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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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wesentlich höheren Niveau als diese Lateiner – nehmen wir uns zum Beispiel die Hygiene, die schon in der islamischen Religion verankert ist. Dieser Begriff sagt den Abendländern so gut wie nichts. Sie kennen das Baden nur, wenn es regnet und kein Unterschlupf vorhanden ist. Genau nach 8700 Umkreisungen um diesen Stern machen die Nachkömmlinge dieser Morgenländer den ersten Schritt ins All, und wenig später treten sie unserer galaktischen Allianz bei. Von diesem Augenblick an können wir ihnen unsere Erkenntnisse übergeben, ohne daß wir uns der Übertretung des Nichteinmischungsgesetzes schuldig machen. Dieses gilt nur bis zu der Zeit, in der sich die vernünftigen Wesen mit eigenen Mitteln und Kräften in den Kosmos begeben können.«
    »Kaum neun Jahrtausende«, sagte der Techniker ehrfurchtsvoll, »das ist eine ziemlich rasante Entwicklung. Übrigens, heute übernehme ich noch einmal den Nachtdienst, aber morgen müssen Sie ihn übernehmen, dreimal hintereinander ist zuviel, ich könnte sonst möglicherweise doch einmal versagen.«
    »Natürlich«, versicherte der Historiker, »ich übernehme ihn.«
    Der Techniker knurrte etwas Unverständliches.
     
    Der Graf von Flandern, einer der führenden Persönlichkeiten des Kreuzzuges, kam auf eine hervorragende Idee. Er bot jedem von seinen Bauern, die ihn bisher treu begleitet hatten, einen Groschen für jeden an eine gewisse Stelle im Graben geworfenen Stein. Der Geldbeutel leerte sich, der Graben füllte sich. Nicht nur mit Steinen, auch mit Leichen. Arabische Bogenschützen trafen ihre Ziele sehr gut. Und der Graf von Flandern verdiente zweimal, denn die Belohnung zahlte er natürlich nur den Lebenden. Solange er noch etwas hatte.
    Danach wurden die Angriffe unterbrochen.
    Drei Tage und drei Nächte fasteten sie, büßten gemeinsam, kasteiten sich, verziehen sich gegenseitig alles, was sie sich angetan hatten, empfingen Sündenerlaß und die Hostie zur Erinnerung an Den, der hier starb und ruhmreich vom Tode auferstand. Dann gingen alle, ins sackartige Gewand der Büßer gekleidet, den Kopf mit Asche bestreut, in Prozession um die Stadt herum. Hinter den Mauern lachten die Verteidiger sie aus, trugen in parodistischer Nachahmung des Gefolges umgedrehte Kreuze und Marienbilder von den ausgeraubten Kirchen und unter lautem Gelächter bewarfen sie sie mit Unrat und Kot.
    Aber die dort unten verschluckten ihren Groll, erinnerten sich des ersten Tages, an dem die Wut ein schlechter Ratgeber gewesen war, laut sangen sie die Psalmen, hielten den Drang auszubrechen zurück, beendeten den weihevollen Weg der Buße, dreimal umschlangen sie die Mauer mit dem magischen Kreis ihrer heiligen Verzückung und geduldig trugen sie weiter in ihren Herzen die wilde Sehnsucht, Den zu rächen, der dort oben geschmäht und beleidigt wurde.
    Und dann kam der Tag des Heiligen Angriffs.
    Der 15. Juli 1099.
    Beide Türme wälzten sich mit schrecklichem Knarren der gewaltigen Räder auf den ausgefüllten Stellen des Grabens bis zu der Mauer. Beide Seiten begannen den Kampf mit teuflischer und verzweifelter Entschlossenheit. Die Pfeile der Verteidiger sprangen von den Rüstungen der fränkischen Ritter ab, nur dann und wann traf ein glücklich geworfener Stein einen Angreifer, der im Nu aus der Turmplattform verschwand. Sofort kam der nächste aus dem unteren Stock, der Kampf setzte sich fort. Leichen bedeckten die Umgebung des Turmes.
    In den Reihen der Verteidiger wütete die ihnen unbekannte Waffe der Abendländer – die Armbrust. Die Pfeile der Schützen hinter der Deckung der Schilde durchdrangen die Metallhemden von Iftikars Soldaten. Die Armbrust glich die Überlegenheit der Muslimen aus, die bisher durch das griechische Feuer geherrscht hatte.
    Die Entfernung zwischen der höchsten Plattform und der Mauer war zwar noch groß. Aber auch so war niemand müßig, jeder von den Angreifern hatte zu tun. Sie schossen mit Armbrüsten, warfen Steine und vor allem löschten sie die immer neuen Flammenstrahlen des verfluchten griechischen Feuers hervorgerufenen Brände.
    Gottfried von Bouillon stand auf der höchsten Plattform, schluckte Flüche und Tränen des Zorns, mit wilden, irrsinnigen Augen verfolgte er die Entfernung, die sie von der Zinne trennte, von der Zinne, die hoch mit Wollsäcken bedeckt war.
    Zu weit entfernt! Zu groß!
    Hinter dem Oberbefehlshaber der Expedition stand ein junger rothaariger, rotbärtiger Adeliger und schüttelte wütend den Kopf. Beide verstanden sich

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