L wie Liquidator
Augenwinkeln heraus zu sehen, genauso wie Karen Kittermann ihn gesehen haben mochte.
Er war einer von diesen gescheckten Blonden – helles Haar, das über dunklem Haar lag –, sein Bart war struppig und braun. Als er seine gefütterte Jacke über den Stuhlrücken hängte, dehnte sich der karierte Flanell über seinen Schultern. Eine der Frauen flüsterte ihm etwas zu, und er brach in ein herzhaftes Lachen aus. Er hatte ein überraschend angenehmes Lachen. Seine Augen waren sehr blau, und seine Zähne, die den Bart durch ein weites Lächeln spalteten, waren perfekt.
Eine neue Silver Bombe mit einer Nadel, groß genug, um als Speer durchzugehen, erschien vor mir. Ich blickte hoch, um meinem Barkeeper zu sagen, er solle meine Rechnung fertigmachen, aber er war bereits damit beschäftigt, von der Gesellschaft um Currin Bestellungen aufzunehmen.
Ich rührte mit der Nadel in der Bombe und dachte an Karen.
Es war wie eine von den Geschichten, die vor vierzig oder fünfzig Jahren passiert waren. Frau trifft Mann, Frau liebt Mann, Frau verliert Mann, Frau verliert den Verstand, Frau schneidet sich Kehle durch. Man sollte annehmen, die Frauen hätten damit aufgehört, sich wegen der Männer zu quälen, aber die Menschen ändern sich nicht wirklich. Rache, zum Beispiel, ist noch immer süß; etwas, das Karen erkannt hatte, bevor sie ein gezacktes Tranchiermesser für sich auswählte. Trotz ihrem eher fatalen Faible war sie in vielerlei Hinsicht ein außergewöhnlicher Mensch gewesen, und heute nacht sollte Currin herausfinden, wie außergewöhnlich.
Hinter mir zwängte sich ein Mann vorbei und schrie »Jeremy« über die Musik hinweg, die jedesmal, wenn jemand hereinkam, an Lautstärke zunahm. Ich lehnte mich gegen die Bar und erhaschte Currins Blick, als er aufschaute, um einen Neuankömmling zu begrüßen. Seine Augen blieben kurz an mir hängen, und als er sich wieder hingesetzt hatte, sah er mich direkt an.
Ich dachte gerade über meinen nächsten Zug nach, als jemand auf den Stuhl neben mir glitt. Sofort war ich stocksauer darüber, daß ich nicht daran gedacht hatte, noch eine oder zwei Frauen mitzunehmen. Nun, man kann nicht an alles denken. Zu meiner Erleichterung schien der Mann neben mir mehr an einer der Frauen interessiert zu sein, die sich um Currin bemühten; wahrscheinlich an einer, die Currin nicht gefiel. Meine Hoffnung, mein Nachbar würde mich gänzlich ignorieren, wurde zunichte gemacht, als er mir leicht auf den Arm klopfte.
»Was ist das für ein Drink?« bellte er über den Musikpegel hinweg.
»Silver Bombe!« bellte ich zurück und versuchte dabei gelangweilt auszusehen, was nicht leicht ist, wenn man schreien muß. »Wenn Sie auch eine möchten, wenden Sie sich an ihn!« Ich zeigte auf meinen Barkeeper, der damit beschäftigt war, für Currins Begleitung Getränke auszuwählen und Schlimmes durchmachte.
Currin lächelte mir zu, als er seinen Jack Daniels – zweifingerhoch – zum Munde führte. Mit einer sehr subtilen Bewegung prostete er mir zu, und ich nickte zustimmend. Mein Nachbar hatte es auch bemerkt, während mein Barkeeper ihm seine Version der Silver Bombe erzählte, was auf ihn keine Wirkung hatte.
»Wenn Sie hier sind, um Ihr Glück zu machen«, brüllte er, »müssen Sie nur die Hauptader treffen – oder wenigstens den Kopf. Er ist ein wirklicher Bar-Star. Kriegt jede, die er will!«
»Keine Beleidigung, bitte. Wer hat Sie überhaupt um Ihre Meinung gebeten?« Ich drehte mich um und sah wieder zu Currin hinüber. Die Menschen hatten sich wie alte Zeitungen um ihn herum angesammelt. Der Alkohol und die ganze Atmosphäre arbeiteten jetzt sichtlich an ihm. Er war nicht einmal das bißchen betrunken, das ich war, aber er brauchte nicht lange, um seine Attituden zu justieren. Sein Gesicht leuchtete, und ich bekam Bruchstücke seiner Unterhaltung mit, als sich Stimme und Geist zugleich emporschwangen.
Er suchte noch einmal meinen Blick, während ihm jemand etwas ins rechte Ohr brüllte; wir lächelten uns an. Ich fing an, mir gemein vorzukommen.
Es gelang mir, meinen Barkeeper abzufangen, nachdem er gerade eine Runde an die Kicherer zu meiner Linken abgeliefert hatte. »Der Whiskey schlürfende Gentleman ist bereit für einen neuen. Setzen sie ihn auf meine Rechnung und sagen Sie ihm, er käme von mir.« Ich hielt den Zeitpunkt für geeignet.
»Er hat mich bereits gebeten, Ihnen einen neuen zu bringen, sobald Sie fertig sind!«
»Okay.« Ich stürzte das Tonic-Water hinunter
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