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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Beobachtungen sogar die Nachtruhe, und beschränkte sich auf Befehle, Bemerkungen und Ausrufe der Bewunderung.
    »Ich habe nie geahnt«, erwiderte der Historiker spöttisch, »daß sich die Techniker für solche Dinge interessieren. Aber ich habe schon gemerkt, wie ausgezeichnet Sie die geographischen Begriffe dieses Planeten beherrschen. Nur muß ich Ihnen mit Bedauern mitteilen, daß ich nicht befugt bin, Ihnen zu sagen, weshalb wir Ihn retten sollen, denn Sinn und Zweck derartiger Unternehmungen dürfen Personen der Dritten Kategorie nicht zugänglich gemacht werden, und Sie als Techniker gehören dieser Kategorie an.« Der Historiker lächelte entschuldigend und fuhr fort: »Doch ich kann Ihnen etwas über die hiesige Entwicklung sagen. Diese Abendländer, oder, wenn Sie wollen, Westmänner oder Okzidentalen, nennen sich selbst Franken. Diese sind eine komische und vor allem unproduktive Mischung aller möglichen Stämme und Reste der Bevölkerung der einmal hoch entwickelten griechisch-römischen Zivilisation. Ihre Ahnen haben das Römische Imperium zerschmettert und auf dessen Ruinen eine Reihe von barbarischen Königreichen geschaffen.
    Sie haben nicht nur ein Reich, sondern eine ganze Kultur vernichtet. Die einmal blühenden Städte verwandelten sich in eigenartige Steinbrüche. Sie haben den Begriff des Handels verloren, im Sinne eines Umtauschs von Waren in größeren Mengen, aber sie sind autark, genügsam, anspruchslos, frech, bescheiden, stolze Habenichtse, und vor allem kämpferisch.
    Endlos tragen sie Kriege und Kriegchen unter sich aus. Ganz Europa erzittert unter endlosen Kämpfen, und die armen, aber freien Bewaffneten – die Ritter – rotten sich blutgierig gegenseitig aus. Das wäre absolut nicht tragisch, aber sie vernichten dabei die Ernte ihrer Untertanen, eine sehr karge Ernte, kann ich Ihnen versichern, denn die Agrotechnik und das Bebauen der Felder ist bei ihnen furchtbar rückständig, und so werden sie ständig von Hungersnöten heimgesucht, und was der Hunger nicht tötet, bringt die Pest unter die Erde. Alles wäre längst zugrundegegangen, wenn ihrem theokratischen Führer, Papst Urban II., nicht eine geniale Idee gekommen wäre …«
    Ein summender Ton erfüllte plötzlich das Raum-Zeit-Schiff.
     
    Die Armee aus Ägypten setzte sich in Bewegung. Binnen zwei Monaten wird sie auf der alten Straße der Pharaonen Jerusalem erreichen. Und kein Holz, nirgends. Erkundigungstrupps kamen mit mageren Ergebnissen zurück. Sie brachten nicht einmal soviel Material, daß man daraus Sturmleitern hätte machen können. Der Wasserpreis stieg weiter. Niemand gab nach.
    Die verzweifelte Heiligkeit der Begeisterung erreichte ihren Gipfel.
    Am Ende der Hauptberatung setzte sich der Vorschlag durch, den Angriff des ersten Tages zu wiederholen. Wenn sich der Graben ausreichend mit Leichen füllte, konnte man versuchen, über diese Toten die Mauer zu erklimmen und sich zu einem Tor durchzuschlagen.
    Und augenblicklich wurde ein Termin für diesen heiligen, brünstigen und unsinnigen Angriff festgesetzt.
    Einen Tag vor diesem Termin erscheint bei den Helden des Kreuzes ein Bote der genuesischen Matrosen. Sechs Schiffe warten im Hafen Jaffa auf die Entladung. Sie bringen kriegswichtiges Material, vor allem Holz.
    Können die Kreuzfahrer einige Leute zum Transport dieser Mittel entbehren?
     
    Wvf 47 schaltete den Bildschirm ein, ging die einzelnen Felder durch und beruhigte mit einer Handbewegung den Techniker. »Nichts«, murmelte er, »ein nutzloser Alarm. Ein paar Nachzügler aus Genua. Matrosen.« Und dann fluchte er so ordinär, daß ihn der Techniker bewundernd anstarrte.
    »Etwas los?« fragte er neugierig.
    »Nichts ist los, aber unsere Aufgabe wird sich weiter verzögern, und wir werden hier weiter Wachtposten spielen müssen. Wo steckt dieser Mensch? Warum ist Er noch nicht da?! Wo treibt Er sich herum, zum Teufel?!«
    Der Techniker sah ihn fragend an.
    »Gottfried von Bouillon wird seine Belagerungstürme haben, nach denen er so verlangt hat. Die Matrosen bringen nicht nur Holz, sie demontierten sogar die eigenen Schiffe und transportieren sie nach Jerusalem. Also werden die nächsten Tage um so interessanter sein, da sich die Agonie der Abendländer weiter verlängert. Auf unsere Rechnung!«
    Dann starrte er nachdenklich den Techniker an, und bewegte etwas unsicher die Lippen.
    »Geniale Idee des Theokraten …«, erinnerte ihn mit ironischer Hochachtung der Techniker.
    »Nein, nein«, sagte

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