalten begannen, merkte ich, daß diese Rüssel nicht aus einem Stück bestanden, sondern aus Hunderten langer dünner Muskelfasern, die in Ruhestellung zu einem einzigen Strang zusammenfielen.
    Ich bemerkte enttäuscht, daß sie keine Ohren hatten, keine breiten Schlabberohren – überhaupt keine Ohren.
    … und keine Geschlechtsorgane. Aber vielleicht suchte ich die auch an der falschen Stelle. Obwohl ich mir die Geschöpfe genau anguckte. Ich starrte sie an, voller Neugier und ganz und gar nüchtern.
    Sie waren auch nicht rosa, wenngleich rosa noch am ehesten hinkommt. Wenn Sie mal am Rande des Liffey gestanden und einen Spätsommersonnenuntergang im Westen von Dublin bewundert haben, mit seinen wechselnden Purpurtönen und den safrangelben Cirrusstreifen dazwischen – dann können Sie sich in etwa die Hautfarbe der Geschöpfe vorstellen, die mir gegenübersaßen.
    »Hm – tja«, murmelte ich und vergaß die raffiniert aufgebaute Fotofalle mitsamt Kassettenrekordern. Statt dessen holte ich

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