Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
in dreißig Metern Entfernung und Jeb glaubte, dass sie alle Zeit der Welt hatten, aber dann begannen sie plötzlich, schneller zu pulsieren.
Das Blau leuchtete stärker auf, um dann umso schwächer zu werden. Es war wie beim menschlichen Herzschlag, der sich erhöht hatte und nun in der Brust hämmerte – kurz vor dem Ende.
Damit hatte keiner von ihnen gerechnet. Er wollte gerade seinen müden Körper zu einem Spurt antreiben, als er bemerkte, dass Mary stehen geblieben war. Sie drehte sich zu dem fahl beleuchteten Gang um, aus dem sie gekommen waren, rührte sich aber nicht. Mischa und Jenna hielten nun ebenfalls inne. Jeb trat zu Mary, stellte sich vor sie und sah sie an.
»Was ist?«
»Ich komme nicht mit.«
»Mary …«
»Du kannst mich nicht umstimmen, ich werde hierbleiben.«
»Es wäre ein sinnloses Opfer, Mary. León ist nicht mehr am Leben, du musst weitergehen.«
»Ich werde seine Leiche suchen gehen. Ich kann ihn hier nicht zurücklassen.«
Jeb wandte den Kopf. Hilfe suchend blickte er zu Jenna, die einen Schritt auf Mary zu machte. »Tu es für deinen kleinen Bruder. Tue es für David, er braucht dich.«
»Ihn gibt es nicht mehr, genauso wenig wie León oder mein altes Leben.«
»Sag das nicht.«
»Was soll ich nicht sagen?«, zischte Mary. »Die Wahrheit? Willst du sie nicht hören? Es gibt keinen Ausweg. Kein Happy End. Wir werden hier elendig verrecken, entweder in dieser oder einer anderen Welt, es spielt also keine Rolle, ob ich mich weiterquäle oder nicht. Ich habe keine Lust mehr auf dieses Spiel, ich steige aus!«
Damit machte Mary auf dem Absatz kehrt und marschierte in Richtung des weißen Ganges. Jeb war so überrascht, dass er gar nicht reagieren konnte. Allerdings schien Jenna die Sache vorausgesehen zu haben, denn sie rannte Mary sofort hinterher, aber Mary schob sie einfach zur Seite.
Nun setzte sich auch Jeb in Bewegung, aber er kam nur langsam vorwärts. Alles in ihm sträubte sich, wieder in diesen Gang zurückzurennen. Hinter ihm pulsierten die Tore immer schneller. Die blauen Lichter schossen nun rasch hintereinander über den blanken Boden und verschwanden in der Dunkelheit des großen Raumes. Die Uhr tickte. Ihnen blieb keine Zeit. Und schon wieder trat ihm kalter Schweiß auf die Stirn und seine Brust wurde eng. Er musste hier endlich raus.
»Jenna!«, rief er laut. »Wir müssen zurück. Die Tore …«
Aber sie hörte ihn nicht oder wollte ihn nicht hören. Sie war deutlich schneller als Mary. Mit einem Satz war sie bei ihr, umfasste ihre Hüfte und hielt sie fest. Mary ruderte mit den Armen, aber Jenna kickte ihr kurzerhand die Füße weg und fixierte sie am Boden. Noch nie hatte er Jenna so kämpfen sehen. Es war sofort zu erkennen, dass sie Mary gegenüber körperlich weit überlegen war.
Dann packte Jenna Mary an den Füßen und schleifte sie hinter sich her. Mary kreischte wie irre, zappelte mit den Beinen und schlug mit den Armen um sich, aber Jenna ließ nicht los.
Jeb wollte helfen, fing sich aber einen unkontrollierbaren Schlag von Mary ein, dass er zurückzuckte.
Und dann war plötzlich Mischa da. Mit einer Kraft, die Jeb ihm niemals zugetraut hätte, fasste er nach unten und hob Mary scheinbar mühelos hoch. Er schlang seine Arme um Mary und hielt sie fest.
»Es ist alles gut«, hörte ihn Jeb flüstern. »Alles ist gut.«
Marys Kraft schien zu erlahmen.
»Alles ist gut, Mary«, wiederholte Mischa immer und immer wieder und schließlich gab Mary in seinen Armen auf. Kraftlos fielen ihre Arme herab, ihr Kopf sank gegen Mischas Brust.
Jeb warf einen raschen Blick zu den Toren. Das Pulsieren war noch dringender, noch auffordernder geworden. Unablässig raste das blaue Licht durch den Raum.
»Wir müssen gehen«, mahnte Jeb. »Die Zeit läuft ab, gleich verschwinden die Tore.«
Jenna starrte ihn an, dann zu Mary und Mischa. Jeb packte sie am Arm. »Los jetzt!«
Genau diesen Augenblick schien Mary abgewartet zu haben, denn plötzlich entwand sie sich Mischas Umarmung und jagte zurück.
»Nein!«, brüllte Jeb. »Mary, bleib hier!«
Jenna wollte ihr hinterherstürmen, aber Jeb hielt sie am Arm fest. »Wir müssen zu den Toren, Jenna. Uns bleibt keine Zeit mehr.«
»Aber Mary, wir können sie nicht …«
»Ich gehe Mary holen«, sagte Mischa plötzlich. »Ich konnte Leóns Tod nicht verhindern und eine gewisse Schuld trifft mich auch daran, denn ich habe ihn dorthin geführt. Es ist also mein Ding, Mary zu retten, das bin ich ihm schuldig. Ihr
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