Laborwerte
stufenweise aktiviert werden. Bei einer Verletzung der Gefäßinnenwand werden diese 15 Faktoren kaskadenartig aktiviert, bis letztlich ein Faktor entsteht, der zur Bildung von Thrombin führt. Das Thrombin wiederum überführt Fibrinogen in Fibrin, welches das anfangs lockere Blutgerinnsel verfestigt. Bei einer inneren Verletzung eines Blutgefäßes verläuft diese Gerinnungskaskade langsam, weil alle 15 Faktoren nacheinander aktiviert werden. Bei einer äußeren Gewebsverletzung läuft die Gerinnung viel schneller ab, da ein thrombinaktivierender Faktor aus dem Gewebe (Gewebsthromboplastin) freigesetzt und dadurch die Aktivierung zahlreicher Gerinnungsfaktoren umgangen wird.
Auf die Gerinnselbildung folgt in der Regel eine langsame Auflösung des Blutgerinnsels (Fibrinolyse). Beim gesunden Menschen laufen Gerinnselbildung und -auflösung in geringem Ausmaß ständig nebeneinander ab. Nur bei einer Störung dieses Gleichgewichtes kommt es entweder – durch unzureichende Gerinnung oder vermehrte Gerinnselauflösung – zu einer vermehrten Blutungsneigung oder aber – durch gesteigerte Gerinnung oder verminderte Fibrinolyse – zu Thrombosen und Embolien.
Bei einer krankhaften Blutungsneigung sind die Blutungen entweder zu stark, zu lang oder treten ohne entsprechenden Anlass auf. Eine vermehrte Blutungsneigung kann durch Erkrankungen der Blutgefäße (Vaskulopathien), durch Mangel oder Funktionsstörung von Blutplättchen (Thrombozytopenien oder -pathien) bzw. von Gerinnungsfaktoren (Koagulopathien) verursacht sein.
Bereits die Form der Blutung kann auf die Ursache einen Hinweis geben. So kommt es bei einem Mangel oder einer Funktionsstörung von Gerinnungsfaktoren zu großen Blutungen in Gewebe, Muskeln und Gelenken sowie zu flächigen Blutungen unter der Haut. Bei Erkrankungen der Blutgefäße sowie bei einem Mangel oder einer Funktionsstörung der Blutplättchen treten kleinfleckige Hautblutungen (Petechien und Ekchymosen) auf. Sind größere Hautareale von kleinen Blutungen betroffen, spricht man von Purpura.
Neben der genauen Anamnese werden zur Abklärung einer Blutungsneigung bestimmte Routine-Gerinnungstests durchgeführt.
Dazu gehören die Zählung der Blutplättchen, die Messung der Blutungszeit und die Bestimmung von Quick und PTT sowie in bestimmten Fällen Fibrinogen. Erst wenn dadurch keine genaue Diagnose möglich ist, erfolgen weitere Spezialuntersuchungen. Die genannten Tests werden – abgesehen von der Fibrinogenbestimmung – grundsätzlich vor jedem operativen Eingriff bzw. vor einer Untersuchung mit Entnahme einer Gewebeprobe durchgeführt, um eine mögliche Gerinnungsstörung zu erkennen und so einer starken Blutung rechtzeitig vorzubeugen.
Laboruntersuchungen
Bei einer Verringerung der Zahl der Blutplättchen unter 140 000/µl Blut spricht man von einer Thrombozytopenie (Erniedrigung der Blutplättchen). Blutungen treten jedoch meist erst auf, wenn die Anzahl der Blutplättchen unter 30 000/µl sinkt. Eine Thrombozytopenie kann zahlreiche Ursachen haben, wie z. B. eine Knochenmarksschädigung durch Medikamente, Strahlen oder Chemikalien, eine Überwucherung des Knochenmarks durch Tumoren, einen Mangel an Vitamin B 12 oder Folsäure, die Bildung von Abwehrstoffen gegen Blutplättchen, eine vergrößerte Milz, Leberzirrhose, die Schädigung der Thrombozyten durch künstliche Herzklappen und vieles mehr.
Mit der Bestimmung der Blutungszeit kann man eine Störung der Zahl bzw. Funktion der Blutplättchen nachweisen. Die Blutungszeit ist verlängert nach der Einnahme von Medikamenten, die die Thrombozytenaggregation hemmen (v. a. Acetylsalicylsäure) und beim Willebrand-Jürgens-Syndrom.
Die Thromboplastinzeit (TPZ), besser bekannt als → Quick-Wert, ist ein Suchtest bei allen Blutungsneigungen; er erfasst Erniedrigungen der Gerinnungsfaktoren II, V, VII, X und Fibrinogen. Außerdem wird er als Kontrolluntersuchung bei der Behandlung mit blutgerinnungshemmenden Medikamenten vom Cumarin-Typ herangezogen. Dabei wird der Quick-Wert in Prozent des Normwertes angegeben. Unter Cumarin-Behandlung ist der Quick-Wert wegen fehlender Standardisierung nicht von Labor zu Labor vergleichbar. Aus diesem Grund wird das Maß der Gerinnungshemmung normalerweise mit der INR (international normalized ratio) angegeben.
Ebenso wie der Quick-Wert gehört die Bestimmung der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) zu den Basisuntersuchungen bei jeder Blutungsneigung. Damit werden die Gerinnungsfaktoren II, V,
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